Immer mehr Eigenheimbesitzer wollen günstigen Sonnenstrom vom eigenen Dach, um sich vor den steigenden Strompreisen zu schützen. Doch was ist mit Mietern?
Solarenergie kann eine Menge Geld sparen. Der Strom für Küchengeräte oder ein E-Auto kommt gratis vom Himmel. Mieter haben aber meist keine Möglichkeit, davon zu profitieren.
Die Strompreise gehen durch die Decke. "Ein krasser Anstieg", sagt Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, "über 40 Cent pro Kilowattstunde für Neukunden und mehr". Es gebe im Moment keine Aussicht auf Besserung. "Es wird heftig für viele Haushalte." Für viele, aber nicht für alle.
Wer Solarstrom hat, spart viel
Das Ehepaar Koch aus Schleswig-Holstein macht sich keine Sorgen wegen der hohen Strompreise. Sie haben ein Eigenheim - und auf dem Dach seit kurzem eine Solarstromanlage. Marie-Luise Koch betankt das eigene Elektroauto, wenn die Sonne scheint, "für nichts, quasi", sagt sie. Und ihr Mann, Roland Koch, macht die Spülmaschine nicht abends an, sondern zur Mittagszeit, "um den eigenen Strom mitzunehmen". Marie-Luise Koch rechnet vor: "620 Euro haben wir so schon dieses Jahr an Stromkosten gespart". Dank der eigenen Solaranlage auf dem Dach.
Etwa 1,5 Millionen Eigenheimbesitzer wollen sich in Deutschland schon bald eine Solarstromanlage aufs Dach schrauben, das ergab eine Umfrage des Bundesverbandes Solarwirtschaft. "Das hilft", sagt Verbraucherschützer Udo Sieverding. "Wer ein Dach hat und das Geld, der hat Glück", sagt er und kritisiert:
Förderung von Mieterstrom "hat nie richtig funktioniert"
Dabei fördert die Bundesregierung seit Jahren den sogenannten "Mieterstrom" - damit sollen Mieter von PV-Anlagen auf dem Dach profitieren, und nicht nur die Eigentümer. "Das hat nie richtig funktioniert", kritisiert Sieverding. Tatsächlich gibt es in ganz Deutschland heute schon mehr als eine Million Eigenheime mit PV-Anlagen, aber nur ein paar Hundert Mietshäuser mit Mieterstrom vom Sonnendach.
Wer das verstehen will, spricht am besten mit Thomas Matuschek in Weißenfels, Sachsen-Anhalt. Matuschek ist Vermieter mit einem großen Mietshaus. Auf dem Dach will er eine Solarstromanlage installieren, für seine Mieter. "Dann kann ich den Mieterstrom dauerhaft preisgünstig an die Mieter abgeben, und noch einen leichten Gewinn aus dem Strom ziehen, um die Anlage zu bezahlen", erklärt Matuschek seinen Plan.
Doch dann kam die böse Überraschung: Alle Zählerschränke müssen ausgetauscht werden, ebenso diverse Stromkabel, wenn er seinen Mietern Sonnenstrom abgeben will. Das fordert der örtliche Netzbetreiber und erklärt auf Nachfrage des ZDF, das sei notwendig aufgrund der "geltenden Anwendungsregeln". Vermieter Matuschek ist frustriert:
"Osterpaket" der Regierung hat Problem nicht behoben
Dem Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) ist das Problem bekannt. Auf ZDF-Nachfrage erklärt das Ministerium, dass Mieterstromprojekte in der Vergangenheit "nicht den erhofften Zulauf" erfahren hätten. "Dies lag vor allem an regulatorischen und administrativen Hürden", räumt das Ministerium ein. Ob und wie das geändert werden kann, werde die Bundesregierung erst einmal prüfen.
"Wir hatten die Hoffnung, dass die Bundesregierung das ändert", sagt Verbraucherschützer Sieverding. Doch mit ihrem "Osterpaket" hat die Bundesregierung den Mieterstrom nicht vereinfacht, dafür aber die Förderung erhöht, wenn Vermieter allen Sonnenstrom an den Mietern vorbei ins Netz einspeisen. "Viele Vermieter werden jetzt einfach das Dach vollmachen mit Solaranlagen und den Strom einspeisen", prognostiziert Sieverding, "das ist aus Mietersicht eine Enttäuschung".