Private Fahrdienste wie Uber und die Taxis gleichermaßen glücklich zu machen, das geht in Deutschland nicht. Am Ende hat Verkehrsminister Scheuer vor allem einer Seite nachgegeben.
Der Bundestag hat die lange umstrittene Erneuerung des Personenbeförderungsgesetzes zur Förderung neuer Mobilitätsdienste beschlossen.
Andreas Scheuer wird heute im Bundestag sicher wieder von "einem ausgewogenen Kompromiss" sprechen, einem "fairen Ausgleich" zwischen neuer digitaler Mobilität und dem Taxigewerbe. Das 70 Jahre alte Personenbeförderungsgesetz braucht dringend ein Update und heute soll das Parlament es beschließen. Anderthalb Jahre und eine Findungskommission hat es gebraucht, diesen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Und was war das für eine Lobbyschlacht!
Taxibranche: "Freifahrtschein für Uber & Co"
Die Taxifahrer demonstrierten bis zuletzt laut hupend, in Wiesbaden, Düsseldorf und vor allem in Berlin, wo die Konkurrenz durch neue private Anbieter am größten ist. Der Markt ist hier mittlerweile etwa hälftig aufgeteilt. "Stoppt Uber! Stoppt Scheuer!"-Rufe. Die Taxibranche, zusätzlich geschwächt durch die Corona-Krise, fürchtet ein Massensterben. Der Taxikorso endet nicht von ungefähr vor der CDU-Zentrale in der Hauptstadt - die Fahrer beschimpfen die Union als Treiber der Gesetzesnovelle.
Dabei bringt die Änderung für das Taxigewerbe viele Erleichterungen: So fällt die Ortskundeprüfung als Zulassungsvoraussetzung weg, die Fahrer dürfen sich künftig nur auf ein Navi-Gerät verlassen. Taxis können erstmals auch Flatrates, zum Beispiel zum Flughafen, anbieten. Ihre Privilegien behalten sie weiter: Nur ein Taxi darf einen winkenden Fahrgast vom Straßenrand mitnehmen, nur ein Taxi darf vorm Bahnhof auf Kundschaft warten.
- Uber-Fahrer: Angestellt, nicht selbstständig
Uber-Fahrer sind Angestellte statt selbstständig - so das oberste Gericht in Großbritannien. Das Urteil betrifft zehntausende Fahrer und wirkt sich auf das Uber-Modell massiv aus.
Doch mit der Legalisierung der sogenannten Mietwagen, also Anbietern wie Uber und FreeNow, befürchtet Anke Niggemann von der Berliner Taxi-Innung einfach noch mehr Verkehr: "Eine Flut von Autos, die alle auf der Suche nach Fahrgästen unterwegs sind und die Stadt noch weiter füllen. Und am Ende kann niemand mehr davon leben."
Mietwagenbranche: "Verpasste Chance"
Auch unglücklich: Die neuen Anbieter. Per App jederzeit herbei zu rufen, unkompliziert zu bezahlen per Smartphone. Firmen wie Uber hatten gehofft, dass für sie mit der Gesetzesnovelle die sogenannte Rückkehrpflicht fällt. Doch das haben SPD und Grüne verhindert, die Mietwagen müssen auch weiterhin nach jeder Fahrt leer zurück zum Betriebssitz fahren (was in der Praxis lasch bis gar nicht kontrolliert wird).
Kleines Zugeständnis: Die Mietwagenfirma kann künftig mehrere Betriebssitze anmelden, diese müssen nur 15 Kilometer voneinander entfernt sein. Doch selbst das wird gleich wieder eingeschränkt: In Städten mit über 100.000 Einwohnern und mehr als 25 Prozent Marktanteil von Plattformanbietern darf die Kommune streng regulieren.
- Scheuer bedauert - kurz
Letzter Tag U-Ausschuss Pkw-Maut. Wieder wird Minister Scheuer befragt. Gesucht wird: ein Verantwortlicher für das Maut-Debakel und die möglichen Millionen für die Fast-Betreiber.
Sie darf die Zahl der Betriebssitze beschränken, die Anzahl der Autos und Sozialstandards bestimmen, Mindestfahrpreise festlegen. Das klingt vor allem nach einer "Lex Berlin" und bremst die neuen Anbieter weiter aus. Der Deutschlandchef von Uber kritisiert: "Hier wird am Status quo festgehalten, statt innovative Dienste zu ermöglichen."
Rechtssicherheit für Poolingdienste
Der lachende Dritte sind die neuen Poolingdienste, auch Rufbusse genannt. Es gibt sie unter dem Dach des ÖPNV ("Berlkönig" in Berlin) oder rein privat wie zum Beispiel "Moia" in Hamburg. Solche Shuttle fuhren bisher nur mit Ausnahmegenehmigung, mit dem neuen Gesetz bekommen sie Rechtssicherheit.
Für alle Anbieter gilt künftig: Sie müssen an einen nationalen Zugangspunkt Echtzeitdaten liefern über Strecken und Auslastung. Ein riesiger Datenschatz, den das Bundesverkehrsministerium endlich heben will.
Nutzerfreundlich?
Verbraucherschützer aber kritisieren: Die Politik vergisst bei aller Regulierung die, die einfach nur ein Auto brauchen, um von A nach B zu kommen. Das Gesetz sei "der Versuch, allen Branchen gerecht zu werden und niemandem weh zu tun", so Marion Jungbluth vom Bundesverband Verbraucherzentrale.