Warum die Energiekrise Ölkonzerne kalt lässt

    FAQ

    Großes Plus bei Shell, BP & Co:Warum die Energiekrise Ölkonzerne kalt lässt

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    Hohe Preise fürs Heizen und Tanken haben Verbrauchern 2022 das Leben madig gemacht. Die Ölindustrie dagegen verdiente im vergangenen Jahr besser denn je. Warum das so gewesen ist.

    Es ist einer der großen Aufreger der Energiekrise: Shell und BP in Großbritannien, Exxon Mobil und Chevron in den USA, Total in Frankreich - dank der infolge des Ukraine-Kriegs kräftig gestiegenen Öl- und Gaspreise fuhren die "Big Five" genannten Schwergewichte der Branche hohe Gewinne ein.

    Warum ist das Thema so umstritten?

    Dass in Zeiten hoher Inflation und steigender Leitzinsen, aber auch globaler Erwärmung und Klimakrisen ausgerechnet der Öl- und Rohstoffsektor im Geld schwimmt, sorgt bei vielen Menschen für Empörung. Kritiker fordern höhere Investitionen in Förderprojekte und erneuerbare Energien von den Konzernen.

    Wer sind die größten Profiteure?

    Allein der größte US-Ölkonzern Exxon strich 2022 einen Nettogewinn von knapp 56 Milliarden Dollar ein - rund 140 Prozent mehr als im Vorjahr und das höchste Ergebnis in der mehr als 140-jährigen Geschichte des Unternehmens.
    Shell erzielte 2022 zum Beispiel dank hoher Öl- und Gaspreise einen Rekordgewinn - der Überschuss betrug rund 40 Milliarden Dollar.
    Experten gehen davon aus, dass Exxon, Chevron, BP, Shell und Total im vergangenen Jahr zusammen einen Profit von rund 190 Milliarden Dollar machten.

    Weshalb verdienten die Ölmultis so viel?

    Entscheidend waren die gestiegenen Energiepreise. Der Preisschock durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine machte Rohöl im Frühjahr so teuer wie seit über zehn Jahren nicht. Das Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zeitweise fast 140 Dollar. Seitdem ging es wieder nach unten. Zuletzt lag das Barrel bei rund 80 Dollar.
    Die höheren Preise sind nicht der einzige Grund für die Mega-Profite, erklärte die deutsche Ökonomin Isabella Weber von der University of Massachusetts. Niedrige Produktionskosten seien auch ein wichtiger Faktor.

    Anders als die Gewinne haben die Ölpreise keine Rekorde erreicht.

    Isabella Weber, Ökonomin

    Was unternimmt die Politik?

    Im Oktober bezeichnete US-Präsident Joe Biden Unternehmen wie Exxon als "Kriegsgewinnler", die ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht nachkämen. Biden kündigte an, Optionen prüfen zu lassen, um die Ölindustrie in die Pflicht zu nehmen.
    Die EU hat im Dezember entschieden, den Preis für russisches Öl zu deckeln. Die G7 und Australien schlossen sich an.
    Die EU beschloss im September, die spektakulären Profite von Energiefirmen mit einer sogenannten Übergewinnsteuer zu belegen. Mit dem Geld sollen Entlastungen für Bürger und Firmen finanziert werden. 

    Hätten die Unternehmen die Preissteigerungen vermeiden können?

    Einzelne Konzerne produzieren meist zu wenig, um das globale Ölangebot stark zu beeinflussen. Preismacht hat vor allem die Öl-Allianz Opec+. Der Einfluss des von dem großen Förderstaat Saudi-Arabien angeführten Kartells, das 2016 um zehn Nicht-Opec-Länder - darunter Russland - erweitert wurde, ist mit einem weltweiten Marktanteil von etwa 40 Prozent erheblich.

    Was wird den Ölkonzernen konkret vorgeworfen?

    Dass die Unternehmen nicht mehr Geld in die Hand nehmen, um in Zeiten von Knappheit und hohen Preisen mehr Energie bereitzustellen, ist ein häufig zu hörender Vorwurf. 

    Was machen die Unternehmen mit dem Geld?

    Chevron kündigte jüngst an, im großen Stil Gewinne an seine Aktionäre zu verteilen. So sollen ab April Aktien im Wert bis zu 75 Milliarden Dollar zurückgekauft werden. Dazu will Chevron den Anteilseignern eine Quartalsdividende von 1,51 Dollar je Aktie zahlen - gut sechs Prozent mehr als in den vorherigen drei Monaten.
    Chevrons Gewinnausschüttungen sorgten angesichts des Volumens für Aufsehen, doch auch der Rest der Branche vernachlässigt seine Aktionäre nicht.

    Wie rechtfertigt die Branche ihre Gewinnausschüttungen?

    Die Öl- und Gasindustrie sei ein robuster Treiber der US-Wirtschaft - von dem Millionen Haushalte durch direkten Aktienbesitz, Anteile an Investmentfonds, Altersvorsorge- oder andere Finanzprodukte profitierten, heißt es vom Lobbyverband American Petroleum Institute.
    Laut Ökonomin Weber sind die tatsächlichen Gewinner der Ölbonanza aber vor allem wohlhabende Investoren, Finanzprofis der Wall Street und Vermögensverwaltungen. Verlierer seien hingegen arme Menschen sowie Firmen und Regierungen, die unter hohen Energiepreisen litten.
    Quelle: Hannes Breustedt, dpa

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