Sie sind hier:

Steinmeier stand auf Geschenkeliste von Waffenhändler

Exklusiv-Recherche von Frontal21, Stern und CORRECTIV

Bildmontage: Präsentkorb und Frank-Walter Steinmeier
von Frederik Richter, Christian Rohde und Ulrich Stoll

Ein libanesischer Rüstungslobbyist hat in den vergangenen Jahren ein politisches Netzwerk in Berlin mit teuren Weingeschenken gepflegt. Er suchte damit bisher unbekannten Zugang zu hohen Beamten der Bundesregierung.

Datum:
24.09.2019
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Unterlagen aus dem Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe zeigen, dass auch der heutige Bundespräsident und ehemalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf den Empfängerlisten stand. Das ergibt eine gemeinsame Recherche von Frontal21, dem Stern und dem gemeinnützigen Recherchezentrum CORRECTIV.

Laut den Unterlagen beauftragte der libanesische Geschäftsmann Ahmad El Husseini das Kaufhaus, zu Weihnachten Präsentkörbe an seine politischen Kontakte in Berlin zu versenden. Auf den Empfängerlisten finden sich sechs Personen, neben Steinmeier auch Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie Ex-Innenminister Otto Schily und drei ehemalige hochrangige Beamte der Bundesregierung. Einer der Adressaten hat die Geschenklieferung bestätigt. Belegt sind Bestellungen zwischen Weihnachten 2010  und Weihnachten 2016. Demnach soll Steinmeier mindestens zweimal Weine und Champagner im Wert von mehr als 1.000 Euro erhalten haben.

Präsidialamt: Kein Einfluss auf politische Entscheidungen

Das Bundespräsidialamt teilte dazu mit, Steinmeier sei Herrn El Husseini vor mehr als zehn Jahren zwei- oder dreimal begegnet. Ob dieser später als Rüstungslobbyist tätig gewesen sei, wisse Steinmeier nicht. Es lasse sich nicht mehr nachvollziehen, ob El Husseini oder seine Firma "Präsentkörbe an das Abgeordnetenbüro von Frank-Walter Steinmeier schickte". Geschenke der Vorweihnachtszeit seien an Mitarbeiter oder an öffentliche Einrichtungen verteilt worden. "Herr El Husseini hat zu keiner Zeit Einfluss auf politische Positionierungen oder Entscheidungen des Abgeordneten oder Außenministers Frank-Walter Steinmeier gehabt." Fragen zu den Bestimmungen zum Umgang mit Geschenken ließ das Präsidialamt unbeantwortet. Ex-Kanzler Schröder und Ex-Innenminister Schily reagierten nicht auf Anfragen.

Herr El Husseini hat zu keiner Zeit Einfluss auf politische Positionierungen oder Entscheidungen des Abgeordneten oder Außenministers Frank-Walter Steinmeier gehabt.
Bundespräsidialamt

Wie mit Geschenken für Minister umzugehen ist, regelt das sogenannte Ministergesetz Paragraf 5 Absatz 3: "Ein Mitglied oder ehemaliges Mitglied der Bundesregierung, das ein Geschenk in Bezug auf sein Amt erhalten hat, teilt dies schriftlich dem Bundeskanzleramt mit." Dies gilt für Präsente teurer als 153 Euro. Auf Nachfrage teilte das Kanzleramt mit, keiner der drei Ex-SPD-Minister habe die Präsentkörbe angezeigt. Der Rechtskommentar zum Ministergesetz empfiehlt, Minister sollten auf Geschenke verzichten, selbst wenn sie rechtlich zulässig wären, "um negative politische Wirkungen zu vermeiden", "angesichts der Vorbilderwartung an die Inhaber hoher Staatsämter".

Timo Lange
Timo Lange, LobbyControl
Quelle: ZDF

Timo Lange von LobbyControl sagt, es habe offensichtlich nie eine Rückmeldung von den Beschenkten gegeben, dass diese sich klar abgrenzen wollen, um den Eindruck zu vermeiden, "dass ich empfänglich wäre für jegliche persönlichen Vorteile". Die gemeinsame Recherche von Frontal21, Stern und CORRECTIV hat keine Hinweise auf einen näheren Kontakt zwischen El Husseini und Steinmeier ergeben. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass Entscheidungen der Bundesregierung durch die Geschenke beeinflusst wurden.

Lobbynetzwerk bis ins Bundesverteidigungsministerium

Doch die Recherchen zeigen, dass El Husseini in Berlin ein Netzwerk pflegte, das bis ins Bundesverteidigungsministerium reichte. Danach trafen sich El Husseini beziehungsweise seine Abgesandten mit hohen Beamten im Verteidigungsministerium sowie im Auswärtigen Amt. Das Verteidigungsministerium teilte mit, man habe darüber keine Kenntnis. Das Auswärtige Amt lehnte einen Kommentar ab.

frontal - Lobbynetzwerk bis ins Bundesverteidigungsministerium 

Der libanesische Rüstungslobbyist Ahmad El Husseini unterhielt ein Netzwerk, dass offenbar bis in die Spitze des Bundesverteidigungsministeriums reichte.

Videolänge

Die Recherche förderte zudem Ungereimtheiten bei einem der größten deutschen Rüstungsgeschäfte der vergangenen zehn Jahre zutage. 2011 erhielt "thyssenkrupp" den Auftrag, zwei Fregatten im Wert von etwa zwei Milliarden Euro für Algerien zu bauen. Eine Tochterfirma des Konzerns in Singapur beauftragte eine Firma von El Husseini in Abu Dhabi damit, die Munition für die Fregatten zu vermitteln. Die Firma in Abu Dhabi kaufte das gesamte Munitionspaket in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro bei einem anderen deutschen Rüstungskonzern: Rheinmetall.

Ungereimtheiten bei milliardenschwerem Fregattendeal

Die Einschaltung von Mittelsmännern ist für Korruptionsexperten ein Warnsignal. "Das ist ein Klassiker, es sieht nach einem Umgehungsgeschäft aus", sagt Oliver Scholz, Professor an der Berliner Hochschule HTW. "Es gibt hier ganz viele Stellen, an denen Rechnungen geschrieben werden. Und wo Rechnungen geschrieben werden, hat man bei der Differenz zwischen Einkauf und Verkauf Manövriermasse, um Mittel für andere Zwecke zu generieren."

Fregatte
Milliardenschwerer Fregattendeal: Waffenhändler El Husseini mischte mit.
Quelle: ZDF

"thyssenkrupp" teilt dazu mit, bei der Einschaltung von Dritten könne "nicht-regelkonformes Verhalten" nie ausgeschlossen werden. Eine Überprüfung der Algerien-Geschäfte durch externe Anwälte habe jedoch keine konkreten Hinweise auf Korruption ergeben. Laut den Recherchen kamen allerdings knapp 50 Millionen Euro aus dem Geldkreislauf über Singapur und Abu Dhabi nicht bei Rheinmetall an. Insgesamt ist bei Geschäften zwischen El Husseini und Rheinmetall der Verbleib von über 60 Millionen Euro streitig. Ein Anwalt von El Husseini sowie ein Sprecher von Rheinmetall wollten sich dazu nicht äußern.

Die Bundesregierung förderte das Algerien-Geschäft von "thyssenkrupp" mit einer Exportbürgschaft, einer sogenannten Hermes-Bürgschaft. Der grüne Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner kritisiert die intransparenten Geldflüsse. Bei von der Bundesregierung geförderten Exporten "darf es keine dubiosen Geschäftsmodelle geben mit Zwischenhändlern oder mit Firmen, die im Ausland sitzen. Das sind ja alles Konstrukte", so Lindner, "die dazu dienen, deutsches Recht umgehen zu können".

Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.