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Nach Streit um EU-Embargo : Wie russisches Öl das System Orban stützt

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Ungarn hat Ausnahmen erstritten beim EU-Öl-Embargo gegen Russland. Ministerpräsident Orban verkauft es daheim als Sieg. Er weiß: Seine Macht hängt vom billigen Öl ab.

Ungarns Premierminister Viktor Orban vor einer ungarischen Flagge bei einer Pressekonferenz
Ungarns Premierminister Viktor Orban
Quelle: Reuters

Hier endet die Freundschaft, an der Raffinerie Százhalombatta südlich von Budapest, hier endet die Druschba-Pipeline (zu deutsch "Freundschaft"-Pipeline) aus Russland, die die EU spaltet. Gestern hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban auf dem EU-Gipfel eine Schlacht gewonnen, so sieht er es selbst, denn er hat erreicht, dass die ungarische Erdöl-Firma MOL weiterhin russisches Öl aus der Druschba-Pipeline beziehen darf, während der Transport per Schiff ab Ende des Jahres untersagt ist. 

Die Ölpipeline „Druschba“ mündet in Schwedt an der Oder und versorgt zu 95 Prozent Berlin und Brandenburg mit russischem Öl. Wie wird das Ziel, unabhängig von russischem Öl zu werden, die Stadt treffen?

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Er erreichte außerdem, dass es keine Deadline für die Pipeline-Lieferung gibt und eine ungarische Sonderregelung: Sollte die Pipeline, die durch ukrainisches Kampfgebiet führt, beschädigt werden, dürfe er auch russisches Öl per Tanker beziehen.

Eine Schlacht für die ungarische Öffentlichkeit

Die Schlacht sei gewonnen für die ungarische Öffentlichkeit, meint Energie-Experte Attila Holoda, aber viel wert sei das eigentlich nicht. Er arbeitete selbst lange bei der ungarischen Erdöl-Firma MOL und war 2012 einige Monate lang Staatssekretär für Energie in der Orban-Regierung. Er weiß, wie wenig glaubwürdig Orbans Klage von der schwierigen Umstellung auf anderes Öl ist. 

"Russisches Öl per Schiff, Lastwagen und andere Pipelines zu bringen ist nicht unmöglich, aber aufwendig und teurer als die jetzige Route. Ich glaube, er hat die Ausnahme mit der Veto-Drohung erkämpft, um zu Hause sagen zu können, er habe sich in Brüssel durchgesetzt", meint Holoda.

Die Umstellung auf eine andere Öl-Sorte ist längst im Gang in anderen Raffinerien der ungarischen MOL, so wie man das von einem multinationalen Energieunternehmen für alle Fälle erwarten darf.
Energie-Experte Attila Holoda

Der Kompromiss in Brüssel ist relativ schnell zustande gekommen – vielleicht auch, weil die anderen Staats- und Regierungschefs wussten, dass diese Ausnahme mit hohen Kosten für Ungarn verbunden ist und weil sie wissen, dass die EU noch einen Trumpf in der Hinterhand hat: Einfuhrzölle für russisches Öl in die EU kann nämlich eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten beschließen – da kann Ungarn kein Veto einlegen. Und mit Einfuhrzöllen kann russisches Öl sehr teuer gemacht werden.

Orban kämpft um seine Macht

Doch Orbans Kampf um das billige russische Öl ist nicht nur einer um die Grundlage für seine Wirtschaft. Es geht auch um die Grundlage seiner Macht.

MOL ist Ungarns größtes Unternehmen, einer der wichtigsten Steuerzahler, zumal Orban Energieunternehmen jetzt mit einer Sondersteuer belegen will. Das billige russische Öl ist Geschäftsgrundlage für die Herstellung von Diesel und Benzin, das nun teuer ins Ausland verkauft wird – und billig zu Hause. Orban hat eine Benzinpreis-Bremse verordnet, die nur mit billigem russischem Öl zu halten ist.

"Orban braucht das billige russische Öl"

"Orban braucht das billige russische Öl um von MOL Steuern ernten zu können und damit Verluste im Staatsbudget zu kompensieren, die auch durch seine Preisbindungspolitik entstanden sind. Denn das soll zeigen, dass er – wie er es immer wieder sagt – die ungarischen Familien verteidigt", sagt Attila Holoda.

MOL macht also Profit dank russischem Öl und der ungarische Staat holt sich den in großen Teilen über Steuern. Was übrig bleibt, geht auch an Orban-treue Stiftungen. Denn im letzten Jahr sorgte Orbans Regierung dafür, dass die letzten 25 Prozent der MOL-Aktien unter staatlicher Kontrolle an Stiftungen gingen.

"Druschba" stützt Orban

Das klingt gut - auf den ersten Blick. Aber auf den zweiten bemerkt man: In allen Stiftungen sitzen Orban-Vertraute im Vorstand, sie bestimmen, wie das Geld ausgegeben wird. Die Geldflüsse sind für die Öffentlichkeit kaum transparent. Insbesondere der größte ungarische Anteilseigner, die "MOL New Europe Foundation" ist bisher nur mit Ankündigungen in Erscheinung getreten, sich um "Sport, Kultur und Gesundheitswesen" kümmern zu wollen – konkret umgesetzte Projekte gibt es nicht.

Das billige russische Öl aus der Druschba-Pipeline ist der Schmierstoff für Orbans Machterhalt: Kurzfristig stützt es seinen Haushalt dank MOL-Steuern. Langfristig stützt es seine Macht, dank MOL-Profiten für Orban-treue Stiftungen. Die Freundschaft aus Russland – die "Druschba"-Pipeline – stützt das Regime Viktor Orbans.

 

Ministerpräsident Viktor Orbán regiert Ungarn seit Jahren fast im Alleingang. Bei den Wahlen am 3. April 2022 könnte ihm erstmals seit langer Zeit ein Oppositionskandidat gefährlich nahe kommen.

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