Wirtschaftsgipfel am Tegernsee: Hoffnung auf Wachstum

Ludwig-Erhard-Gipfel:Kongress als "Antidepressivum" der Wirtschaft

von Peter Aumeier
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Beim Ludwig-Erhard-Gipfel treffen sich Wirtschaft und Politik, er dient als Stimmungsbarometer: Trotz Stolperstart der Merz-Regierung kann man hier etwas Optimismus finden.

Am Tegernsee: Christiane Götz-Weimer (l-r), Dalia Grybauskaite, Joachim Gauck, Ilse Aigner und Wolfram Hatz beim Ludwig-Erhard-Gipfel.
Beim Ludwig-Erhard-Gipfel ist Christiane Götz-Weimer (links) diesmal alleinige Gastgeberin - ihr Mann ist der neue Kulturstaatsminister.
Quelle: dpa

Gut Kaltenbrunn ist ein wunderschöner Ort mit einem unverbauten Blick auf den Tegernsee. Ein Platz an dem man vergessen könnte, dass Deutschlands Wirtschaft mehr als nur ein Problem hat. Vielleicht aber auch der richtige Ort, um etwas Optimismus zu tanken.
Der Fehlstart der Regierung - ein "Schönheitsfehler" so Ex-Minister Theo Waigel - ist hier fast kein Thema mehr, hier fragen sich 1.000 Teilnehmer und 100 Experten, Wirtschaftsentscheider und Politiker sogar: "Kommt nun das neue Wirtschaftswunder?"
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Der Politik-Wirtschaftsgipfel, das von den Veranstaltern gerne als "Meinungsführertreffen" und "Davos von Deutschland" beworben wird, findet zum elften Mal statt. Das dreitägige Spitzentreffen ist in diesem Jahr besonders im Fokus der Öffentlichkeit: so werden noch Kanzleramtschef Thorsten Frei und die neue Wirtschaftsministerin Katharina Reiche erwartet. Kanzler Friedrich Merz und Vizekanzler Lars Klingbeil, Stammgäste auf dem Gipfel, haben kurzfristig abgesagt.

Gipfel-Veranstalter Weimer ist jetzt Kulturstaatsminister

Auch der Veranstalter des Treffens, das Publizisten-Ehepaar Christiane Götz-Weimer und Wolfram Weimer, sind selbst zum Politikum geworden. Denn Journalist Weimer sitzt als Kulturstaatsminister nun selbst am Kabinettstisch. Die Geschäfte am Tegernsee führt nun Ehefrau Christiane allein, während der Ehemann bereits in Berlin erste Entscheidungen trifft.
Christiane Goetz-Weimer will dem Optimismus eine Chance geben und den Ludwig-Erhard-Gipfel "zum kongressgewordenen Antidepressivum" machen. Gründe für Optimismus gebe es genug:. Der DAX steige langfristig, die Energiepreis würden sinken und Deutschland sei wieder "Europameister im Erfinden". Das zeige, so Götz-Weimer, dass "unsere Wirtschafts- und Forschungslandschaft immer noch enorm innovativ ist".
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Der Koalitionsvertrag sei mit Blick auf die Wirtschaft ein "Gemischtwarenladen", so Ökonom Prof. Schularick: Er enthalte gute Impulse, aber auch Vorschläge, die schaden könnten.10.04.2025 | 8:18 min
Doch die deutsche Wirtschaft ist im dritten Jahr in der Rezession. Die Diagnose: zu unbeweglich, zu bürokratisch, zu teuer. "Wir erleben eine radikale Verunsicherung", sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
Zusammen mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft hat er die aktuelle Studie "Internationale Risken für deutsche Unternehmen" erarbeitet. Auffällig bei der Risikoeinschätzung der Unternehmen: Die bayerischen Unternehmen fühlen sich etwas sicherer als die in den übrigen Bundesländern.

Hüther: Hoffnung auf "Renaissance des Wirtschaftswachstums"

Doch viele der Risiken seien hausgemachte Probleme, die Deutschland auch selbst lösen könne: "Man kann hier in Deutschland ordentlich wirtschaften", sagt IW-Chef Hüther:

Ich weiß nicht, warum man heute in den USA investieren sollte? Man sieht, wie schnell sich alles drehen kann.

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft

Wenn es "einen psychologischen Effekt durch die neue Bundesregierung gebe", habe er für die Jahreswende die Hoffnung auf eine "Renaissance des Wirtschaftswachstums". 55 Prozent des deutschen Bruttoinlandprodukt komme vom Konsum, eine gute Stimmung bringe auch eine gute Wirtschaft.
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Infrastruktur-Investitionen seien „letztlich alternativlos“, so Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft während der Debatte über ein Sondervermögen. Auch Verkehrsinfrastruktur gehöre zur Verteidigungsfähigkeit.05.03.2025 | 5:57 min
Nicola Beer, Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank, geht sogar noch weiter: In einer veränderter weltpolitischen Lage könne sich Deutschland sogar als "sicherer Hafen anbieten" meint sie: "Wir sind vertrauenswürdige Partner, nun sind wir der Hort der Stabilität."
"Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind nicht schlecht", meint auch Henrik Ahlers, Vorsitzender der Wirtschaftsberaters EY Deutschland. Eine stabile Demokratie sei dabei das Wichtigste. Deutschland sei immer noch die drittgrößte Volks- und Exportwirtschaft weltweit.

Warum kämpfen wir so sehr gegen den Strukturwandel?

Henrik Ahlers, Vorsitzender EY Deutschland

Vielleicht würde es sich lohnen diesem etwas offener zu begegnen, so der Manager. "Ich verstehe nicht, warum wir da nicht selbstbewusster sind", fragt Ahlers. "Vielleicht aber brauchen wir etwas Druck, um uns zu verändern."
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Peter Aumeier ist Redakteur im ZDF-Studio München.

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