Krieg und Engpässe: Hohe Kosten bremsen Wohnungsbau aus

    Krieg und Lieferengpässe:Hohe Kosten bremsen Wohnungsbau aus

    von Bernhard Felix
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    Mit einem ambitionierten Ziel war die Ampel in Sachen Wohnungsbau angetreten. Die Hindernisse zum Erreichen dieser Zielmarke scheinen derzeit jedoch schlicht zu groß.

    Energieeffiziente Neubauten
    Die Kosten fürs Bauen steigen.
    Quelle: dpa

    Um der wachsenden Wohnungsnot im Land Herr zu werden, hielten die Koalitionäre der Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag folgendes fest:

    Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen.

    Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung

    Dieses Vorhaben wurde noch vor dem russischen Überfall auf die Ukraine und damit auch vor den rasant steigenden Energiepreisen sowie einer ausufernden Inflation formuliert. Nun drohen die Pläne der Bundesregierung an der Realität zu scheitern.

    Steigende Kreditzinsen und hohe Baukosten

    Wer aktuell den Bau einer Immobilie plant und dafür einen Kredit bei seiner Bank aufnehmen muss, dürfte sich nicht zuletzt der hohen Kreditkosten wegen verwundert die Augen reiben. Für ein klassisches Darlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren müssen laut Finanzierungsvermittler Interhyp mittlerweile rund 4 Prozent Zinsen gezahlt werden, was dem höchsten Wert seit 2011 entspricht.
    Anfang des Jahres hatten die Zinsen für ein vergleichbares Darlehen noch rund um die Marke von einem Prozent gelegen. Für viele ist das Bauen also einfach nicht mehr finanzierbar. Wer es sich dennoch leisten kann und will, wird mit hohen Baukosten konfrontiert.

    Lieferprobleme und hohe Preise für Baumaterial

    Anhaltende Lieferengpässe sorgen für Knappheit bei wichtigen Materialien, die Zahlen sprechen ihre eigene Sprache: Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude im August im Vorjahresvergleich um 16,5 Prozent.
    Im Mai wurde hier bereits ein Anstieg von 17,6 Prozent verzeichnet. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie zeigte sich angesichts der aktuellen Situation besorgt und kommentierte die negativen Entwicklungen wie folgt:

    Die seit Monaten stark gestiegenen Baumaterial- und somit Baupreise haben schon viele gewerbliche und private Hausbauer veranlasst, von ihren Projekten zurückzutreten.

    Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie

    "Entweder die Projekte rechnen sich nicht mehr, oder die gestiegenen Baupreise und Zinsen sprengen das Haushaltsbudget, das ohnehin schon durch die explodierenden Energiekosten enorm belastet ist", berichtet Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

    Stornierungen häufen sich, Baugenehmigungen sinken

    Die Belastungsfaktoren sind demnach zahlreich, die Spuren schon jetzt deutlich sichtbar: Erst kürzlich hatte das ifo-Institut von einer steigenden Stornierungszahl beim Wohnungsbau berichtet, spricht in der Pressemitteilung dazu gar von einer "Stornierungswelle".
    Zudem ging im August die Zahl der Baugenehmigungen, die als eine Art Frühindikator für die kommende Entwicklung gilt, im Vorjahresvergleich stark zurück. Auch Fachleute äußern sich mit Blick auf die Zukunft der Branche wenig optimistisch:

    In diesem Jahr und zu Beginn des Jahres 2023 ist mit anhaltend hohen Stornierungszahlen zu rechnen.

    Pekka Sagner, Immobilienexperte IW-Köln

    "Bleibt die wirtschaftliche Situation so angespannt wie im Moment, ist davon auszugehen, dass die Zahl der begonnenen Neubauprojekte deutlich zurückgehen wird", prognostiziert Pekka Sagner, Immobilienexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln.
    Immobilienexperte Sagner geht davon aus, dass das Ampel-Ziel für den Wohnungsbau in diesem Jahr "deutlich verfehlt" wird und weist auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin:

    Während die Bauwirtschaft während der Corona-Pandemie der Stabilitätsanker für die deutsche Wirtschaft war, rutscht diese bereits jetzt in die Rezession ab.

    Pekka Sagner, Immobilienexperte IW-Köln

    Die aktuelle Gemengelage, eine Mischung aus hohen Kosten und wachsender Verunsicherung, schadet neben Häuslebauern und Immobilienentwicklern letztlich also auch der deutschen Wirtschaft. An dieser Situation dürfte sich bei gleichbleibenden Vorzeichen auf absehbare Zeit nichts ändern.

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