Im Mai soll das Weltwirtschaftsforum wegen Corona in Singapur stattfinden. "Es gibt keinen besseren Ort, der Sicherheit auf diesem Niveau anbieten kann", so Raffles-Chef Westbeld.
Wie immer grüßt Türsteher Narajan Singh freundlich. Der bärtige Sikh in weißer Galauniform steht vor dem Raffles-Hotel in Singapur und weist dem Gast den Weg ins Innere der edlen, im Kolonialstil erbauten Herberge. Das Luxushotel ist legendär, dort wurde der Cocktail "Singapore Sling" erfunden. Und es hat berühmte Gäste in über 130 Jahren gesehen: Queen Elizabeth II., Elizabeth Taylor und Michael Jackson.
Im Mai wird es Tagungshotel für das von Davos verlegte Weltwirtschaftsforum sein. Der gebürtige Frankfurter Christian Westbeld ist Chef des Hotels, das dem Staatsfond Katar gehört und von der Accor-Gruppe gemanagt wird.
ZDFheute: Die Grenzen sind zu, Zimmer wurden storniert, Events gestrichen. Wie kommt das Raffles-Hotel durch die Corona-Krise?
Christian Westbeld: Wir mussten uns in kürzester Zeit umstellen und waren hauptsächlich auf den lokalen Markt angewiesen. Das heißt, zu 85 bis 90 Prozent haben wir unser Kerngeschäft verlassen und etwas völlig Neues gemacht.
ZDFheute: Was heißt das konkret?
Westbeld: Wir haben unsere Restaurants noch weiter in den Mittelpunkt gestellt, sie sind auf Wochen hinaus ausgebucht. Zudem haben wir innerhalb kürzester Zeit einen erfolgreichen Außer-Haus-Lieferdienst für unsere Menüs auf die Beine gestellt. Und unser Staycation-Programm für diejenigen Singapurer, die mal für ein paar Tage nicht zu Hause wohnen wollen, läuft hervorragend.
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ZDFheute: Dabei wurde das Raffles erst im August 2019 nach jahrelanger Renovierung wiedereröffnet.
Westbeld: Das stimmt. Corona kam für uns völlig ungelegen und zur falschen Zeit. Wir haben nach der Renovierung tolles Feedback von internationalen Gästen sowie Einwohnern bekommen, 2019 erfolgreich abgeschlossen und 2020 sah aus, als ob es ein Rekordjahr werden würde.
ZDFheute: Und dann kam Corona ...
Westbeld: Vor einem Jahr, am 23. Januar, wurde der erste Fall in Singapur bekannt. Und ich bekam eine Vorahnung von dem, was nun folgen könnte.
Hinzu kommt die fantastische und einzigartige Unterstützung der singapurischen Regierung. So etwas habe ich noch nicht erlebt.
Die zurzeit wenigen Neuinfektionen in Singapur führt die Regierung auf die strikte Überwachung ihrer Bürger zurück. Eine Corona-App registriert, wer wann wo war – und mit wem.
ZDFheute: Wie hoch ist momentan die Auslastung des Hotels?
Westbeld: An den Wochenenden liegt sie bei weit über 50 Prozent, unter der Woche darunter. Wichtiger ist allerdings, dass unsere Raten auf einem hohen Level bleiben und somit auch den Service widerspiegeln. Das Raffles-Hotel hat Wirtschaftskrisen und Kriege erlebt und wird nun auch diese Pandemie überstehen.
ZDFheute: Es hilft sicherlich, dass Singapur Corona unter Kontrolle hat.
Westbeld: Der Erfolg von Singapurs Umgang mit der Pandemie ist ja international wahrgenommen worden.
Die Vertrauensbasis wurde geschaffen. Ich bin überzeugt, dass Singapur langfristig international als Reiseziel davon profitieren wird. Und kurzfristig gab es ja schon einen Sechser im Lotto.
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ZDFheute: Sie meinen das Weltwirtschaftsforum, das im Mai von Davos nach Singapur umzieht?
Westbeld: Das ist der Hoffnungsschimmer für alle. Und die Vollendung von Singapurs Weg durch die Corona-Krise.
Das Weltwirtschaftsforum wird uns in Singapur für die nächsten drei bis fünf Jahre in eine Marktposition bringen, von der alle Hotels in Singapur profitieren werden.
ZDFheute: Ist für Sie die Arbeit im Raffles auch mal Bürde?
Westbeld: Für jeden Hotelier ist es ein Traum hier zu arbeiten. Ein Privileg, das nie ausgenutzt werden sollte. Ich bin unglaublich stolz. Aber das Hotel ist der Star - und das schon seit 133 Jahren. Wir sind in einer modernen Stadt eine Oase, in der die Zeit stehen geblieben ist.
Das Interview führte André Groenewoud aus dem ZDF-Studio Singapur.
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