Einige Kommunen in Deutschland sitzen auf dem Trockenen. Das liegt auch daran, dass es in den vergangenen Jahren wenig geregnet hat. Wie Kommunen auf die Wasserknappheit reagieren.
In der mittelhessischen Stadt Ulrichstein fahren seit Donnerstag wieder Tankwagen. Sie bringen Wasser, das aus dem Brunnen einer Nachbargemeinde gepumpt wird, in den Wasser-Hochbehälter der Stadt. Ulrichstein hat als höchstgelegene Stadt Hessens schon seit Längerem mit Wasserknappheit im Sommer zu kämpfen.
Die Stadt ist kein Einzelfall: Einige Gemeinden melden, dass das Wasser knapp wird. Im niedersächsischen Lauenau kam am Wochenende aus dem Wasserhahn kein Trinkwasser mehr. Am Samstagmittag war der Wasserspeicher der Gemeinde leergelaufen. Tankfahrzeuge der Feuerwehr versorgten die Menschen mit sogenanntem Brauchwasser - etwa für Toiletten, Trinkwasser musste im Supermarkt gekauft werden.
Rasensprenger, Pools, dazu wegen Corona mehr Urlaub zu Hause – dadurch steigt der Wasserverbrauch in Deutschland enorm. Mancherorts ist die Wasserversorgung akut gefährdet, einige Gemeinden fordern die Bürger zum Wassersparen auf.
Grundwasser wichtigste Quelle für Versorgung
Rund 61 Prozent des Trinkwassers in Deutschland werden über Brunnen aus Grundwasser gewonnen, das damit die wichtigste Ressource für die öffentliche Wasserversorgung darstellt. Der Rest stammt vor allem aus Oberflächenquellen wie Seen oder Flüssen. Die letzten Sommer waren jedoch extrem heiß und trocken. Die Grundwasserstände sanken dadurch in manchen Regionen ab und konnten sich in der kalten und regenreicheren Jahreshälfte nicht wieder voll regenerieren.
Hinzu kommt die Sondersituation der Corona-Pandemie: Viele Menschen verbringen die Sommerferien zu Hause und fahren nicht in den Urlaub. Dadurch sei der private Wasserverbrauch stark angestiegen, erklärt etwa der Bürgermeister der Gemeinde Lauenau.
Was Kommunen dagegen tun
Die Stadt Ulrichstein hat nun eine Lösung für ihr Wasser-Problem gefunden. Noch diese Woche soll ein 200 Meter tiefer Brunnen in Betrieb gehen, wenn auch der finale Anschluss an den Hochbehälter noch erfolgen muss. Der Brunnen war bereits 2018 gebohrt, aber noch von 50 auf 200 Meter vertieft worden.
Ulrichsteins parteiloser Bürgermeister Edwin Schneider musste 2018 erstmals Wasser aus benachbarten Gemeinden holen lassen, weil die flacheren Brunnen, aus denen die Stadt normalerweise ihr Wasser bezieht, nahezu leer waren. Das ist eine Variante, um kurzfristig an Wasser zu kommen. Schneider zu den Gründen: "Wir hatten seit 2018 heiße Sommer mit wenig Regen. Auch fließt Wasser aus unserer Region ins Rhein-Main-Gebiet und nach Frankfurt ab." Er ist aber zuversichtlich:
Pool-Verbote künftig denkbar
Das Verhalten der Stadt Ulrichstein ist typisch, wenn Kommunen auf Wassersuche gehen, weiß Ulrich Roth, Professor für Wasserwirtschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences: "Wenn Kommunen das Wasser ausgeht, suchen sie zunächst in ihrer näheren Umgebung nach Wasservorkommen, die man beispielsweise mit Brunnen anzapfen kann", sagt Roth. "Wenn es keine gibt, sucht man in den umliegenden Gemeinden, ob man Leitungen zu anderen Brunnen oder etwa Talsperren legen kann. Und sonst sieht man, ob es in der weiteren Umgebung Möglichkeiten gibt, Wasser zu beziehen."
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Laut Roth waren die vergangenen Sommer heiß und trocken, doch muss das nicht generell heißen, dass die Grundwasserspiegel in Deutschland sinken. "Wir sehen eher ein temporäres Phänomen. Wir haben im Moment trockene Jahre. Das kann sich aber auch wieder ändern. Wie sich der Klimawandel auf den Grundwasserhaushalt auswirkt, ist noch nicht sicher - und wird regional unterschiedlich sein."
Das bestätigt auch Jörg Reichling, Grundwasser-Experte von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. "Es gibt diverse Prognosen, wie sich der Klimawandel auf den Grundwasserhaushalt auswirkt. Vermutlich wird es in Deutschland aber wärmer werden und weniger regnen." Reichling glaubt, dass es dann mehr Verbote geben könnte:
In Ulrichstein und anderen Kommunen könnte das Grundwasser also von selbst wieder steigen - doch Bürgermeister Schneider und der Stadtrat wollten sich darauf nicht verlassen. Zwar sind die Kosten für den neuen Brunnen mit rund 800.000 Euro für die Stadt mit knapp 1.000 Einwohnern hoch. Doch die Wasserfahrten, die 2018 ein halbes Jahr lang nötig waren, schlugen mit über 60.000 Euro zu Buche, so Schneider. "Wir setzen lieber auf die langfristige Lösung."