IWF senkt Prognose und warnt: "Das Schlimmste kommt noch"
Weltwirtschaftsprognose gesenkt:IWF warnt: "Das Schlimmste kommt noch"
11.10.2022 | 17:44
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Der Internationale Währungsfonds senkt seine Prognose für die Entwicklung der Weltwirtschaft. Für Deutschland und Italien erwartet der IWF im kommenden Jahr eine Rezession.
Die aktuellen Krisen belasten die Wirtschaft stark (Symbolbild)
Quelle: dpa
Die hohe Inflation, der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die Folgen der Corona-Pandemie lasten schwer auf der Weltwirtschaft. Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkte seine globale Wachstumsvorhersage für das kommende Jahr um 0,2 Prozentpunkte auf nunmehr 2,7 Prozent.
Die Prognose sei die schwächste seit rund 20 Jahren - mit Ausnahme der Vorhersagen während der Pandemie und der Weltfinanzkrise. Entscheidend sei nun, ob mit strenger Geldpolitik die Inflation zurückgehe, hieß es. Allerdings könnten die hohen Zinsen eine Schuldenkrise in einkommensschwachen Ländern auslösen. Düster sind die Aussichten auch für Deutschland.
Auch IWF geht von Rezession in Deutschland aus
In seiner neuen Prognose rechnet der IWF in diesem Jahr mit einem globalen Wachstum von 3,2 Prozent - das ist keine Veränderung zu der Vorhersage im Juli. Das prognostizierte Wachstum im Jahr 2023 ist mit 2,7 Prozent aber geringer als noch im Sommer angenommen.
Im Euroraum soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) demnach im kommenden Jahr nur noch um 0,5 Prozent wachsen - eine deutliche Herabstufung im Vergleich zur vorigen Prognose.
Für Deutschland sagt der IWF für 2023 sogar einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent voraus. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute hatten bereits vorhergesagt, dass Europas größte Volkswirtschaft in eine Rezession steuert. Auch Italiens Volkswirtschaft dürfte laut dem "World Economic Outlook" im kommenden Jahr um 0,2 Prozent schrumpfen.
Stagnation des Wachstums in USA, EU und China?
Mehr als ein Drittel der Weltwirtschaft werde 2023 schrumpfen, warnte der IWF. In den drei größten Volkswirtschaften - den USA, der Europäischen Union und China - werde das Wachstum stagnieren.
"Kurz gesagt, das Schlimmste kommt noch, und für viele Menschen wird sich 2023 wie eine Rezession anfühlen", beschreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas die düsteren Aussichten im Vorwort des Berichts. "Während sich Gewitterwolken zusammenbrauen, müssen die politischen Entscheidungsträger eine ruhige Hand bewahren." Weißer heißt es in dem Bericht:
Für die Jahre 2023 und 2024 wird eine Abkühlung der Inflation erwartet.
Pierre-Olivier Gourinchas, IWF-Chefsvolkswirt
Inflation in Industriestaaten im Schnitt bei 7,2 Prozent
In diesem Jahr rechnet der IWF in den Industriestaaten mit einer Teuerungsrate von 7,2 Prozent, also 0,6 Prozentpunkte mehr als noch im Sommer angenommen. Für das kommende Jahr prognostiziert der IWF dann eine Inflationsrate von im Schnitt 4,4 Prozent - das ist ebenfalls deutlich höher als bisher vorhergesagt.
In Schwellen- und Entwicklungsländern soll die Inflationsrate in diesem Jahr im Durchschnitt 9,9 Prozent betragen, ein Plus von 0,4 Prozentpunkten. Auch im kommenden Jahr wird dort eine hohe Teuerungsrate von 8,1 Prozent erwartet.
IWF: Zentralbanken müssen Inflation eindämmen
Der IWF warnt, dass mehrere Faktoren eine Abschwächung der Inflation verlangsamen könnten. Sollte es noch weitere Schocks bei den Energie- und Lebensmittelpreisen geben, könnten die Verbraucherpreise längerfristig hoch bleiben.
"Die Energiepreise sind und bleiben besonders anfällig mit Blick auf den Verlauf des Krieges in der Ukraine und das mögliche Aufflammen anderer geopolitischer Konflikte", schreiben die Autorinnen und Autoren des Berichts. Wichtig sei bei der Inflation auch die Rolle der Zentralbanken. Diese müssten sich auf die Eindämmung der Inflation konzentrieren.
Um die Belastung durch hohe Energiepreise abzufedern, hat eine Expertenkomission am Montag der Bundesregierungen Vorschläge zur Gaspreisdeckelung unterbreitet:
Prognosen laut IWF unsicher
Die US-Notenbank Fed hatte sich zuletzt mit mehreren kräftigen Zinserhöhungen gegen die extrem hohe Teuerungsrate gestemmt. Fed-Chef Jerome Powell hatte deutlich gemacht, dass weitere Erhöhungen des Leitzinses zu erwarten sind. Die EZB hatte nach langem Zögern im Juli die Wende hin zu höheren Zinsen eingeleitet.
Der IWF betont, dass die Prognosen außerordentlich unsicher seien. Die zukünftige Entwicklung der Weltwirtschaft hänge entscheidend von der Geldpolitik, dem Verlauf des Krieges in der Ukraine und möglichen weiteren pandemiebedingten Störungen - etwa in China - ab.
Die Zahl der Stornierungen von Bauprojekten ist stark angestiegen und die Nachfrage nach Immobilienkrediten eingebrochen. Gründe sind hohe Baukosten und steigende Zinsen.