Im Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal hat sich Wirtschaftsminister Altmaier gegen Vorwürfe verteidigt. Er sehe keine Versäumnisse bei der Aufsicht Apas.
Der U-Ausschuss zum Wirecard-Skandal hat diese Woche zahlreiche Spitzenpolitiker als Zeugen geladen. An diesem Dienstag wurde Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier befragt - sein Ministerium ist für die Wirtschaftsprüferaufsicht Apas zuständig. Die Apas beaufsichtigt Abschlussprüfer - und soll im Fall Wirecard lange nicht genau hingeschaut haben.
Die Prüfer von EY hatten Wirecards Bilanzen jahrelang ohne Einwände gebilligt und sind deshalb mit heftigen Vorwürfen konfrontiert. Der sogenannte Wambach-Bericht einer Kanzlei, der am Dienstag im Untersuchungsausschuss vorgestellt wurde, sei unmissverständlich, sagte SPD-Obmann Jens Zimmermann: "EY hat bei Wirecard über viele Jahre nicht ordnungsgemäß geprüft."
Altmaier: Keine offenkundigen Versäumnisse bei Apas
Altmaier sagt im Ausschuss, er könne im Umgang mit dem Thema Wirecard durch die Apas keine offenkundigen Versäumnisse erkennen. Er selbst habe sich erst am 18. Juni 2020 mit Wirecard näher befasst - es war der Tag, an dem Wirecard die Veröffentlichung der Jahresbilanz wegen eines fehlenden Testats erneut verschob.
Wenig später muss der Zahlungsdienstleister und ehemalige Börsenliebling Insolvenz anmelden. Bei dem Unternehmen klaffte ein Bilanzloch von 1,9 Milliarden Euro. Die Münchener Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es seit 2015 Scheingewinne auswies.
Die Wirtschaftsprüfer von EY hatten jahrelang ihre Stempel unter diese Abschlüsse gesetzt. Und die Apas? Habe zu spät genau hingesehen, so der Vorwurf etwa der Opposition. Sie griff erst im Mai 2020 ein, als ein Sondergutachten erhebliche Zweifel an Wirecards Redlichkeit aufrief.
Wirtschaftsminister: Nur Rechtsaufsicht über Apas
Da Altmaier für die Apas zuständig sei, trage auch er eine politische Verantwortung, sagte die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus. Altmaier dagegen betonte, die Apas sei unabhängig, das Wirtschaftsministerium habe nur die Rechtsaufsicht.
Er kündigte an, für die Apas Compliance-Vorschriften anzupassen: Ihr Chef wurde entlassen, nachdem er im Untersuchungsausschuss zugab, privat mit Aktien des Skandalunternehmens gehandelt zu haben, während die Aufsicht die Wirecard-Prüfer unter die Lupe nahm.
Auch Digitalstaatsministerin Bär soll aussagen
Der Untersuchungsausschuss verhört seit etwa einem halben Jahr Zeugen, um aufzudecken, ob der Betrugsskandal auf politischer Ebene hätte verhindert werden können. Neben Altmaier soll am Dienstag auch Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) aussagen. Sie soll 2018 versucht haben, ein Treffen von Ex-Wirecard-Chef Marcus Braun mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einzufädeln. Zu dem Treffen kam es allerdings nicht.
Im Laufe der Woche werden weiter hochkarätige Zeugen erwartet: Am Mittwoch neben Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) vor allem Finanzstaatssekretär Jörg Kukies. Seine Rolle im Fall Wirecard hält die Opposition für besonders fragwürdig.
Aussagen von Scholz und Merkel erwartet
Am Donnerstag ist Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) als Zeuge geladen. Sein Finanzministerium ist zuständig für die Finanzaufsicht Bafin, die im Wirecard-Skandal ebenfalls keine gute Figur machte.
Zum Höhepunkt soll am Freitag dann Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aussagen. Sie hatte sich während einer Reise nach China für Wirecard eingesetzt - zu einem Zeitpunkt, zu dem zumindest kritische Medienberichte über Wirecard bereits bekannt waren.
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