Wegen der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland drohen privaten Verbrauchern wohl höhere Preise. Wirtschaftsminister Habeck sieht hinter den Kürzungen politische Gründe.
Gedrosselte russische Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream könnten nach Einschätzung des Vergleichsportals Verivox zu noch höheren Kosten für die Bürger führen. Bereits die Ankündigung des russischen Staatskonzerns Gazprom sowie eine Explosion im zweitgrößten US-Exportterminal für Flüssiggas hätten die Großhandelspreise steigen lassen, erläuterte ein Verivox-Sprecher am Mittwoch.
Die Linke befürchtet sogar Preissprünge und fordert sofortige Gegenmaßnahmen der Bundesregierung.
Gazprom hatte am Dienstag angekündigt, die Gasmengen durch die Ostseeleitung um 40 Prozent zu verringern. Grund seien Verzögerungen bei Reparaturen der Firma Siemens an einem Gasverdichteraggregat. Das Bundeswirtschaftsministerium versucht zu klären, ob dies mit dem Ukraine-Krieg oder westlichen Sanktionen zusammenhängen könnte oder ob es sich um übliche Wartungsarbeiten handelt.
Weil eine notwendige Turbine nach der Wartung in Kanada wegen der Sanktionen nicht zurückgeliefert wird, hat der russische Energielieferant Gazprom seine Lieferungen deutlich zurückgefahren.
Habeck vermutet politische Gründe
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stuft die Drosselung als politisch motiviert ein. Bei ihm bestehe der Eindruck, "dass das, was gestern passiert ist, eine politische Entscheidung ist, keine technisch begründbare Entscheidung".
Habeck stellte den Schritt in eine Reihe mit den zurückliegenden Einstellungen der Gaslieferungen an Bulgarien, Polen und Dänemark sowie der Sanktionierung von Gazprom Germania. Der Grünen-Politiker sprach von einem scheibchen- oder schrittweisen Vorgehen. Er erläuterte, Wartungsarbeiten der Firma Siemens stünden erst im Herbst an.
Linke fordern staatliche Preiskontrollen
"Wir brauchen jetzt konsequente staatliche Preiskontrollen, so dass diese Verknappung nicht die Mitnahmementalität der Gasversorger beflügelt", forderte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch.
Nötig sei eine Genehmigungspflicht für Gaspreise. "Die Gasversorger sollten sich jede Tarifänderung in diesem Jahr von der Bundesnetzagentur genehmigen lassen müssen", verlangte Bartsch.
Explodierende Gaspreise, leere Speicher, Angst vor Rationierung und Abschaltung– Putins Krieg hat Deutschlands Abhängigkeit von russischem Erdgas gnadenlos offengelegt.
Bereits schon vorher viele Erhöhungen für Verbraucher
Nach Angaben von Verivox stiegen die Großhandelspreise für Gas nach der Ankündigung von Gazprom und der Explosion in den USA am Dienstag von rund 84 Euro auf 97 Euro pro Megawattstunde. Das sei zwar geringer als zu Beginn des Ukraine-Krieges aber weit höher als das langjährige Mittel von 10 bis 25 Euro je Megawattstunde.
Für Endverbraucher habe es in diesem Jahr schon fast 1.100 Preiserhöhungen durch örtliche Versorger gegeben, teilte das Vergleichsportal weiter mit. Im Durchschnitt betrügen die Erhöhungen 34 Prozent. Bei einem Einfamilienhaus mit 20.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch bedeute dies rechnerisch ein Plus von rund 560 Euro.
Haushalte in Ostdeutschland stärker betroffen
Regional trifft die Entwicklung laut Verivox die Haushalte in den ostdeutschen Ländern härter. "Weil Bedarf und Preis hier besonders hoch sind, liegt die Kostenlast rund 14 Prozent über dem Bundesschnitt", ergab eine Analyse des Vergleichsportals.
Am teuersten ist es für die Menschen in Sachsen: Die Kosten liegen laut Verivox um 35,6 Prozent über dem Bundesschnitt. In Berlin liegen sie hingegen um 27,9 Prozent unter dem Schnitt und damit am günstigsten.
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