Schadenersatz von Wirecard: Ist da noch was zu holen?

    Schadenersatz von Wirecard:Ist da für Anleger noch was zu holen?

    Redakteur Peter Aumeier, ZDF-Landesstudio Bayern.
    von Peter Aumeier
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    Erst Börsenstar, dann Pleitefall. An diesem Freitag beginnt ein weiterer Prozess rund um Wirecard. Diesmal geht es um die Frage: Können geschädigte Aktionäre auf Geld hoffen?

    Wirecard Verfahren
    Tausende Anleger klagen auf Schadensersatz. Die Hoffnung von Groß- und Kleinanlegern ruht auf dem Verfahren, das heute in München begann.22.11.2024 | 1:33 min
    Es ist ein Zivilprozess, der an diesem Freitag um 10 Uhr in München-Riem beginnt. Und in dem es um Schadenersatz geht. Soweit, so normal.

    Einer der größten Zivilprozesse in Deutschland

    Doch das Verfahren sprengt nahezu alle Dimensionen. Zum Verhandlungsauftakt für einen der größten Zivilprozesse in Deutschland hat das Bayerische Oberste Landgericht in die historische Wappenhalle eingeladen, der ehemalige Empfangshalle des alten Münchner Flughafens:
    Das 700 Quadratmeter große denkmalgeschützte Gebäude aus den 30er-Jahren reicht rund elf Meter in die Höhe. Eine "Eventlocation", die man mieten kann. Auch als Gerichtssaal.
    Wirecard Logo
    Shareholder des insolventen Zahlungsabwicklers Wirecard fühlen sich betrogen. Die Klage gegen Wirtschaftsprüfungsinstitute könnte erfolglos bleiben.13.04.2024 | 1:45 min

    Kläger fordern über acht Milliarden

    Für den ersten Prozesstag ist das Gericht für bis zu 400 Personen eingerichtet. Unter den Beteiligten sind allein rund 75 Rechtsanwaltskanzleien, die Geschädigte anwaltlich vertreten. Insgesamt fordern rund 50.000 ehemalige Wirecard-Aktionäre über acht Milliarden Euro Schadenersatz.
    Angeklagt sind ein knappes Dutzend Personen und Unternehmen: So der ehemalige Wirecard-Vorstand Markus Braun, aber auch die Kapitalprüfungsgesellschaft EY, besser bekannt unter dem Namen Ernest & Young. Über Jahre war es die Aufgabe von EY, die Bilanzen von Wirecard zu prüfen. Diese Prüfung, so der Vorwurf, sei fehlerhaft gewesen.

    Außergewöhnlicher Prozess

    Am 18. Juni 2020 brach der DAX-Konzern Wirecard zusammen: Die Fin-Tech-Hoffnung aus Aschheim bei München, lange Zeit der Star an der Börse, meldete Konkurs an. Damals war aufgeflogen, dass dem Konzern auf Treuhandkonten in Asien vermutete 1,9 Milliarden Euro fehlten.
    Viele Kleinanleger verloren daraufhin ihr Erspartes, Fondmanager ihre Reputation und die Finanzaufsicht Bafin ihre Glaubwürdigkeit. Die Wirecard-Pleite erschütterte den Finanzplatz Deutschland.
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    Der Fall Wirecard ist das größte Wirtschaftsverbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Pav Gill war der Mann, der als Whistleblower das ganze Lügengebäude zum Einsturz brachte.29.02.2024 | 14:43 min

    Erst mal ein Musterverfahren

    Auch der Prozess selbst ist außergewöhnlich: So wird nach dem Kapital-Musterverfahrensgesetz, kurz KapMugG, verhandelt. Ein Wort, das nur eingefleischten Juristen locker über die Lippen geht. Kern des Verfahrens ist, dass nur der Fall eines sogenannten Musterklägers verhandelt wird. Die anderen eingereichten Schadensersatzklagen - laut Bayerischem Obersten Landgericht derzeit rund 8.500 - werden solange "ausgesetzt".
    Erst wenn im Musterverfahren zugunsten des Musterklägers entschieden würde, wäre klar, dass die Angeklagten haften. Erst dann können die ehemaligen Anleger individuell ihre Entschädigungsklagen einreichen.

    Müssen die Wirtschaftsprüfer haften?

    Der Münchner Rechtsanwalt Peter Mattil, der rund 2.000 Mandanten in dieser Sache vertritt, sagt:

    Wirtschaftsprüfer müssen prüfen, mehrfach. Das wurde nicht gemacht, sondern es wurde weggeguckt, bewusst.

    Rechtsanwalt Peter Mattil

    Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalrecht ist überzeugt, dass er in diesem Prozess den Nachweis erbringen kann, dass die Wirtschaftsprüfer Fehler machten und somit für Schadenersatz haften.
    Bildmontage aus zwei Profilbildern (ohne und mit Bart) von Jan Marsalek
    Jan Marsalek - früher Gesicht des Wirtschaftswunders Wirecard, heute ist er untergetaucht, hat verschiedene Identitäten und soll in Spionage-Aktionen für Russland verwickelt sein.05.03.2024 | 16:51 min
    Einer seiner Mandanten ist Gunther Holzschuh; ein Wirecard-Aktionär, der sich auf die Aussagen der Wirtschaftsprüfer verließ. Beim Börsencrash der Aktie verlor er mehr als 20.000 Euro. Er sagt:

    Ich erhoffe mir von diesem Prozess Aufklärung, klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten und dann natürlich auch, dass ich zumindest einen erheblichen Teil meines Verlustes wiederbekomme

    Gunther Holzschuh, Wirecard-Aktionär

    Er und auch alle anderen Prozessbeteiligten stellen sich darauf ein, dass der Prozess Jahre dauern kann.

    Strafprozess läuft parallel

    Parallel zu diesem Zivilprozess wegen Entschädigung läuft seit knapp zwei Jahren der Strafprozess gegen Ex-Vorstand Markus Braun, den Ex-Manager Oliver Bellenhaus und den ehemaligen Chefbuchhalter Stephan von E.. Der Vorwurf hier: Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Bandenbetrug und Untreue.
    Der Verhandlungsort: ein fensterloser Hochsicherheitsgerichtssaal in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim, rund zehn Kilometer Luftlinie vom nun beginnenden Zivilprozess entfernt.
    Peter Aumeier ist ZDF-Korrespondent in München.

    Ex-Wirecard-Manager in Russland
    :Geheimidentität von Jan Marsalek aufgedeckt

    Der nach Russland getürmte Wirecard-Manager tarnte sich als orthodoxer Priester. Neue Recherchen legen nahe, dass Jan Marsalek wohl jahrelang für Moskaus Geheimdienste spionierte.
    von Nils Metzger, Christian Rohde, Ulrich Stoll
    Collage aus Fotos - auch Fahndungsfotos - von Jan Marsalek
    Exklusiv

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