Noch immer blockiert das Containerschiff "Ever Given" den Suezkanal. Am Samstag sollen mindestens zwei neue Anläufe zur Bergung unternommen werden - auch mithilfe der starken Flut.
Die erhoffte Freilegung des Containerschiffs "Ever Given", das den Suezkanal blockiert, schreitet ein wenig voran. Spezialisten seien damit vorangekommen, das Heck freizubekommen, teilte der Kanaldienstleister Leth Agencies am Samstag mit.
Das Seefahrt- und Logistikunternehmen GAC sprach am Samstag von mehr als zehn Schleppern und drei Baggern, die im Einsatz seien, um eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt wieder für den Handel freizugeben. Es gebe "leichte Bewegung". Der Frachter liege aber weiter auf Grund.
Einen Zeitrahmen für die Freilegung nannte Admiral Usama Rabi, Vorsitzender der Kanalbehörde, am Samstag nicht. Sowohl ein technisches Problem als auch menschliches Versagen seien nicht auszuschließen.
Flut soll bei der Bergung der "Ever Given" helfen
Spezialisten setzen bei der Bergung nun unter anderem auf die Hilfe der Gezeiten. Man setze derzeit auf eine Kombination aus schweren Schleppern, Saugbaggern und der Springflut, sagte der Chef der niederländischen Bergungsfirma Boskalis, Peter Berdowski.
Die Flut werde am Samstag wegen des bevorstehenden Vollmonds bis zu 50 Zentimeter höher sein als normal.
Berdowski sagte, die "Ever Given" habe sich mit dem Bug im lehmigen Sand des Ufers verkeilt. Das Heck stecke dagegen nicht völlig fest. "Das ist positiv, weil Sie das hintere Ende benutzen können, um es freizuziehen", erklärte er in der niederländischen Fernsehsendung Nieuwsuur.
- Wie kann die "Ever Given" wieder frei kommen?
Der im Suezkanal verkeilte Frachter kommt nicht wieder frei. Was wird getan um das doch zu schaffen, wie lange wird das dauern und was kostet das die Welt? Ein Überblick.
Notfalls müssen Container abgeladen werden
Reedereichef Yukito Higaki sagte am Freitagabend, es seien mindestens zehn Schlepper im Einsatz. Am Ufer und am Grund des Kanals werde zudem nahe dem Schiffsbug Sand abgegraben. Man hoffe, dass die "Ever Given" freikomme, wenn das Wasser nach der Flut wieder sinke. Falls das nicht reiche, müssten Hunderte Container abgeladen werden, fügt er hinzu. Ein Kran dafür sei bereits unterwegs.
Das für die Technik auf der "Ever Given" verantwortliche Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement erklärte, nach Fehlversuchen am Freitag wolle man jetzt Ballastwasser aus dem Schiff pumpen, damit es leichter wird. Der Chef der Kanalbehörde, Osama Rabei, sprach von einer komplizierten technischen Operation, für die mehrere Anläufe nötig seien.
USA und Türkei wollen bei Bergungsarbeiten helfen
Die US-Regierung hat angekündigt, sich an der Rettung des Containerschiffes zu beteiligen. "Wir haben Ausrüstung und Kapazitäten, die die meisten Länder nicht haben. Wir werden schauen, wie wir hier behilflich sein können", sagte US-Präsident Joe Biden vor Reportern am Freitag.
Die "Suez Canal Authority" (SCA), die Eigentümer und Betreiber des Kanals ist, begrüßte das Hilfsangebot der USA und erklärte, die Türkei wolle ebenfalls Hilfe schicken. "Die Schleppoperationen erfordern die Verfügbarkeit einer Reihe von unterstützenden Faktoren, einschließlich Windrichtung und Gezeiten, was sie zu einem komplexen technischen Prozess macht", so die Behörde.
Bergungsarbeiten könnten sich über Wochen ziehen
Die Schifffahrt auf dem Kanal war eingestellt worden, nachdem das etwa 400 Meter lange Containerschiff am Dienstag auf Grund gelaufen war. Dadurch hat sich ein langer Stau gebildet. Rund 320 Schiffe warten der Behörde zufolge an beiden Eingängen zum Kanal auf Durchfahrt, die dänische Reederei Maersk spricht von einem "Verkehrschaos".
Die anhaltende Blockade des Suez-Kanals könnte die Wirtschaft belasten, auch deutsche Unternehmen befürchten Lieferengpässe aufgrund des Staus. Im Schnitt passieren täglich mehr als 50 Schiffe den Kanal. Nach einer Analyse von Schiffsdaten durch den Datendienstleister Refinitiv waren mehr als 100 weitere auf dem Weg dorthin. Einige Länder haben bereits begonnen, erste Schiffe auf den Umweg um Südafrika zu schicken.
Seit Mittwoch laufen die Bemühungen vor Ort auf Hochtouren, das Schiff wieder freizubekommen. Befürchtet wird, dass sich die Bergungsarbeiten über Wochen hinziehen könnten.