Die "Ever Given" blockiert den Suezkanal noch immer. Von Unterbrechungen im Welthandel bis hin zu Lieferengpässen und milliardenschweren Einbußen - was der Stau bedeutet.
Am Wochenende hofften Spezialisten auf die Hilfe der Flut, um das Schiff zu bergen. Erfolglos.
Sand wird abgebaggert und Gewicht des Schiffs reduziert - trotzdem klemmt "Ever Given" weiter fest. Mit einem schnellen Erfolg rechnen Helfer nicht. Die Folgen für den Welthandel dürften weitreichend sein. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Wie hoch sind die Kosten, die durch den Stau entstehen?
Die Blockade des Suezkanals bedeutet für den Welthandel nach Schätzung der Allianz Einbußen von sechs bis zehn Milliarden Dollar - und zwar pro Woche. 2019 seien durch den Kanal 1,25 Millionen Tonnen Fracht befördert worden. Das sind rund 13 Prozent des gesamten Welthandelsvolumens, so die Volkswirte der Allianz in einer am Freitag veröffentlichten Analyse.
Gibt es eine Alternativroute?
Rund 320 Schiffe warten der Kanalbehörde zufolge an beiden Eingängen auf Durchfahrt. Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd hat inzwischen begonnen, erste Schiffe auf den Umweg um das Kap der Guten Hoffnung zu schicken. Die Fahrten verlängerten sich dadurch jedoch um rund eine Woche, wie ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Von Hapag-Lloyd befinden sich fünf Schiffe im Kanal.
Die Umleitung des Schiffsverkehrs über Südafrika und das Kap der Guten Hoffnung sei wegen der volatilen Ölpreise und der rund eine Woche längeren Transportzeit extrem teuer, erklärt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch.
Das eigentliche Hauptproblem sei aber, dass niemand wisse, ob sich der Umweg um Kap Horn lohne, so der Verband Deutscher Reeder (VDR).
Zugleich gelten die Gewässer vor der Küste Westafrikas, insbesondere im Golf von Guinea, als besonders gefährlich wegen möglicher Überfälle von Piraten.
Welche Auswirkungen hat die Blockade auf die Wirtschaft?
Der BDI warnt vor steigenden Kosten für Unternehmen, die auf Seetransporte angewiesen sind. Lieferketten gerieten unter anderem wegen der unpünktlichen Schiffe ins Stocken, so Lösch.
Die deutsche Industrie fürchtet außerdem schon bald mögliche Versorgungsengpässe. "Die bereits stockenden maritimen Lieferketten zwischen Asien und Europa drohen vollständig zum Erliegen zu kommen", erklärt Lösch. Die Lage im internationalen Container-Seeverkehr sei ohnehin angespannt, die Blockade verschärfe sie nun noch einmal.
Welche Waren kommen nicht an?
Die Suezkanal-Blockade werde zu Lieferverspätungen von Alltagsprodukten für Verbraucher weltweit führen, warnt die Allianz. Deutschlands Maschinenbauer spüren Engpässe bereits auch ohne Stau - vor allem bei Lieferungen von elektronischen Bauteilen aus Asien. Die Blockade könne die Situation nun weiter verschärfen, warnte der Branchenverband VDMA.
Doch auch die Autoindustrie und andere Branchen sind betroffen: "In der Chemieindustrie und bei ihren industriellen Kunden sind momentan die Lieferketten aus Asien unterbrochen", sagte Henrik Meincke, Chefvolkswirt des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt. Dadurch komme es zu Engpässen bei wichtigen Vorprodukten.
Welche Bedeutung hat der Suezkanal für den Welthandel?
Der 193 Kilometer lange Kanal ist die kürzeste Verbindung zwischen Europa und Asien und der entscheidende Korridor für Rohöl und Importwaren nach Europa. Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge fahren 98 Prozent der Containerschiffe durch den Suezkanal, wenn sie zwischen Deutschland und China unterwegs sind. Die Volksrepublik ist seit Jahren Deutschlands wichtigster Handelspartner mit einem gegenseitigen Volumen von mehr als 212 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.
Etwa acht bis neun Prozent der gesamten deutschen Warenimporte und -exporte gehen durch den Suezkanal. Der Kanal ist besonders wichtig für den Transport von Öl und Flüssiggas aus dem Mittleren Osten nach Europa.
Im Jahr 2020 durchfuhren nach Angaben der Suezkanal-Behörde fast 19.000 Schiffe den Kanal, im Schnitt gut 50 am Tag.
Von einem "kritischen Engpass" sprach die US-Energiebehörde in der Vergangenheit auch für den Handel mit Öl, Gas und Erdölprodukten. Das machte sich am Mittwoch auch bei den Ölpreisen bemerkbar - sie legten kräftig zu.
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Der im Suezkanal verkeilte Frachter kommt nicht wieder frei. Was wird getan um das doch zu schaffen, wie lange wird das dauern und was kostet das die Welt? Ein Überblick.