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Gesponsorte Treffen mit SPD-Spitzenpolitikern

Verdacht auf Verstoß gegen das Parteiengesetz

Heiko Maas, SPD, Bundesjustizminister

Die SPD-Bundestagsfraktion will per Gesetz schärfere Regeln für die Arbeit von Lobbyisten in der Bundespolitik verankern. Anlass für den Gesetzentwurf war die von Frontal 21 im November 2016 aufgedeckte Sponsoring-Affäre "Rent-a-Sozi".

Datum:
22.11.2016
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Unternehmen und Lobbygruppen können gegen Zahlung von 3000 bis 7000 Euro Treffen mit SPD-Ministern, Staatssekretären und Parteifunktionären buchen. Dazu liegen Frontal 21 Angebote und ein Kostenvoranschlag zu sogenannten "vorwärts"-Gesprächen vor.

Organisiert werden die Termine mit SPD-Spitzenpolitikern über die SPD-Agentur Network Media GmbH (NWMD). Nach Frontal 21-Recherchen nahmen Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann, SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Matthias Machnig und der SPD-Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil an "vorwärts"-Gesprächen teil.

Nach Frontal 21-Beitrag: SPD stoppt gesponserte "vorwärts"-Gespräche

Verstoß gegen das Parteienrecht?

Der Strafrechtler Frank Saliger, Professor an der Universität München, fordert eine umgehende Prüfung der gesponserten "vorwärts"-Gespräche. Im Frontal 21-Interview sagte er: "Es liegt der Anfangsverdacht vor, dass hier gegen das Parteienrecht verstoßen worden ist."

Für Sophie Schönberger, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Konstanz ist diese Art des Sponsorings "eine sehr intelligente, aber im Endeffekt trotzdem rechtswidrige Umgehung der Parteienfinanzierung." Es könne nicht sein, dass "durch die Zwischenschaltung einer GmbH legal wird, was sonst illegal wäre."

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erklärte gegenüber Frontal 21, er wisse nichts von solchen gesponserten Gesprächen. Er habe daran nie teilgenommen. Der Vorgang erinnert an die "Rent-a-Rüttgers"-Affäre. 2010 war öffentlich geworden, dass die CDU in Nordrhein-Westfalen Unternehmen gegen Geld exklusive Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers anbot. Diese Praxis kritisierte der SPD-Vorsitzende scharf. "Wir verkaufen keine Amtsträger und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld haben", sagte Gabriel damals. "Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie."

SPD-Agentur bestätigt gesponserte Gespräche

Die SPD-Agentur NWMD bestätigte auf ZDF-Anfrage, dass gesponserte Gespräche mit SPD-Spitzenpolitikern stattgefunden haben. Die genaue Anzahl will die Agentur jedoch nicht nennen. In den vergangenen fünf Jahren habe es im Schnitt "weniger als zehn Gespräche dieser Art pro Jahr gegeben“, schreibt die Agentur. Auf Nachfrage von Frontal 21 erklärt die Agentur: "Weder der vorwärts noch NWMD 'verkaufen' Gesprächstermine mit Entscheidern gegen Geld. NWMD versucht, Partner zu finden, die jene Kosten tragen, die mit einer solchen Veranstaltung verbunden sind." Außerdem gäbe es auch Gespräche, die die „vorwärts“-Gruppe komplett finanziert. NWMD ist eine SPD-Tochterfirma, die unter dem Dach der SPD-geführten Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) agiert.

Nach Recherchen von Frontal 21 nahm Justizminister Heiko Maas an zwei "vorwärts"-Gesprächen teil, zuletzt am 12. Oktober 2016. Sponsor dieses Treffens zum Thema "Datenschutz in der digitalen Welt" war die niederländische Bank ING-DiBa. Er habe von einem Sponsoring nichts gewusst, sagte Maas gegenüber Frontal 21: "Die Frage, wie solch eine Veranstaltung zustande kommt, wer teilnimmt, wer sie organisiert und wer sie finanziert, ist jetzt nicht das Thema für mich." Zweck des Treffens sei ein Kennenlernen gewesen, teilte die ING-DiBa auf Nachfrage mit. Eine Gegenleistung des Ministers erwarte die Bank nicht.

Parlamentarischer Abend gegen Geld

Die Staats- und Verwaltungsrechtlerin Sophie Schönberger bewertet diese Sponsoringpraxis als rechtswidrig. "Das verstößt zum einen gegen die Transparenzpflichten des Grundgesetzes." Die Parteien müssten ihre Finanzen offenlegen und transparent machen. "Das tun sie nicht, wenn alles, was in den GmbHs passiert, letztlich geheim ist und auch vom Bundestagspräsidenten nicht geprüft wird.“ Schönberger sagte, die Chancengleichheit unter den Parteien sei nicht mehr gegeben, "wenn auf diese Art und Weise die Minister aus ihrer Amtsstellung heraus den Parteien finanzielle Vorteile verschaffen können."

Die SPD-Agentur NWMD bietet nach Frontal 21-Recherchen auch einen sogenannten parlamentarischen Abend gegen Geld an. Bei diesen Treffen sollten Mitglieder des Bundestages, deren Büroleiter sowie Abteilungs- und Referatsleiter aus verschiedenen Ministerien zugegen sein. Konkret liegt dem ZDF ein Angebot über 35.000 Euro vor. Michael Koß, Experte für Parteienfinanzierung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hält solche Angebote für problematisch. Hier würden Verwaltungspersonen oder Referatsleiter beworben. "Wer die direkt beeinflussen kann, der spart sich eine Menge Mühe. Die schreiben am Ende das Gesetz." Dagegen, dass sich Politiker und Verwaltungsbeamte Interessen anhörten, sei grundsätzlich nichts einzuwenden, führte Koß aus. "Dass dafür dann Geld bezahlt wird, Geld, dass vielleicht andere Interessen nicht haben, das ist sehr fragwürdig." Die NWMD teilte auf Nachfrage mit, dass "derartige Veranstaltungen nicht stattgefunden" hätten.

LobbyControl: "Schattenreich der Parteienfinanzierung"

Gegenüber Frontal 21 legte die SPD Teile ihrer Sponsoreneinnahmen offen. So kassierte die Partei allein auf ihrem letzten Parteitag im Dezember 2015 knapp 550.000 Euro von Sponsoren. Wer, wie viel zahlte, wollte die SPD "aus vertragsrechtlichen Gründen" nicht mitteilen. Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl sieht Parteisponsoring seit Jahren kritisch. Christina Deckwirth von LobbyControl fordert Transparenz. "Wir bewegen uns in dem Bereich des Parteisponsorings fast wie in einem Schattenreich der Parteienfinanzierung. Die Öffentlichkeit muss wissen, welche Gelder an Parteien fließen, um nachvollziehen zu können, ob solchen Geldflüssen auch politische Entscheidungen folgen."

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