Deutschlands Kommunen und ihre Stadtwerke haben sich auf dem billigen Erdgas ausgeruht und damit gute Gewinne gemacht. Es fehlt an kommunaler Planung, sagt Wärmeberater Sandrock.
Steigende Preisen und hilflose Politiker? Die Frontal-Redaktion hakt nach.
ZDFheute: Warum hängt Deutschland beim Heizen immer noch so sehr am Gas?
Matthias Sandrock: Es gibt keine zukunftsgerichteten Wärmestrategien in den Kommunen, sondern es ist letztlich dem Gebäudeeigentümer auferlegt, wie er sich versorgt. Und die Gaswirtschaft hat natürlich großes Interesse daran, ihr Produkt abzusetzen.
ZDFheute: Warum ist Stadtwerken so wichtig, dass auch weiterhin das Gasnetz benutzt wird? Warum wird das Fernwärmenetz, das ja auch in kommunaler Hand ist, häufig nicht massiv ausgebaut?
Sandrock: Die Stadtwerke haben über Jahrzehnte ihr Geschäftsmodell etabliert. Das besteht darin, dass man vor allen Dingen über den Strom Geld verdient hat. Und die Fernwärme war eher ein Beiprodukt über die Kraft-Wärme-Kopplung.
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Das Gasverteilnetz ist eigentlich immer ein sicheres Geschäftsmodell gewesen für die Stadtwerke. Die haben eine garantierte Rendite über die Bundesnetzagentur, und damit hat man gutes Geld verdient.
Fernwärme, muss man immer sagen, ist kostenintensiv. Diese Trassen zu verlegen kostet viel Geld, und die refinanzieren sich erst über viele Jahre, sogar Jahrzehnte. Und das ist nicht mehr so im Blick. Man hat eher den kurzfristigen Blick hinsichtlich der Gewinne, die man machen möchte.
ZDFheute: Die Bundesregierung will 50 Prozent erneuerbare Wärme bis 2030. Wenn wir uns jetzt den Ausbau erneuerbarer Wärme im vergangenen Jahrzehnt ansehen, was bedeutet das dann?
Sandrock: Das bedeutet einen Strukturbruch, muss man sagen: dass kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Wie wir im Moment die Wärme erzeugen, so kann es nicht bleiben.
Es wird in Richtung Wärmepumpen gehen im dezentralen Bereich, aber auch im Fernwärmebereich wird es mehr in Richtung Wärmepumpen, überhaupt Strom basierte Energieträger, kommen. Und wir müssen uns verabschieden von den fossilen Energieträgern.
Eine längere Nutzung der deutschen Kraftwerke wird diskutiert, um Energiesicherheit trotz größerer Unabhängigkeit von Russland zu gewähren.
ZDFheute: Also auch vom Gas?
Sandrock: … auch vom Gas. Ich glaube, dass dieser Strukturwandel, der im Energiesektor und gerade auch im Wärmesektor stattfindet, noch nicht ganz in den Führungsetagen angekommen ist, sondern man hofft immer noch, dass das alte Geschäftsmodell in die zukünftigen Dekaden gerettet werden kann. Aber das wird so nicht sein. Also man wird umstellen müssen, und wir müssen darüber sprechen, die Gasverteilnetze zurückzubauen.
ZDFheute: Warum geht der Umbau so schleppend voran?
Sandrock: Man hat das, glaube ich, ein bisschen verdrängt. Und auch die Politik hat sich sehr, sehr viel mehr auf den Stromsektor konzentriert, diesen zu dekarbonisieren. Und der Wärmesektor, das ist der Elefant im Raum, den man aber letztlich nicht wirklich über all die Jahre angegangen ist.
Mithilfe von Off-shore Windkraft und Windparks soll die Energiesicherheit in Deutschland gewährleistet werden.
ZDFheute: Wenn Sie das Erfolgsmodell Dänemark jetzt bei Fernwärme auf den Punkt bringen müssen - was ist der Grund für den dänischen Erfolg?
Sandrock: Man hat ganz klar gesagt, man will über Legislaturperioden hinweg, also nicht nur ganz kurzfristig, die Fernwärme ausbauen. Man will weg von Öl und Gas und hin zu einer Fernwärme-Infrastruktur und die auch quasi finanzieren über eine Abgabe auf den Strom, eine CO2-Steuer.
Und das hat funktioniert. Deswegen kann Kopenhagen jetzt 2025 klimaneutral werden - was keine Stadt in Deutschland schaffen kann.
ZDFheute: Ab 2024: Was müssen die Leute wissen, die eine alte Gasheizung haben?
Sandrock: Es ist noch nicht Gesetz, aber es wird so kommen: Es muss ein hoher Anteil erneuerbarer Energien dabei sein, wenn man eine neue Heizung installiert. Und letztlich läuft es auf Wärmepumpen hinaus. Das wird sozusagen die Regeltechnik werden in Zukunft.
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ZDFheute: Was fehlt, damit wir ganz schnell eine Wärmewende vollziehen können?
Sandrock: Wir brauchen letztlich ein neues Planungsinstrument auf der Ebene der Kommunen, das heißt Wärmeplanung. Jede Kommune muss sich Gedanken machen, wie die zukünftige Wärmeversorgung funktioniert in einer Stadt; kostengünstig.
Tamm bei Ludwigsburg bereitet sich auf die Wärmewende vor. Sie wollen weg von Öl und Gas. Dafür werden zwei große Wärmepumpen gebaut, eine Solarthermie- und zusätzlich eine Biogasanlage, die das Dorf künftig versorgen soll.
ZDFheute: Die Stadtwerke berufen sich gern darauf, dass es irgendwann grünes Gas geben wird für das Erdgasnetz. Und damit könne jeder umweltfreundlich zu Hause heizen. Was ist davon zu halten?
Sandrock: Ich glaube, wenn man auf das grüne Gas wartet, dann läuft man in eine Kostenfalle rein.
Also das ist keine gute Lösung.
Das Interview führte Hans Koberstein, ZDF-Redaktion Frontal.
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