Die Bauzinsen sind in den letzten Monaten rasant gestiegen. Ein Ende ist nicht absehbar. Wie reagieren Häuslebauer und Anbieter?
Einen solch abrupten Zinsanstieg hat Max Herbst von der FMH Finanzberatung Frankfurt noch nie erlebt: Zu Weihnachten lagen die durchschnittlichen Zinsen für einen Hypothekenkredit von zehn Jahren mit fester Zinsbindung noch bei 0,9 Prozent, zu Jahresbeginn schon bei 1,0 Prozent. Doch Anfang Mai verlangen die Anbieter im Schnitt inzwischen etwa 2,6 Prozent.
Tausende Euro Mehrkosten bei Krediten
Das kann ein Problem werden für viele Immobilienkäufer*innen, rechnet Mirjam Mohr vor, Vorständin für das Privatkundengeschäft beim Kreditvermittler Interhyp. Denn ein solcher Anstieg bedeute bei einem Immobilienkredit über 300.000 Euro und einer anfänglichen Tilgung von drei Prozent, dass die monatliche Rate von 1.000 Euro auf 1.400 Euro gestiegen ist.: "Pro Jahr sind das zusätzliche Zinskosten von 4.800 Euro. Das wären in zehn Jahren 48.000 Euro."
Und damit nicht genug: Im Jahresverlauf könnten die Zinsen weiter steigen - drei Prozent für zehnjährige Darlehen seien realistisch, meint Mohr. Das zeigten auch die monatlich von Interhyp erhobenen Daten von Expert*innen der Kreditinstitute.
Mehrere Gründe gibt es für diesen starken Anstieg der Zinsen: Die Inflation hat deutlich angezogen, angetrieben zusätzlich durch die hohen Energiepreise - eine Folge des Kriegs in der Ukraine. Die Geldpolitik dürfte bald versuchen gegenzusteuern und die Leitzinsen anzuheben, damit verstärkt sich der Trend zu steigenden Zinsen an den Finanzmärkten.
Die Preise für Lebensmittel und Energie steigen immer weiter. Das Statistische Bundesamt hat die Zahlen für April bekannt geben: Die Inflation bleibt auf Rekordhöhe von 7,4 Prozent.
Zinskurve im langen Bereich ist abgeflacht
Viele Kund*innen empfänden einen Druck, sich die aktuellen Zinsen noch zu sichern, und das für möglichst lange Zeit, sagt Mohr. Die durchschnittliche Zinsbindung beim Bau oder Kauf einer Immobilie sei in diesem Jahr bisher auf 14 Jahre gestiegen. Im vergangenen Jahr hatte sie noch bei 13,3 Jahren im Schnitt gelegen.
Michael Neumann, Vorstand des Kreditvermittlers Dr. Klein, beobachtet das vor allem in der Anschlussfinanzierung. Viele Kund*innen wollten sich die aktuellen Konditionen gern noch für die nächsten zehn oder 15 Jahre sichern. Meist sind die Darlehen mit langer Zinsbindung deutlich teurer als die über zehn Jahre.
Lange Zinsbindung kein Risiko
Die Zinskurve sei aber im langen Bereich deutlich abgeflacht, sagt Neumann, das heißt, die Konditionen für Darlehen über 30 Jahre seien inzwischen kaum teurer als die für ein Darlehen über 15 Jahre. Im besten Fall liege der Zins für 30 Jahre nur um 0,15 bis 0,20 Prozentpunkte über dem für ein 15 Jahre laufendes Darlehen.
Damit müssen sich die Kund*innen für lange Zeit nicht mehr um ihre Finanzierung kümmern. Und sie gehen kein Risiko ein: denn sie können nach zehnjähriger Laufzeit eines Darlehens ohne weitere Kosten ihren Hypothekenkredit kündigen, wenn in der Zwischenzeit die Hypothekenzinsen gesunken sein sollten.
Expertin: Wer mehr Kapital hat, ist weniger auf Darlehen angewiesen
Zu normalen Zeiten dauert die Bearbeitung eines Hypothekendarlehens durch die Banken zwei bis drei Werktage. Doch wegen des Ansturms vergingen inzwischen oft auch zehn Tage, sagt Neumann, bei einigen wenigen dauere die Kreditprüfung auch vier bis acht Wochen. Das ist eine lange Zeit, so lange wollen manche Verkäufer*innen vielleicht nicht warten. Das erhöht den Druck, so kommt es beim Abschluss der Finanzierung auch auf Schnelligkeit an.
Dennoch solle man wohlüberlegt handeln, mahnt Mohr von Interhyp. Sie rät deshalb, Angebote sorgfältig zu vergleichen. Sinnvoll sei es, auch schon vor der Immobiliensuche die Finanzierung zu klären:
- Stresstest bei Banken hat Folgen für Kunden
Die Banken müssen künftig stärker nachweisen, ob sie auf mögliche Klimarisiken vorbereitet sind. Das könnte sich auch auf Kunden auswirken - etwa bei der Hausfinanzierung.