Das Ende der fossilen Ära ist gesetzt, die Energiezukunft erneuerbar und elektrisch. Daran sei schon jetzt nicht mehr zu rütteln, so das Fazit eines neuen Reports des WWF.
Es klingt überraschend optimistisch, was die sonst gerne kritische Umweltorganisation WWF veröffentlicht: Die weltweite Energiewende sei nicht nur erreichbar, sondern inzwischen gar nicht mehr zu stoppen. Das ist das Ergebnis eines heute vorgelegten Reports zu den "Megatrends" auf dem globalen Energiemarkt.
Kaum noch Investitionen in fossile Energien
Das vielleicht bedeutendste Ergebnis: "Das Ende der Fossilen ist weltweit unausweichlich", sagt WWF-Klimaexpertin Viviane Raddatz. Der Grund: Immer mehr Investoren, Fonds und Aktionäre wenden sich seit 2015 von der Fossilwirtschaft ab und stecken kaum noch Geld in Kohle und Erdgas. "Investitionen fließen zum Großteil nur noch in Erneuerbare", so Raddatz.
2020 sind laut WWF weltweit 70 Prozent der Neuinvestitionen in die Stromherstellung über Erneuerbare Energien gegangen, nur 22 Prozent über fossile und acht Prozent über Atomkraftwerke. Zwischen 2014 und 2020 hat sich die weltweit installierte Windenergieleistung verdoppelt, die der Photovoltaik nahezu vervierfacht.
- Bremst der Atomausstieg die Energiewende?
Deutschland kann die Klimaziele laut Wirtschaftsminister Habeck auch mit Atomausstieg erreichen. Zum Jahreswechsel gehen weitere Kernkraftwerke vom Netz. Eine falsche Entscheidung?
Erneuerbare: Ausbau in USA trotz Trump
Eine Dynamik, die übrigens auch "klimawandelskeptische" Regierungen nicht stoppen konnten. In den USA ist unter keinem anderen Präsidenten mehr Kohlestrom vom Netz und erneuerbare Energie ans Netz gegangen wie unter Donald Trump. Darauf weist auch der WWF-Report hin. Diese "Flucht aus der Kohle" hat dazu geführt, dass die Erneuerbaren in den USA inzwischen mehr Strom produzieren als Kohle- oder Kernkraftwerke.
Befeuert wird dieser "Megatrend" dadurch, dass immer mehr Regierungen und Konzerne angesichts verheerender Katastrophen die Notwendigkeit von Klimaschutz einsehen. Aber das allein ist es nicht. Eine große Rolle spielt schlicht auch das Geld. Denn Wind- und Solaranlagen sind mit der Zeit deutlich billiger und rentabler geworden - auch durch effizientere Technik.
Wind- und Solarstrom wird kostengünstiger
Das Fazit der Analyse:
Bei Kohle und Gas werde nämlich in immer mehr Regionen der Welt ein CO2-Preis fällig. "Windenergie und Photovoltaik sind die kostengünstigen Erzeugungstechnologien der Zukunft."
An eine Renaissance der Kernenergie glauben die WWF-Expertinnen und -Experten übrigens nicht. Denn die Kosten seien in den letzten Jahren deutlich gestiegen - durch neue Sicherheitssysteme, hohe Demontagekosten und nicht kalkulierbare Entsorgungsaufwendungen. Der Anteil von 17,5 Prozent an der globalen Stromerzeugung im Jahr 1996 sank bis 2020 auf 10,1 Prozent - auch trotz eines umfassenden Ausbauprogramms in China, so die Analyse.
Mitten in der Atacama-Wüste in Chile steht das Solarkraftwerk "Cerro Dominador". Mit Anlagen wie dieser soll die Energiewende klappen.
Energiewende nicht schnell genug
Und dennoch gibt es auch Kritik: Der reale Abschied von der fossilen Ära hinke "den klimapolitischen Beschlüssen nach wie vor dramatisch hinterher", so der WWF-Report. Es gehe schlicht noch nicht schnell genug. In Indien und China etwa würden noch immer neue Kohlekraftwerke ans Netz gehen. Es bleibe die Frage: "Sind die Megatrends weltweit ausgeprägt und dynamisch genug, um die Folgen der Erderhitzung in erträglichen Grenzen zu halten?"
Diese Frage geht auch an die neue Bundesregierung, denn:
Jetzt müsse eine Kehrtwende gemacht werden, fordert sie. "Wer bei der Energiewende aufs Tempo drückt, sichert sich langfristig auch bessere wirtschaftliche Perspektiven in einer fossilfreien Welt."
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion