"Super aggressiv"? Streit über US-Milliarden-Subventionen

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    Subventionspaket:"Super aggressiv"? Streit über US-Milliarden

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    Üppige 370 Milliarden Dollar für Klimaschutz und erneuerbare Energien - klingt gut, kommt in Europa aber eher "super aggressiv" rüber: das US-Subventionspaket. Darum geht's.

    Windkraftanlagen bei Coachella Valley Palm Springs Kalifornien
    Geld für grüne Energie - wenn die Anlagen aus den USA kommen: Streit über US-Subventionspaket
    Quelle: imago

    Es ist die größte Investition im Kampf gegen die Erderwärmung in der US-Geschichte: ein 370 Milliarden-Dollar-Paket für Klimaschutz und Energiesicherheit. Der Popularität halber firmiert das Ganze unter dem Namen "Inflation Reduction Act" -  Inflationsreduzierungsgesetz. In Europa aber löst es erheblichen Unmut aus. Das Paket sei "super aggressiv" gegenüber europäischen Unternehmen, mahnt Frankreichs Präsident Macron bei seinem US-Besuch. Worum es geht: 

    Was genau ist das Inflationsreduzierungsgesetz?

    Das Paket soll die Industrie ankurbeln. In erster Linie geht es um massive Investitionen in den Klimaschutz, aber auch den Gesundheitssektor. Es hat ein Gesamtvolumen von rund 430 Milliarden Dollar (rund 414 Milliarden Euro), davon sind 370 Milliarden Dollar für Klimaschutz und Energiesicherheit vorgesehen.
    Gegenfinanziert wird das Paket unter anderem durch höhere Steuern für große Unternehmen und eine Stärkung der Steuerbehörden. Erwartete Mehreinnahmen sollen das Haushaltsdefizit und damit auch die Inflation senken - daher der Name des Gesetzes, der angesichts der hohen Verbraucherpreise auch politisch opportun ist.

    Welche Subventionen enthält das Gesetz?

    Das Paket bevorzugt die heimische Industrie gegenüber ausländischen Wettbewerbern. Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren.
    Vorgesehen sind unter anderem Steuersenkungen für Unternehmen, die in saubere Energie investieren. Es gibt Subventionen für Elektroautos, Batterien und Projekte zu erneuerbaren Energien, die in den USA hergestellt wurden. So wird der Kauf eines Elektroautos "Made in USA" mit einer ebenfalls in den USA hergestellten Batterie mit 7.500 Dollar gefördert. Subventionen fließen auch an Hersteller von Windrädern oder Solaranlagen, die US-Stahl verwenden. Der Elektroautobauer Tesla hat angesichts solcher Maßnahmen bereits angekündigt, seine Pläne für den Bau einer Batteriefabrik im brandenburgischen Grünheide zu überdenken.

    Wie reagieren die Europäer?

    Sie werfen Washington Handelsprotektionismus und eine Benachteiligung europäischer Unternehmen vor und befürchten, dass Firmen aus der EU in die USA abwandern könnten. Binnenmarktkommissar Thierry Breton drohte, vor die Welthandelsorganisation WTO zu ziehen. "Diese Entscheidungen werden den Westen spalten", warnte Macron bei seinem Besuch in Washington. Frankreich wirbt bereits für einen "Buy European Act" als Gegenentwurf.
    Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellt mögliche "robuste Gegenmaßnahmen" der EU in Aussicht. Im Konfliktfall könne man europäische Produktionsanteile vorschreiben und bei öffentlichen Ausschreibungen einen stärkeren Fokus auf die Produktion in Europa legen. Politiker wie Bundesfinanzminister Christian Lindner warnen allerdings vor einem "Handelskrieg".

    Welche Änderungen sind möglich?

    Die EU und die USA haben bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um den Streit zu schlichten. "Wir versuchen zu einer gütlichen Einigung zu kommen", sagt Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Frankreich hofft auf Ausnahmeregelungen für gewisse EU-Industriezweige, wie die USA sie bereits Mexiko und Kanada einräumen. Das Weiße Haus beteuert derweil, EU-Wettbewerber würden nicht vom US-Markt ausgeschlossen - und die laufenden Gespräche würden "sehr konstruktiv" verlaufen.
    Allerdings dürfte Präsident Joe Biden wenig gewillt sein, größere Änderungen vorzunehmen. Die Förderung der US-Industrie ist im Land populär. Und die Subventionen helfen unter anderem mit der Autoindustrie verbundenen Bundesstaaten wie Ohio und Michigan. Und die spielen bei US-Wahlen eine wichtige Rolle. Selbst wenn Biden den Europäern entgegenkommen will, ist sein Spielraum begrenzt. Die Subventionen sind gesetzlich festgeschrieben - und von Januar an wird der Präsident keine Kongressmehrheit mehr haben.

    Förderung für E-Autos
    :Droht ein neuer Handelskonflikt mit den USA?

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    Interview
    Quelle: AFP, dpa, Reuters

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