Der Tankrabatt beschert Ölkonzernen zusätzliche Gewinne, bei Verbrauchern kommt nur ein Bruchteil an. Laut Experten behalten die Unternehmen rund zwei Drittel der Preissenkung ein.
Weil Mineralölkonzerne die Steuersenkung nicht an die Kunden weitergeben und zusätzlichen Gewinn erzielen, plant Wirtschaftsminister Robert Habeck eine Verschärfung des Kartellrechts.
Schon vor seiner Einführung war die Kritik am Tankrabatt groß - Umweltaktivisten sprachen von einem schlechten Zeichen in Sachen Klimaschutz. Doch auch seinen eigentlichen Zweck, Verbraucher angesichts hoher Inflation an der Tankstelle zu entlasten, erfüllt er unzureichend.
Wie schlecht das Vorhaben umgesetzt wurde, belegen nun erste Untersuchungen von Wirtschaftsforschern. Sie sehen deutliche Hinweise auf Mitnahmeeffekte der Ölkonzerne.
Zwei Drittel des Tankrabatts gehen an die Industrie
35 Cent beträgt der Tankrabatt je Liter Benzin. Zum Stichtag 10. Juni seien davon beim Verbraucher im Durchschnitt nur rund 10 Cent angekommen, die Margen der Ölbranche seien entsprechend um etwa 25 Cent brutto gestiegen. Über alle Treibstoffarten hinweg verblieben rund zwei Drittel des Rabatts bei der Industrie, so Schwanitz zu ZDFheute. Zuerst hatte die "Welt am Sonntag" über diese Untersuchung berichtet.
Seit Jahren erfasst Schwanitz Kraftstoffpreise und bereitet diese Marktbeobachtung statistisch auf. Dafür stellt er Rohölpreise und durchschnittliche Tankstellenpreise gegenüber. Nach der Einführung des Tankrabatts zum ersten Juni seien die Benzinpreise weniger stark gefallen, als anzunehmen war. Ein "fairer" Super E5-Benzinpreis inklusive Tankrabatt hätte laut Schwanitz zuletzt bei weniger als 1,80 Euro je Liter liegen sollen.
Ölkonzerne gaben Rabatte schon öfter nicht an Verbraucher weiter
Wie viel die Ölkonzerne in diesen Tagen am Tankrabatt verdienen, kann nur geschätzt werden. Professorin Monika Schnitzer von der LMU München sagt dazu ZDFheute:
Schnitzer berät als eine der sogenannten Wirtschaftsweisen die Bundesregierung. Schon 2020 hatte sie untersucht, wie sich die Mehrwertsteuersenkung im Zuge der Corona-Pandemie bei Kraftstoffen ausgewirkt hatte. "Damals wurden im Schnitt 60 Prozent weitergegeben und 40 Prozent von den Unternehmen einbehalten. Diese Studien über Mitnahmeeffekte waren der Politik bekannt."
Man dürfe sich auch nicht nur die kurze Zeit des Tankrabatts anschauen, betont Schnitzer. "Schon direkt nach Beginn des Ukraine-Kriegs sind mit dem Anstieg der Ölpreise die Preise in Deutschland verglichen mit Frankreich stärker angestiegen und haben, als der Ölpreis wieder sank, später und weniger stark wieder abgenommen."
Für die Öl- und Kraftstoffindustrie in Deutschland sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs wohl schon länger ein gutes Geschäft.
Wie rechtfertigen die Hersteller die Preise?
Branchenverbände haben in den vergangenen Tagen mehrere Argumente angeführt, weshalb der Tankrabatt nicht voll an der Zapfsäule durchschlägt und Preise nun erneut ansteigen. Sie verweisen auf gestiegene Raffineriekosten oder darauf, dass an den Tankstellen noch das teurere Benzin von vor dem Rabatt gelagert sei.
Expertin Schnitzer überzeugt das nicht: "Die Argumente sind aber oft fadenscheinig. In den letzten Tagen ist weder der Bedarf in den USA überraschend gestiegen, noch sind Raffineriekapazitäten plötzlich gesunken."
"Wer jetzt die meisten Gewinne macht, kann man nicht genau sagen. Die Tankstellen sind es jedenfalls nicht, dort sind die Margen sehr gering", sagt Schnitzer. "Letztlich macht es aber auch keinen großen Unterschied, denn ob Produzenten oder Raffinerien – das sind letztlich oft die gleichen Unternehmen."
Wie sich die Preise nun entwickeln, könne man nicht vorhersagen. Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) treibt indes kartellrechtliche Reformen voran, um ähnliche Gewinne künftig abschöpfen zu können.
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