Vergeblich wurde um ein Rettungspaket gerungen: Die MV Werften sind insolvent. Betroffen sind fast 2.000 Mitarbeiter. Die Regierung gibt den Eignern aus Hongkong die Schuld.
Schlechte Nachrichten für den deutschen Schiffbau: Die MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern und die Bremerhavener Lloyd-Werft haben Insolvenz angemeldet. Beide Unternehmen gehören zum Mischkonzern Genting aus Hongkong, der in Schwierigkeiten steckt. Der Handel mit Genting-Aktien ist in Hongkong seit Freitag ausgesetzt.
Bei den MV Werften geht es um rund 1.900 Beschäftigte, bei dem Bremerhavener Schiffbaubetrieb um etwa 300. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hätten am Freitag vergeblich versucht, einen Ausweg zu finden, sagte ein MV-Werften-Sprecher.
Bund: Eigentümer haben Angebot ausgeschlagen
Die Schuld für die Insolvenz sieht Habeck bei Genting: "Als Bundesregierung haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Insolvenz der MV Werften zu vermeiden und so die Arbeitsplätze zu retten. Allerdings haben die Eigentümer unser Hilfsangebot ausgeschlagen", sagte der Grünen-Politiker. Das sei eine bittere Nachricht.
Ähnlich äußerte sich die neue Koordinatorin der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, Claudia Müller: Der Bund sei bereit gewesen, sich deutlich stärker als bisher zu engagieren - mit einem Volumen von 600 Millionen Euro für den Fertigbau des Kreuzfahrtschiffs "Global Dream".
Hintergrund: Weil die MV Werften bereits mehrmals aus dem Corona-Rettungsfonds WSF Hilfen zugesagt bekommen hatten , wollte die Regierung vom Eigentümer jetzt einen Eigenkapitalbeitrag von zehn Prozent haben, also 60 Millionen Euro. Müller sagte, eigentlich wären mindestens 20 Prozent üblich gewesen. "An dieser Stelle gab es kein Zusammenkommen zwischen Genting und Bund."
Genting-Präsident Colin Au hatte zuletzt gesagt, man habe dem Bund vier Angebote zur weiteren Finanzierung vorgelegt. Diese seien aber alle abgelehnt worden.
Gewerkschaft entsetzt
Müller erklärte, sie sehe "eine Perspektive für den Werftenstandort, für die Industrie, die es dort gibt". Es gibt durchaus Interessenten, es gibt bereits Verhandlungen für einzelne Standorte." Als Beispiel nannte sie Stralsund.
Die Gewerkschaft IG Metall äußerte sich entsetzt. Der für den Bezirk Küste zuständige IG-Metall-Chef Daniel Friedrich sagte:
Kreuzfahrtriese noch nicht ganz fertig
Eine baldige Lösung sieht Friedrich kaum: "Das Vertrauen auf allen Seiten scheint endgültig aufgebraucht." Wichtigste Aufgabe in Mecklenburg-Vorpommern sei es zunächst, für die Beschäftigten möglichst schnell die ausstehenden Löhne und Gehälter zu organisieren. Auch in der Insolvenz müsse es möglich sein, das Kreuzfahrtschiff auf der Werft in Wismar fertigzustellen.
Jobabbau in deutschen Werften
Daran hatten die MV Werften zuletzt alles gesetzt: Nach Angaben des Sprechers ist das Schiff für 9.500 Passagiere zu drei Vierteln fertig. Erst im Dezember sei ein für die Finanzierung wichtiger Meilenstein erreicht worden. Wegen der in der Pandemie zunehmenden Bedenken über die weitere Entwicklung der Kreuzschifffahrt seien jedoch vereinbarte Zahlungen ausgeblieben.
Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds hatte im vergangenen Jahr grünes Licht für 300 Millionen Euro an Staatshilfen gegeben. Danach wollten die MV Werften ihre Restrukturierung angehen. Die Werften in Wismar, Rostock und Stralsund gehören seit 2016 dem Glücksspiel- und Kreuzfahrtkonzern Genting. Der Einbruch des Geschäfts mit Kreuzfahrten in der Corona-Krise hatte den Mutterkonzern in finanzielle Schwierigkeiten gebracht.