Die Russland-Ukraine-Krise belastet weiterhin die Märkte. Wie wahrscheinlich ist ein schlimmer Börsencrash?
Viele Kapitalmarktstrategen und Bankberater sehen große Fragezeichen. Die Nachrichten am Wochenende ließen Düsteres erahnen: Krieg in der Ukraine. US-Präsident Joe Biden wiederholte öffentlich, seine Geheimdienste hätten ihm versichert, der russische Präsident Wladimir Putin habe sich entschieden loszuschlagen.
Dann kam Frankreichs Präsident Macron mit der entspannenden Nachricht, Putin und Biden hätten einem neuen Treffen zugestimmt. Unter Bedingungen. Währenddessen warnt Großbritanniens Premier Boris Johnson vor dem "größten Krieg in Europa seit 1945."
Angst vor Krieg spiegelt sich an den Börsen wider
In dieser undurchsichtigen Lage bleiben die Anleger an den weltweiten Finanzmärkten nervös. Der Dax gibt am Morgen seine Gewinne wieder ab und es fehlt dann doch die Phantasie, dass sich die Russland-Ukraine-Krise schnell wieder entspannt. "Die Märkte reagieren auf Angst", sagt dazu Dr. Hendrik Leber, Geschäftsführer von ACATIS Investment.
Kleinanlegern raten Experten in diesen Situationen zur Ruhe und Geduld - bloß nicht hektisch aussteigen. Und dieser Rat scheint zumindest mit Blick auf vergangene Krisen ein guter. Strategen der Deutschen Bank verweisen auf das Verhalten des meistbeachteten Börsenindex der Welt. In den geopolitischen Krisen der Vergangenheit stürzte der S&P 500 - er bildet die Kurse der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen ab - zwar durchschnittlich um bis zu acht Prozent ab. Doch nach etwa sechs Wochen erholten sich die Märkte wieder und glichen die Verluste wieder aus.
Märkte erholen sich im Falle eines Krieges schnell
Auch Hendrik Leber sieht im Falle eines Krieges nur einen kurzen "Schreckmoment". Danach bündelten die Märkte wieder ihre Kräfte und die Kurse stiegen. Seine durchaus zynische Prognose, wie er selbst zugibt:
Die Märkte seien so gestrickt: Sie lieben Fakten und hassen Unsicherheit.
- Kriegsangst lässt Börsen zittern
Die wachsende Furcht vor einem Krieg zwischen Russland und der Ukraine lässt den Dax unter die 15.000er-Marke abrutschen. Der Ölpreis steigt - und auch der Weizen verteuert sich.
Kleinanleger und Profis profitieren
Diese Erholungen der Märkte konnte man beobachten nach den Terroranschlägen vom 11. September oder nach der irakischen Invasion in Kuwait, die den Ersten Golfkrieg einleitete.
Leber sieht in den derzeit von Angst geprägten Kursen Einstiegspreise für Kleinanleger und Profis. Denn selbst im Falle eines Krieges würde beispielsweise Amazon weiter Pakete liefern, Mercedes-Benz weiter Autos bauen und die Wirtschaft einfach weiterlaufen.
Welche wirtschaftlichen Folgen hätte eine Eskalation?
"Die Ukraine und auch Russland sind ökonomisch nicht wesentlich für die Weltwirtschaft", sagt er. Ein militärischer Konflikt von Russland und der Ukraine, die über keine nennenswerte Industrie verfügen, würden indes die Rohstoffpreise steigen lassen. Beide Staaten machen ihr Geld vor allem mit Exporten von Bodenschätzen. Noch teurere Energie wäre ein Problem für deutsche Haushalte und Unternehmen.
An den Börsen sind die meisten Profi-Anleger ohnehin gegen fallende Kurse abgesichert. Für einen nachhaltigen Börsencrash im Kriegsfall spricht momentan also wenig.
Dennis Berger ist Redakteur in der ZDF-Redaktion für Wirtschaft und Finanzen.
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