Rund eine Milliarde Euro-Paletten gibt es in Deutschland. In Kartons verpackte Waren werden auf ihnen ins In- oder Ausland transportiert. Nun könnte es zu einem Engpass kommen.
Jeden Tag kommt eine neue Hiobsbotschaft über irgendetwas, das gerade nicht lieferbar ist. Mit der Corona-Pandemie fing es an, in Kriegszeiten geht es weiter. Abgesehen von dem menschlichen Leid, was alle beschäftigt, reißen die Folgen von Pandemie und Krieg immer tiefere Löcher in die Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft.
Ware wird auf Paletten geliefert
Seien es nun Arzneimittel, Öl, Weizen, Mehl oder Toilettenpapier, viele Waren kommen auf Paletten im Großmarkt oder in Supermärkten an. So manches mal kurven Verbraucher und Verbraucherinnen mit ihren Einkaufswagen beim Einkauf um die holzfarbenen, viereckigen, sperrigen Spanplatten herum.
Inzwischen haben fast alle Supermarktbesucher bei diversen Produkten leere Regale vorgefunden und müssen Lieferschwierigkeiten beim Einkauf mit einkalkulieren. Nun droht erneut Ungemach. Denn als Folge der Russland-Sanktionen fürchten deutsche Palettenbauer nun den Produktionsstopp.
Bei BASF in Ludwigshafen befürchtet man riesige Probleme, sollten die Gaslieferungen aus Russland zurückgehen. Viele Grundstoffe für die Industrie kommen von hier.
Holz- und Nagelmangel hemmt Palettenproduktion
Schon in einigen Wochen könnten die ersten Firmen gezwungen sein, ihre Paletten-Produktion runterzufahren, teilte der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten und Exportverpackung (HPE) in Bad Honnef mit. Die Palettenbranche ist mittelständisch geprägt, in Deutschland gibt es rund 180 Hersteller mit durchschnittlich 35 Beschäftigten.
HPE-Vorstandsmitglied Joachim Hasdenteufel betont, dass die Branche angesichts stark gestiegener Kosten für Holz ohnehin unter Druck sei. Der Preis einer Euro-Palette hat sich seit 2019 von knapp zehn auf derzeit etwa 25 Euro erhöht. Mit den Nägeln kommt ein weiteres Problem hinzu. Nun geht es darum, überhaupt etwas produzieren zu können.
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Keine Nägel ohne russischen Drahtstahl
In Krisenzeiten zeigt sich vielleicht noch mehr als sonst, wie sehr die globalisierte Welt miteinander verwoben ist. So braucht man für die Produktion der Paletten nicht nur Holz, sondern auch russischen Stahl für die Nägel. 90 Prozent des sogenannten Drahtstahls, aus dem die für Paletten genutzten Nägel gemacht werden, kommen aus Russland.
Stahllieferungen sind aber wegen der aktuellen Russland-Sanktionen untersagt. Kurzfristig gibt es offenbar keinen Plan B. Es gäbe zwar alternative Nägel, heißt es vom Verband, doch würde es Monate dauern, bis sie den derzeiten Ausfall kompensieren könnten.
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Eine Euro-Palette braucht 78 Nägel
Paletten revolutionieren seit über 60 Jahren die Logistik in ganz Europa und darüber hinaus. Güter aller Art werden in Kartons befördert, die dann auf Paletten in Lastwagen, Güterzügen oder Flugzeugen transportiert werden.
Vergangenes Jahr stellte die deutsche Palettenbranche rund 120 Millionen solcher Holzkonstruktionen her. Wer eine Euro-Palette selbst nachbauen möchte, braucht übrigens elf Bretter, neun Klötze - und die gerade knappen 78 Nägel.
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