Wegen Trump: Boykott-Kampagne gegen US-Produkte wächst
Kampagne gegen Trump im Netz:Nur noch EU-Produkte: Bewegung nimmt Fahrt auf
von Nils Metzger
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Boykott wegen Donald Trump: Nach dem Vorbild Kanadas starten Verbraucher mit "BuyFromEU" in Europa eine Kampagne, um auf Produkte aus den USA zu verzichten. Kann das funktionieren?
Die 27 Staats- und Regierungschefs haben sich darauf geeinigt, die Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen und dafür die Defizitregeln zu lockern.07.03.2025 | 2:08 min
Innerhalb weniger Wochen hat Donald Trump die Beziehungen der USA zu wichtigen Verbündeten schwer beschädigt. Der Bruch mit der Ukraine, das Zweifeln an der Nato, die brachiale Innenpolitik und massive Zölle gegen wichtige Handelspartner lassen in Europa die Frage aufkommen: Wie können Unternehmen und Verbraucher darauf reagieren?
Ein Ansatz: der Verzicht auf Produkte und Marken aus den USA - und das gezielte Fördern von lokalen, europäischen Alternativen. Dafür setzt sich eine neue Protestbewegung ein, die sich über die Netzplattform Reddit organisiert: "BuyFromEU". 135.000 Mitglieder hat ihr Forum (auf Reddit "Sub" genannt) bereits, jeden Tag kommen Tausende neu hinzu.
Die Zölle, die der US-Präsident gegen Kanada und Mexiko verhängt hat, versetzen auch die europäische Wirtschaft in Aufruhr. Als Handelspartner sind die USA für viele nicht mehr zuverlässig genug.07.03.2025 | 2:28 min
Wie man US-Produkte ersetzen will
Ob Socken, Ketchup oder Kopfhörer - zu allen möglichen Produkten gibt es Diskussionsgruppen. Nicht immer sind die Ratschläge völlig ernst gemeint; Asterix wird für Comic-Fans eher kein gleichwertiger Ersatz zum Marvel-Superhelden-Universum sein. Da werden Logos von US-Marken mit Trump-Gesichtern verziert und auch sonst gibt es Reddit-typisch viele Memes und Internethumor.
Doch im Kern ist das Anliegen ernst und wird auch ernsthaft verfolgt. Auch dass sie sich ironischerweise mit Reddit auf einer amerikanischen Plattform vernetzen, treibt einige um.
Dies ist der Ort, um Firmen zu teilen, zu entdecken und zu bewerben, die zu einem stärkeren europäischen Markt beitragen.
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Gruppenbeschreibung von "BuyFromEU"
Eine angeschlossene Webseite bietet eine durchsuchbare Datenbank, bei der man einen Produktnamen oder eine Marke eingeben kann, um lokale Alternativen zu erhalten. Insbesondere bei den digitalen Anbietern ist die Hoffnung, europäischen Anbietern, die bislang neben Google oder Amazon in kleinen Nischen existierten, zum Durchbruch zu verhelfen.
Nach eigenen Angaben stehen rund 30 Freiwillige hinter dem Projekt. Europa beziehe sich für sie nicht nur auf die Europäische Union, sondern auf alle 46 Staaten des Europarats. Das erst vor wenigen Wochen gestartete Projekt finanziert sich aus privaten Spenden.
Der undurchsichtige Wirtschaftskurs von Donald Trump belastet nicht nur die US-Nachbarn Mexiko und Kanada. Auch in Europa versucht man, sich vor den Zöllen zu schützen.07.03.2025 | 1:30 min
Europäer entdecken sich neu
Die Trump-Politik hat vor Augen geführt, wie sehr Europa insbesondere in der Sicherheitspolitik von den USA abhängig ist. Das sensibilisiert dafür, wo auch sonst noch US-Produkte im Alltag dominieren.
Lange war der Ruf nach einem "europäischen Facebook" eher ein Ausdruck von Hilflosigkeit angesichts der Marktmacht des US-Tech-Sektors. Nun realisieren mehr Verbraucher, dass man sich mit den US-Plattformen auch in gewissem Maße der Macht und Weltsicht der Tech-Milliardäre aussetzt. Trump und weitere US-Politiker haben bereits mehrfach deutlich gemacht, dass sie deren Widerstand etwa gegen das EU-Gesetz über digitale Dienste politisch flankieren werden.
Wenig scheint die Nutzer im Netz so sehr zu einem europäischen Einheitsgefühl anzuspornen wie Kritik aus den USA. Und die vielen Posts haben auch weiteren Effekt: Man erkundet gemeinsam die Vielfalt der europäischen Konsumlandschaft. Statt Coca-Cola werden da heimische Marken vorgestellt oder man erinnert sich an vergangene Getränkehersteller, die den globalen Wettbewerb nicht überlebt haben.
Kanada, Vancouver: Ein Schild steht vor der Abteilung für amerikanischen Whiskey in einem Spirituosengeschäft, nachdem die meistverkauften amerikanischen Produkte aus den Regalen entfernt wurden.
Quelle: dpa
Vorbild Kanada: Wenn der US-Whiskey aussortiert wird
Inspiration für ihre Kampagne hat sich "BuyFromEU" in Kanada geholt. Dort ist die Entrüstung über Trumps Politik und den Angriff auf die eigene Souveränität noch deutlicher zu spüren. Aber auch die wirtschaftliche Verflechtung ist deutlich stärker. Für nicht wenige Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze geht es bei der Zoll-Frage um die wirtschaftliche Existenz.
Seit Wochen nehmen kanadische Supermärkte derweil immer mehr US-Produkte aus dem Sortiment. Stark betroffen sind etwa Hersteller alkoholischer Getränke, für die Kanada ein sehr wichtiger Absatzmarkt ist. Lawson Whiting, Geschäftsführer von Brown-Forman, dem Konzern hinter der bekannten Whiskey-Marke Jack Daniel's, beklagte laut der kanadischen Tageszeitung "The Globe and Mail" gegenüber Investoren, dass der Verkaufsstopp eine "unangemessene Reaktion" sei und schon jetzt deutlich mehr Schaden angerichtet habe als die von Trump verhängten Zölle.
Die Reaktion kam prompt. Nach dem heutigen Inkrafttreten der US-Zölle gegen Kanada ordnete der kanadische Premier Trudeau Gegenzölle von 25 Prozent auf amerikanische Importe an.04.03.2025 | 2:30 min
Kann der Boykottaufruf wirklich etwas bewirken?
In der EU sind bislang kaum Einzelhändler auf Boykottaufrufe eingegangen. Der dänische Supermarktbetreiber Salling etwa kündigte Ende Februar an, in Europa hergestellte Produkte in den Regalen besonders zu kennzeichnen. CEO Anders Hagh schrieb auf der Plattform Linkedin, ohne die USA oder Trump explizit zu erwähnen:
Wir machen es Verbrauchern einfacher, europäische Produkte einzukaufen.
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Anders Hagh, CEO der Salling Gruppe
Die Zurückhaltung großer Einzelhandelsketten dürfte auch daran liegen, dass die USA insbesondere bei einfachen Alltagsprodukten eine sehr geringe Rolle für die EU spielen. Lebensmittel machen einen verschwindend geringen Anteil der EU-Importe aus den USA aus, umgekehrt schon eher - im Jahr 2023 lag der Exportüberschuss der EU in die USA bei Lebensmitteln bei 16 Milliarden Euro. Öl und Treibstoffe waren mit über 40 Milliarden Euro das Top-Importgut, danach kamen Pharmazieprodukte, Gas, Motoren und Flugzeugteile.
Bundesbank-Präsident Nagel warnt vor einem Zollstreit zwischen den USA und der EU. Bei Zöllen kenne man keine Gewinner, "man kennt eigentlich nur Verlierer", betont Nagel.03.03.2025 | 8:50 min
Mit Ausnahme von Autos, IT-Produkten und sonstiger Computertechnik können einfache Verbraucher das Importvolumen aus den USA also oft nur indirekt beeinflussen. Anhand der in Europa einbrechenden Verkaufszahlen von Tesla zeigen sich schon jetzt begrenzte Veränderungen. Ein großer Umschwung in der öffentlichen Meinung kann aber auch in großen Unternehmen und Behörden zu einem langfristigen Umdenken bei der Beschaffung und Auftragsvergabe führen.
Tesla schwächelt in Europa. Der Konzern verkauft weniger Autos, auch weil Firmenchef Musk mit rechtsextremen Populisten sympathisiert. Doch das ist es nicht allein.
von Frank Bethmann
Wie geht es weiter mit der Bewegung?
Aktivistengruppen, die sich gegen große US-Ketten oder Amazon einsetzen, gibt es schon lange. Ein Vorteil von "BuyFromEU" bislang: Neben der Ablehnung von US-Produkten hat sie kaum klare politische Standpunkte, stellt sich etwa nicht grundsätzlich gegen Konsum oder Großkonzerne - sofern diese eben aus Europa kommen. Ein neues Volkswagen-Modell wird ähnlich gefeiert wie ein Bekleidungs-Start-up aus der Ukraine oder ein besonders nachhaltiger Handy-Hersteller aus den Niederlanden. Mit dem Anwachsen der Community könnten solche Grundsatzdiskussionen zunehmen.
Ein weiteres Problem für die Wirksamkeit der Bewegung ist die Komplexität von Lieferketten. Auch "BuyFromEU" kann nicht ausschließen, dass in vielen Produkten rein europäischer Marken weiterhin US-Bestandteile stecken oder Teile der Wertschöpfung in den USA stattfinden.
Sollte Trump demnächst seine Drohungen wahr machen und die USA und die EU sich wechselseitig mit weiteren hohen Zöllen belegen, dürfte die Gruppe in jedem Fall nochmal schneller anwachsen, als sie es jetzt schon tut. Denn neben der moralischen Empörung über das Agieren der USA steigt dann auch der finanzielle Anreiz, auf lokale Alternativen umzusteigen.
US-Präsident Trump setzt auf Zölle. Seine Ankündigung: 25 Prozent auch auf europäische Waren. In Deutschland wäre der Automobilsektor stark betroffen - mit Folgen für Bremen.