KI an Hochschulen: Uni-Chatbots - der Prof, der nie schläft

    KI an Hochschulen:Uni-Chatbots: Der Prof, der niemals schläft

    von David Metzmacher
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    Wie ein Professor, der niemals schläft und immer dabei ist - so funktionieren idealerweise Chatbots mit Künstlicher Intelligenz in der Lehre. Zwei Beispiele aus der Praxis.

    KI an deutschen Unis
    Die TU München hat einen Chatbot für Studierende entwickelt, der helfen soll, schneller und effizienter zu arbeiten - und doch die Wissenschaft nicht zu kurz kommen lässt. 10.02.2025 | 2:53 min
    Chatbots mit Künstlicher Intelligenz können annähernd menschengleich kommunizieren. Das machen sich nicht nur Unternehmen im Kundenservice zu nutze, sondern auch immer mehr Universitäten und Hochschulen. Zwei Beispiele ganz unterschiedlicher Lerneinrichtungen.

    Hochschule IU: KI-Lernassistent seit 2023

    Anders als an Präsenzuniversitäten lernen viele Studierende der International University of Applied Sciences (IU) im Selbststudium am heimischen Schreibtisch, ein Großteil des Studiums findet in einer digitalen Lernumgebung statt. Ein KI-Lernassistent könne da optimal anknüpfen, sagt Quintus Stierstorfer, verantwortlich für die Abteilung "Synthetic Teaching" an der IU.

    Wir haben uns immer gedacht, dass man mit KI ein Studium sehr gut personalisieren und flexibilisieren kann. Das Problem war, dass die technologischen Möglichkeiten lange nicht da waren.

    Quintus Stierstorfer, IU

    Quintus Stierstorfer. IU
    Quelle: IU

    ... ist Director der Abteilung "Synthetic Teaching" an der IU Internationalen Hochschule. Sein Team entwickelt den KI-Lernassistenten "Syntea". Stierstorfer hat Mathematik an der LMU München studiert.

    "Natural Language Processing"-Modelle, die Technologie hinter modernen Chatbots, gibt es schon lange. "Aber erst vor zirka drei Jahren erreichten diese das nötige Niveau für den Hochschulbereich", sagt Stierstorfer. "Dann haben wir angefangen, erste Anwendungsfälle zu testen". Herausgekommen ist "Synthea". Aktuell nutzen über 64 Prozent der Studierenden den Chatbot regelmäßig, heißt es von der Hochschule. Es gebe rund zwei Millionen Chat-Anfragen-Interaktionen pro Monat.

    Eine KI kann anders als ein menschlicher Tutor oder Professor auf jeden einzelnen Studierenden eingehen kann und wird nicht müde und steht rund um die Uhr zur Verfügung.

    Quintus Stierstorfer, "Synthetic Teaching" an der IU

    Die IU ist - laut eigener Angabe - Deutschlands größte Hochschule. Sie zählt insgesamt 130.000 Studierende in mehr als 250 Studiengängen. Die IU hat deutschlandweit 38 Standorte, bietet aber vor allem Fernstudiengänge oder Mischformen an. Eine Besonderheit: Prüfungen können teils online stattfinden und der Zeitpunkt frei gewählt werden.

    Sie ist eine private Bildungseinrichtung, die Studierenden müssen für ihr Studium also selbst zahlen. Bei den Studierenden im dualen Studium werden die Studiengebühren in der Regel von den Praxispartnern getragen. Je nach Studienmodell und Abschluss liegen die Kosten zwischen 259 und 755 Euro im Monat. Die überwiegende Mehrheit der Studierenden im IU-Fernstudium ist berufstätig.

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    Was KI-Chatbots in der Lehre können

    Schlau wird "Syntea" durch die Kurskripte und andere Lernmaterialien wie Videos. Auf deren Basis kann der KI-Chatbot Fragen der Studierenden beantworten, Quizzes erstellen oder eine Prüfungssimulation durchführen und Feedback geben. Die Idee: Lernen im Dialog. Daher hat "Syntea" sogar ein Gesicht und damit in gewisser Weise eine Persönlichkeit bekommen.
    KI-Chatbot "Syntea" der IU
    KI-Chatbot "Syntea" der IU
    Quelle: IU

    Man kann künftig viel mehr Informationen übermitteln, wenn man das Gefühl einer echten Kommunikation von Angesicht zu Angesicht hat.

    Quintus Stierstorfer, "Synthetic Teaching" an der IU

    Komplett ersetzen könne "Syntea" einen menschlichen Tutor aber nicht, sagt Stierstorfer - der Lernassistent verstehe sich vielmehr als "wertvolles Zusatzinstrument".

    KI-Chatbot soll noch menschlicher werden

    Mehrere KI-Modelle analysieren bei "Syntea" im Hintergrund die Eingabe der Studierenden: "Ein Modell sucht Antworten auf Fragen direkt im Kursskript, ein weiteres überprüft, ob eine Frage schon einmal gestellt wurde und ob schon eine verifizierte Antwort von Lehrenden vorliegt", erklärt Stierstorfer. Auch unterscheidet sich das verwendete spezifische KI-Modell je nach Fachbereich. All das soll die Qualität sichern und Halluzinationen - ein großer Schwachpunkt von KI-Modellen - so gut es eben geht vermeiden.

    Halluzinationen bei KI-Sprachmodellen sind Fälle, in denen das Modell Informationen generiert, die falsch, irreführend oder frei erfunden sind, diese aber als wahr oder faktisch korrekt darstellt. Sie entstehen oft, wenn das KI-Modell versucht, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Informationsfragmenten aus seinem Training herzustellen, dabei aber fehlerhafte Verbindungen zieht. Weil Halluzinationen bei KI-Sprachmodelle vorkommen können, ist es wichtig, die Ausgaben von KI-Modellen kritisch zu prüfen und bei wichtigen Informationen zusätzliche Quellen heranzuziehen.

    Künftig soll "Syntea" als KI-Agenten Studierende auch proaktiv ans Lernen erinnern und etwa Push-Nachrichten aufs Handy schicken.
    Auch soll der Chatbot die Lehrmethodik individueller anpassen können. Die Versprechen der IU sind groß:

    Als Mischung aus Tutor und Mentor passt sich der Avatar den individuellen Fähigkeiten, Lernvorlieben und persönlichen Bedürfnissen der Studierenden an.

    International University of Applied Sciences

    Die Idee von KI-Agenten basiert darauf, eigenständige Software-Entitäten zu schaffen, die in der Lage sind, Aufgaben autonom auszuführen, Entscheidungen zu treffen und mit ihrer Umgebung oder anderen Agenten zu interagieren.

    Sie sind in der Regel darauf ausgelegt, spezifische von Menschen gesetze Ziele zu erreichen oder Probleme zu lösen, indem sie auf KI-Technologien wie maschinelles Lernen, natürliche Sprachverarbeitung und Entscheidungsalgorithmen zurückgreifen.

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    Wie kann Europa bei Künstlicher Intelligenz wettbewerbsfähig bleiben? Auch darüber diskutieren Regierungschefs, Experten und die KI-Branche in Paris. Eine Forderung: Deregulierung.11.02.2025 | 2:31 min

    ChatGPT: Unter Studenten sehr beliebt

    Nur wenige Bildungseinrichtungen sind so weit wie die IU. Viele Studierende können keinen maßgeschneiderten KI-Chatbot nutzen - dafür aber allgemeine KI-Modelle, die beispielsweise bei der Recherche oder der Texterstellung helfen können.
    Eine bereits im März 2024 veröffentlichte Studie ergab: Fast zwei Drittel der Studierenden arbeiten bereits mit ChatGPT.
    Anwendung von ChatGPT unter Studierenden

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    TU München: Konzept für KI-Chatbot in der Lehre

    Die TU München bietet ihren Studierenden den KI-Chatbot "Iris" an, der etwa bei kniffligen Programmieraufgaben helfen kann, indem er nicht direkt die Lösung verrät, sondern Denkanstöße gibt. Studentin Anna Lottner sagt, sie verwende den Chatbot, wenn sie bei einem Problem nicht weiterkomme.

    Dadurch kann ich halt effizienter und auch schneller arbeiten.

    Anna Lottner, Studentin an der TU München

    "Iris" basiere auf ChatGPT von OpenAI und habe zum Ziel, "den Studierenden möglichst individuelle Hilfestellungen beim Lösen von Übungsaufgaben zu geben", heißt es von der TU. Eine interne Studie zeigt: Die Studierenden schätzen den Chatbot als "wertvolle Unterstützung" - die meisten aber nur als Ergänzung zu menschlichen Tutoren. Die Universität versuche das Thema KI "sehr positiv zu begleiten", betont Alexander Braun, Vizepräsident für Digitalisierung und IT-Systeme an der TU. Wichtig sei dennoch, dass Nutzer KI-Modelle "kritisch bewerten und evaluieren" können.

    Und wenn ich das gelernt habe - und genau darin sehen wir unsere Aufgabe als Universität - dann habe ich mit einer KI ein enorm hilfreiches Werkzeug.

    Alexander Braun, Vizepräsident für Digitalisierung und IT-Systeme an der TU München

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    Quelle: dpa

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