Die Vereinbarungen der drei Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag zum Thema Inflation sind knapp. Auf insgesamt 177 Seiten nur drei Sätze:
„Preisstabilität ist elementar für den Wohlstand Europas. Die Sorgen der Menschen angesichts einer steigenden Inflation nehmen wir sehr ernst. Die EZB kann ihr Mandat, das vor allem dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet ist, dann am besten ausüben, wenn die Haushaltspolitik in der EU und in den Mitgliedsstaaten ihrer Verantwortung nachkommt.“
Klar, eine Inflationsrate von fünf Prozent ist keine Hyperinflation. Aber eben auch kein Grund für geldpolitisches Achselzucken. Und während Ökonomen und Analysten heftig darüber diskutieren, ob es sich bei den Preissteigerungen nur um einen kurzen Buckel oder den Beginn einer lang anhaltenden Epoche erodierender Kaufkraft handelt, spielte das Thema in der Hochphase des Bundestagswahlkampfes kaum eine Rolle. Weder Armin Laschet (CDU) noch Olaf Scholz (SPD) oder Annalena Baerbock (Grüne) ließen sich dazu vernehmen. Auch in den Wahlprogrammen der maßgeblichen Parteien tauchen Begriffe wie „Inflation“ oder „Preisstabilität“ praktisch nicht auf – oder wenn, dann nur als kurzer Satz. Trotzdem sind aus der Regierung Maßnahmen und Absichtsbekundungen zu vernehmen, die angesichts explodierender Energiepreise als „Inflationsausgleich“ wirken sollen.
Ein Überblick:
Das Bundeskabinett hat den sogenannten Heizkostenzuschuss beschlossen – eine Einmalzahlung an Geringverdiener, die Wohngeld, Bafög oder Ausbildungshilfen beziehen. Insgesamt könnten also mehr als zwei Millionen Menschen profitieren. Doch wieviel Geld gibt es genau? Der Ampel-Entwurf sieht für alleine wohnende Wohngeldbezieher etwa 135 Euro vor, für einen Zwei-Personen-Haushalt 175 Euro. Der Sozialverband VdK hat den geplanten Heizkostenzuschlag als unzureichend zurückgewiesen. Mit 135 Euro pro Person sei der vorgesehene Beitrag zu niedrig, kritisierte VdK-Präsidentin Verena Bentele im rbb-Inforadio. Zudem würden Menschen, die trotz geringem Einkommen keinen Anspruch auf Wohngeld hätten, nicht berücksichtigt. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) erwartet eine Auszahlung der Gelder im Sommer. Vorher muss noch der Bundestag zustimmen.
Im Koalitionsvertrag kündigten die Ampel-Parteien außerdem an, die EEG-Umlage zum 1. Januar 2023 zu beenden. Noch ist die Umlage Teil der Stromrechnung und erhöht damit die Energiekosten der Verbraucher. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will die Abschaffung beschleunigen. In der ARD sagte er, der Schritt könne „wenn es nach mir geht, schon in ganz wenigen Wochen“ erfolgen.“ Nach seiner Berechnung würde ein Privathaushalt ohne die EEG-Umlage um durchschnittlich 150 Euro im Jahr entlastet. Doch Experten bezweifeln das, so etwa Claudia Kemfert vom Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung: „Eine Absenkung oder Abschaffung der EEG-Umlage ist kein Garant für sinkende Strompreise.“ Die Umlage wird in Deutschland seit 2000 erhoben, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu finanzieren.
Ein weiteres Instrument der Bundesregierung stand bereits im Koalitionsvertrag: der Kindersofortzuschlag. Er soll armen Familien helfen, die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise besser zu verkraften. Noch ist nicht klar, wie hoch der Sofortzuschlag ausfallen und wann er kommen soll. Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) kündigte eine baldige Auszahlung an, man arbeite „mit Hochdruck“ an der Ausgestaltung.
Und dann gibt es noch immer die Pendlerpauschale. Mit ihr lassen sich Fahrtkosten für den Arbeitsweg steuerlich absetzen – unabhängig davon, mit welchem Verkehrsmittel man unterwegs ist. Bundesfinanzminister Lindner zeigt sich offen dafür, die Pauschale anzupassen. Auch die Union forderte jüngst eine Erhöhung. CSU-Chef Markus Söder sagte gegenüber dem Handelsblatt: „Die Pendlerpauschale sollte dynamisiert werden. Wenn der Spritpreis an der Zapfsäule um zehn Cent steigt, muss die Pauschale um einen Cent steigen.“ Die Grünen sind dagegen. Laut ihrer stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Lisa Paus helfe es nicht, jetzt an der Pendlerpauschale „rumzudoktern“. Nötig seien Hilfen, „die gezielt dort wirken, wo sie am meisten gebraucht werden und nicht weiter die fossile Inflation anheizen.“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Inflation auch in seiner ersten Regierungserklärung im Dezember aufgegriffen. „Gerade in Zeiten steigender Energiepreise werden wir darauf achten, dass Energie kein Luxusgut wird“, versprach Scholz. Und gegenüber der Bild-Zeitung versprach er, „wenn wir im nächsten Jahr keine Entspannung bei der Inflation verspüren, bleiben wir nicht untätig.“ Die Inflation bringt die Bundesregierung bei ihrem erklärten Ziel, das Klima zu schützen, in Bedrängnis. Klimaschutz kostet Geld. Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hatte eingeräumt, dass die Energiewende „anders als in Sonntagsreden behauptet nicht ohne Zumutungen abgehen“ werde. Die Kosten, zum Beispiel die CO2-Bepreisung, kommen für Verursacher und Verbraucher zur allgemeinen Teuerung noch on top. Das sogenannte „Klimageld“, das im Koalitionsvertrag angekündigt wird, könnte ein Ausgleich sein. Wann es kommt, ist offen.
Quellen: Red. / dpa / reuters / afp / ap / epd / kna
Bildquelle: Hauke-Christian Dittrich/dpa
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