Die Welt der russischen Oligarchen ist eine Parallelwelt, in der es um viel Geld und Macht geht. Was sich darüber am Fall Abramowitsch lernen lässt, wurde bei "Lanz" diskutiert.
Der Fußballautor Dietrich Schulze-Marmeling analysiert das Spinnennetz rund um Putin und seine Superreichen. Er erklärt, wie korrupte Oligarchen vom "System Putin" profitieren.
Er ist einer der bekanntesten russischen Oligarchen weltweit: Roman Abramowitsch, bisheriger Eigentümer des englischen Fußballclubs FC Chelsea. Sein Fall wirft Licht auf das, was sich sonst für die meisten Beobachter im Verborgenen abspielt zwischen Wladimir Putin und seinen Oligarchen.
Es geht um viel Geld und vor allem auch: Macht. So könne man sich selbst als Abramowitsch "eines Putins nie sicher sein", sagte Sportjournalist Dietrich Schulze-Marmeling bei "Markus Lanz" dazu.
Schulze-Marmeling: Fußballclub als Lebensversicherung
Dass dieser 2003 den Londoner Fußballverein gekauft hatte, sei für Abramowitsch deswegen auch eine ziemlich preiswerte "Lebensversicherung" gewesen, so Schulze-Marmeling.
Der Hintergrund: Unter dem russischen Präsidenten Boris Jelzin hatten die Oligarchen in den 90er-Jahren zunehmend an politischem Einfluss gewonnen.
Markus Lanz spricht mit seinen Gästen über den englischen Topverein FC Chelsea, der durch Sanktionsmaßnahmen gegen Clubbesitzer Abramowitsch in die Krise geraten ist sowie das Leben der russischen Oligarchen in London
Schulze-Marmeling: Putins Druck auf Oligarchen
Wie Schulze-Marmeling erklärte, habe Putin sie dann infolge seines Amtsantritts zusammengeholt, um ihnen klarzumachen, dass es für sie zwei Möglichkeiten gebe.
Entweder man mache die Rechnung auf für das "Raubrittertum" der Oligarchen aus der Jelzin-Zeit – verbunden mit Beschlagnahmung und Schließung ihrer Unternehmen. Oder aber sie könnten Putins Regime unterstützen und in seiner "politischen Spur" laufen.
Abramowitsch: Sein Aufstieg begann 2003
Abramowitsch habe dann 2003 den FC Chelsea gekauft, als "Oligarch, den zu diesem Zeitpunkt überhaupt keiner" kannte.
Roman Abramowitsch, so analysierte Schulze-Marmeling, habe sich damit plötzlich weltweit sichtbar gemacht – und zu einem von Putins wichtigsten Oligarchen.
Nach den Sanktionen gegen Eigentümer Abramowitsch darf der Fußballklub weiterspielen, um sein Personal bezahlen zu können. Tickets oder Fanartikel dürfen aber nicht verkauft werden
Oppositionelle Oligarchen abgestraft
Der Journalist betonte, dass Abramowitsch gesehen habe, was mit den Oligarchen passiert sei, die sich gegen Putin stellten.
Beispielsweise war der oppositionelle Ex-Oligarch Michail Chodorkowski von Oktober 2003 bis Dezember 2013 wegen "Steuerhinterziehung und planmäßigen Betrugs" inhaftiert worden, nachdem er Wladimir Putin öffentlich kritisiert hatte.
ZDF-Korrespondentin: Putin als Strippenzieher?
Daher hielt es auch Diana Zimmermann, Leiterin des ZDF-Studios London und ebenfalls Teil der Runde bei "Lanz", nicht für ausgeschlossen, dass der FC Chelsea Abramowitschs "Versicherungspolice" gewesen sei.
Zudem brachte Zimmermann auch noch eine "andere Variante" ins Spiel. Es gebe Leute, die sagen würden, Abramowitsch habe den FC Chelsea im Auftrag von Putin gekauft. Zimmermann sagte:
Zimmermann weiter: "Sodass Russland nicht nur mit dreckigem Geld und einer autokratischen Herrschaft assoziiert wird."
Zimmermann: Putin wollte modern auftretende Russen
Putin sei es darum gegangen, dass da Leute sitzen, die etwas Gutes für das Land tun, die modern auftreten und ein positives Bild von Russen fördern würden, so Zimmermann. "Dazu hat Abramowitsch auf jeden Fall gedient – und das haben andere auch getan."
Abramowitsch hatte seinen Fußballclub FC Chelsea zum Verkauf gestellt, nachdem Großbritannien Sanktionen gegen ihn verhängt hatte. Auch die EU hat mittlerweile Sanktionen gegen den Multimilliardär ausgesprochen. Aktuell ist Abramowitsch auf der Flucht – Aufenthaltsort: unbekannt.
Sportlich trat der FC Chelsea um Trainer Thomas Tuchel am Mittwochabend trotz des Falls Abramowitsch in der Champions League an und erreichte das Viertelfinale. Die Mannschaft setzte sich gegen den OSC Lille durch.