Plastik hält ewig: Das ist praktisch, aber ein Umwelt-Problem. Eine Firma nahe Hamburg fertigt deshalb Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen. Sie zerfällt einfach zu Biomasse.
Die Firma Superseven aus Börnsen bei Hamburg entwickelt biologisch abbaubare Verpackungen. ZDFheute sprach mit Co-Geschäftsführer Sven Seevers und Partner Hannes Füting.
ZDFheute: Was ist das Besondere an Ihrer Verpackung?
Hannes Füting: Sie ist absolut plastikfrei und kompostierbar. Damit lösen wir zwei Probleme: Zum einen fördern wir kein Erdöl, um eine Verpackung herzustellen, die nur kurz benutzt und dann weggeworfen wird. Damit vermeiden wir aktiv den Ausstoß von zusätzlichem CO2 und arbeiten gegen den Klimawandel. Zum anderen sorgt unsere Verpackung in der Entsorgung nicht für Probleme, sondern versorgt im Idealfall den Boden mit Nährstoffen. Das heißt, die Biomasse geht im Kreislauf wieder zurück in den Boden und nicht in der Verbrennungsanlage im Rauch auf.
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ZDFheute: Wenn die Verpackung nicht aus Erdöl besteht, woraus besteht sie dann?
Sven Seevers: Unsere Folien bestehen aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen. Ein Hauptbestandteil ist Zellulose, dazu kommen Zucker, Glycerin, Öl und Stärke.
Wir haben das Rezept wiederentdeckt und in die Jetzt-Zeit transferiert. Die Herausforderung besteht darin, aus den alten Rezepten modernste Lösungen zu generieren, die den heutigen industriellen Anforderungen genügen.
ZDFheute: Wie begegnen Sie dem Vorwurf, die Herstellung von so genanntem Bio-Plastik stehe in Konkurrenz mit der Lebensmittelproduktion?
Seevers: Zunächst einmal: Wir verwenden den Begriff Bio-Plastik nicht, weil wir ihn für irreführend halten. Wir sprechen lieber von plastikfreier Verpackung; wir machen Folien aus natürlichen Materialien. Was die Inhaltstoffe angeht: Wir beziehen sie mit den bestmöglichen Zertifikaten. Unsere Zellulose kommt aus Abfällen der Holzverarbeitung.
Was die Stärke abgeht, da ist der Maisanbau sehr negativ belegt. Aber wir können sagen, dass es sich erstens um gentechnikfreien Anbau handelt und zweitens um Reste der Lebensmittelproduktion, so dass keine wirklichen Lebensmittel für die Stärkeproduktion verwendet werden. Natürlich brauchen Pflanzen Platz zum Wachsen.
Aber selbst wenn die weltweite Kunststoffproduktion auf natürliche nachwachsende Rohstoffe umgestellt würde, bräuchte man dafür gerade mal 4 bis 7 Prozent aller Landwirtschaftsflächen, zurzeit sind es 0,016 Prozent. Zum Vergleich: Mehr als 40 Prozent dieser Flächen nutzen wir jetzt für Tiere, die wir füttern und danach essen.
ZDFheute: Was mache ich denn mit Ihren Verpackungen, wenn ich keinen Komposthaufen im Garten habe?
Füting: Es gibt tatsächlich gute Kompostkisten für den Hausgebrauch. Die funktionieren super und riechen nach Wald, das habe ich selbst schon ausprobiert. Einige wenige Kommunen bieten die Entsorgung in der Bio-Tonne an, dort kann man davon ausgehen, dass wirklich kompostiert wird. Leider werden kompostierbare Kunststoffe bei den meisten deutschen Entsorgungsfirmen weiterhin aussortiert und verbrannt. Obwohl Beispiele wie die Schweiz und die Niederlande zeigen, dass es auch anders geht.
Auf EU-Ebene gibt es da schon hoffnungsvolle Ansätze. Immerhin: Selbst im schlimmsten Fall, wenn unsere Verpackungen in der Müllverbrennung landen, verbrennen sie immer noch CO2-neutral und schadstofffrei.
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ZDFheute: Könnte man das Plastikproblem nicht auch über mehr Recycling lösen?
Füting: Recycling ist eine Supermaßnahme, im Kontext mit Lebensmitteln aber oft gar nicht zugelassen. Vor allem aus hygienischen Gründen muss dort meistens mit neuem Material gearbeitet werden. Außerdem gibt es ein Problem mit Mehrschichtmaterialien.
Anders bei unserer Käseverpackung. Die besteht aus Zellulose, PLA und Stärke. Man kann sich das vorstellen, wie wenn ich einen getrockneten Apfel in eine Bananenschale stecke. Bei der Kompostierung macht das keine Probleme.
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ZDFheute: Sie investieren seit Jahren Unmengen von Zeit und Arbeit in diese Idee. Woher kommt die Motivation?
Füting: Für mich ist das sehr wichtig, weil wir uns in einer Situation befinden, wo wir unseren Lebensraum zerstören.
Wir sind Industriedesigner, und da war uns eigentlich klar, wir müssen an der Stelle, wo wir Einfluss haben in den Prozess, auch die Verantwortung übernehmen. Schon bei der Entscheidung, welchen Rohstoff wir verwenden, müssen wir dafür sorgen, einen sauberen Rohstoff zu benutzen.
Seevers: Mir persönlich ist es wichtig, Verantwortung zu übernehmen für das, was ich mache, und das nachhaltig. Alles, was ich in meinem Beruf, aber auch in meinem Privatleben mache, hat ja einen Effekt. Und das Ziel dabei ist, meiner Tochter und auch allen nachfolgenden Generationen etwas zu überlassen, was mindestens genauso gut ist, wie wir es vorgefunden haben.
Das Interview führte Jochen Klöck.
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