Wie Streaming-Anbieter ihre Markt-Position verteidigen

    Streaming von Netflix und Co:Am digitalen Lagerfeuer wird's eng

    Klaus Weber - HR Wirtschaft - Börse/Finanzen
    von Klaus Weber
    |

    Streaming ist längst Alltag: 75 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren schaut Filme und Serien bei Netflix, Amazon Prime Video, Disney+ und Co. Doch der Konkurrenzkampf wird härter.

    Streaming-Apps auf dem Bildschirm eines Fernsehers
    Die Konkurrenz wird größer auf dem Streaming-Markt.
    Quelle: dpa

    Früher waren es Quotenbringer wie "Wetten, dass..?", über die am nächsten Tag alle sprachen. Heute sind es Erfolgsserien wie "Bridgerton", "Squid Game" oder "The Walking Dead".

    Mobile Gesellschaft braucht mobile Angebote

    Das TV-Lagerfeuer, an dem sich alle versammelten um mitreden zu können, wurde durch Netflix und Co. digital. Sie profitierten auch von veränderter Technik und Sehverhalten, denn Streaming ist überall.
    Laptop oder Smartphone machen es möglich. Im Zug, Flugzeug oder am Schreibtisch - völlig egal. Geschaut wird an dem Ort, an dem man sich gerade befindet.
    Zudem brachten uns Streaming-Dienste so schöne schwache Verben wie "netflixen" oder "bingewatchen". Denn Serien werden in der Regel nicht nur Folge für Folge konsumiert, sondern oft am Stück und teilweise wie im Rausch weggeglotzt. "Gebinged" eben.
    Fernbedienung wird Richtung Fernseher gehalten. Unscharf ist auf dem TV eine Streamingdienstauswahl zu erkennen.
    Streaming-Portale analysieren das Nutzerverhalten und bieten dann Inhalte an, die den Vorlieben entsprechen. Kann dadurch eine gefährliche "Filterblase" entstehen? 14.04.2021 | 6:22 min

    Corona ließ Kassen bei Streaming-Diensten klingen

    Verstärkt wurde der Streaming-Trend durch Corona. Es gab sonst wenig zu tun und Krisenzeiten schreien geradezu nach Unterhaltung und Ablenkung. Abo-Zahlen stiegen, Zugriffe wuchsen exorbitant - die Welt war für die Streaming-Dienste ein Schlaraffenland.
    Doch die Zeiten werden härter. Bei galoppierender Inflation überlegen sich viele Abonennten, ob sie sich überhaupt noch einen der vielen Anbieter leisten können. Laut einer Umfrage der Beratungsfirma Simon Kucher & Partners will jeder vierte Deutsche mindestens ein Abo aufgeben. 40 Prozent der Befragten finden die Preise zu hoch. Zudem hat man nun wieder die Auswahl zwischen Serien-, Kino- oder Kneipenabend.

    Immer mehr Wettbewerb beim Streaming

    Außerdem schießen immer mehr Streaming-Dienste wie Pilze aus dem Boden. Besonders der Überflieger Netflix bekommt das zu spüren. Plötzlich wollen viele etwas vom großen Kuchen abhaben. Alteingesessene Medienkonzerne sprangen auf den mit Vollgas rollenden Streaming-Zug auf. Apple, Disney oder RTL etwa.
    Zunehmende Konkurrenz bei gleichzeitigen Sparzwängen der Kundschaft sind keine guten Voraussetzungen für einen weiteren Boom. Deshalb ist der Goldrausch zunächst einmal einer neuen Nüchternheit gewichen.

    Eigenproduktionen werden auf Zielgruppen angepasst

    Auch Jan Büchel, Experte für den Streaming-Markt am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, sieht das so:

    Der Wettbewerb unter den Plattformen nimmt zu.

    Jan Büchel, Experte für den Streaming-Markt am IW

    Deshalb seien erfolgreiche Eigenproduktionen noch wichtiger als früher. Dabei, so Büchel, würden die Zielgruppen passgenau anvisiert: "Es werden künftig, basierend auf dem Nutzerverhalten, immer mehr Eigenproduktionen nach landesspezifischen Mustern angeboten." Heißt: Die Streaming-Dienste werden künftig noch genauer schauen, welche Themen in den unterschiedlichen Ländern gut laufen und dementsprechend produzieren.
    Eine junge Frau mit Kopfhörern streamt Musik über ihr Smartphone.
    Zu jeder Zeit und an jedem Ort können wir unsere Lieblingssongs hören: dank Spotify. Der Streaminganbieter hat Hörgewohnheiten, die Musikindustrie und die Lieder an sich verändert.16.09.2022 | 44:18 min

    Differenzierte Märkte für Amazon, Netflix und Disney+

    Zudem werden laut Büchel "einzelne Anbieter den Fokus noch mehr auf verschiedene Kundengruppen legen". Dabei sind Amazon und Netflix sozusagen "Vollsortimenter" für die ganze Familie und Disney+ beispielsweise eher der Anbieter für Kinder und junge Erwachsene. So erhoffen sich die Streaming-Dienste weiterhin erfolgreich zu sein. "Differenzierte Märkte, die sich teilweise überlappen", nennt das Fachmann Büchel.
    Man könnte auch sagen, der noch junge Streaming-Markt, ist - wie so viele andere Märkte vor ihm - dabei erwachsen zu werden. Ob alle Anbieter überleben werden, ob es Zusammenschlüsse geben wird? Alles noch unklar.

    Streaming-Markt wird weiter wachsen

    Für Jan Büchel steht trotzdem fest: "Rein demographisch gesehen, werden auf jeden Fall immer mehr Konsumenten hinzu kommen."

    Auch wenn es jetzt eine kleinere Delle im Markt gab - stetig und langfristig wird er weiter wachsen.

    Jan Büchel, Experte für den Streamingmarkt

    Denn Streamen bleibt ein Megatrend. Künftige Generationen werden durchweg mit ihm aufwachsen. Deshalb wird das digitale Lagerfeuer auch mit Sicherheit nicht erlöschen - manche Anbieter könnten sich allerdings an ihm verbrennen.
    Klaus Weber ist Wirtschaftsredakteur im ZDF.

    Mehr vom Streaming-Markt