Corona: Wie das Virus SARS-CoV-2 zu seinem Namen kam
Fünf Jahre Corona-Pandemie:Wie das Virus SARS-CoV-2 zu seinem Namen kam
von Thomas Bleich
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John Ziebuhr forscht seit Jahrzehnten an Coronaviren. Der Virologe war einer der Namensgeber von SARS-CoV-2. Wie er nach fünf Jahren auf den Beginn der Pandemie blickt.
Wie SARS-CoV-2 zu seinem Namen kam, was fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie über das Virus bekannt ist und was man daraus lernen kann.10.03.2025 | 7:11 min
Als Ende Dezember 2019 eine ungewöhnliche Häufung von Lungenentzündungen in der chinesischen Millionenstadt Wuhan für weltweite Schlagzeilen sorgt, waren auch Wissenschaftler besorgt, die sich mit Infektionen der Atemwege auskennen. Denn der Erreger war zunächst unbekannt und wurde scheinbar in Windeseile von Mensch zu Mensch übertragen.
Auch Prof. Dr. John Ziebuhr wurde hellhörig. Der Gießener Virologe widmet sich seit seiner Dissertation im Jahre 1991 der Erforschung von Coronaviren. Der Name "Corona" ist auf das charakteristische, kranzförmige Aussehen dieser RNA-Viren unter dem Elektronenmikroskop zurückzuführen. Er stammt aus dem Lateinischen und steht für Kranz oder Krone.
Coronavirus: Aus einer Vermutung wurde Gewissheit
Anfang Januar 2020 stand schließlich fest: Bei dem Verursacher der schweren Lungeninfektionen in Wuhan handelt es sich tatsächlich um ein neuartiges Coronavirus. "Man kann ja heutzutage die kompletten Genomsequenzen dieses Virus bestimmen", so Ziebuhr. "Und aufgrund dieser Genomsequenz war es dann möglich, das Virus einzuordnen in die große Welt der Viren."
Es war relativ schnell klar, dass dieses neue Virus, das Ende 2019 entdeckt wurde, genetisch ganz ähnlich ist zu einem Virus, das wir schon aus dem Jahr 2003 sehr gut kannten.
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Prof. Dr. John Ziebuhr, Virologe, Justus-Liebig-Universität, Gießen
Vor fünf Jahren wurde der erste Corona-Fall in Deutschland diagnostiziert. Was wir aus der Pandemie und aus ihren Maßnahmen gelernt haben.27.01.2025 | 1:45 min
Fälle erinnern an die SARS-Epidemie 2002 bis 2003
Humane Coronaviren sind seit den 1960er Jahren bekannt. Bis in die 90er Jahre war die Gruppe der Wissenschaftler, die sich mit dieser Virusfamilie beschäftigte, recht klein. Das änderte sich mit der SARS-Ausbruch in den Jahren 2002 und 2003. Ausgehend von der chinesischen Provinz Guangdong infizierte damals ein Coronavirus, das heute als "SARS-CoV" bezeichnet wird, mehr als 8.000 Menschen. Bei vielen Menschen führte es zu schweren Lungenentzündungen. Etwa 800 Personen verstarben weltweit, darunter oft medizinisches Personal, das engen Kontakt zu den Infizierten hatte.
SARS ist die Abkürzung für die medizinische Bezeichnung "Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom". Der Name beschreibt den Verlauf der Krankheit, die mit hohem Fieber, Kopf-, Hals- und Muskelschmerzen, Schüttelfrost und Schwindelgefühl beginnt. Die Infektion kann schließlich zu einer schweren atypischen Lungenentzündung mit akuter Atemnot und starkem Husten führen.
John Ziebuhr ist Mitglied eines Expertengremiums, das im Februar 2020 den Namen für das neue Coronavirus offiziell vorschlug. Für ihn und den Rest der Arbeitsgruppe lag auf der Hand, welcher Name für das neue Coronavirus vergeben werden sollte:
Es war einfach naheliegend zu sagen: Gut, wir kennen schon das SARS-Coronavirus, also nennen wir dieses Virus jetzt SARS-Coronavirus 2, abgekürzt SARS-CoV-2.
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Prof Dr. John Ziebuhr, Virologe, Justus-Liebig-Universität, Gießen
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SARS-CoV-2 stellte eine Gefahr dar
Dass es sich bei SARS-CoV-2 um einen Erreger handelte, dessen Ausbreitung gefährliche Folgen haben konnte, war den Experten sofort bewusst. Das erste SARS-Coronavirus hatte bis 2003 insgesamt relativ wenig Menschen infiziert. Es war nicht so leicht übertragbar, weil es sich tief in der Lunge vermehrte und weniger in den oberen Atemwegen. Die Infektion endete jedoch für jeden zehnten Erkrankten tödlich.
Für John Ziebuhr war daher klar: Wenn SARS-CoV-2 genauso gefährlich ist und dabei leichter von Mensch zu Mensch übertragen wird, kann das erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme und Menschen in der ganzen Welt haben.
Quelle: JLU / Rolf K. Wegst
… ist Virologe und Direktor des Instituts für Medizinische Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er leitete eine Studiengruppe des Internationalen Komitees für die Taxonomie von Viren, die sich mit den Verwandtschaftsverhältnissen der Coronaviren beschäftigt. Darüber hinaus arbeitet John Ziebuhr für den Forschungsbereich "Neu auftretende Infektionskrankheiten" des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung. Er koordiniert außerdem ein hessisches Forschungskonsortium zu Coronaviren bei Mensch und Tier.
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Bevölkerung war immunologisch vollkommen ungeschützt
Das Virus war laut Ziebuhr außerdem in seinen Eigenschaften ganz anders als vorher bekannte Coronaviren. "Wir waren immun-naiv, hatten also gar keine Immunität", erläutert der Virologe. Der überwiegende Teil der Bevölkerung habe zuvor kein ähnliches Coronavirus gesehen, das zumindest einen teilweisen Schutz hätte vermitteln können.
SARS-CoV-2 unterschied sich in der Oberflächenstruktur deutlich von den bisher bekannten Coronaviren. Das ist natürlich immer eine ganz große Bedrohung.
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Prof Dr. John Ziebuhr, Virologe, Justus-Liebig-Universität, Gießen
Dadurch sei klar geworden, dass keiner eine ausreichende Immunität besitzt und dass es insbesondere ältere Menschen mit Vorerkrankungen möglicherweise nicht schaffen werden, schnell genug eine ausreichend gute Immunität aufzubauen.
Husten, Schnupfen und Fieber - darüber klagen aktuell viele. Doch wann ist es nur eine Erkältung, wann eine echte Grippe? An diesen Symptomen erkennen Sie Atemwegserkrankungen.
von Cornelia Petereit
FAQ
Grundlagenforschung sollte breit aufgestellt sein
Das Beispiel SARS-CoV-2 habe laut John Ziebuhr sehr gut gezeigt, wie wichtig Grundlagenforschung über Viren und darüberhinaus über Infektionserreger allgemein ist. Denn auch resistente Bakterien werden laut dem Virologen zunehmend zu einem medizinischen Problem.
Dr. Thomas Bleich ist Arzt und Redakteur der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
Fünf Jahre nach der bisher verheerendsten Pandemie des 21. Jahrhunderts geht ein ZDF-Themenschwerpunkt der Frage nach, was aus der Corona-Pandemie für Lehren gezogen wurden und werden. In der Zeit vom 8. bis zum 21. März 2025 beschäftigen sich sowohl aktuelle Magazinsendungen als auch Doku-Formate mit dem Thema.
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