Timo Werner schweigt - und trifft seit kurzem wieder. Pünktlich zum Endspurt in der Bundesliga und dem 18.30-Uhr-Spiel bei Borussia Mönchengladbach ist RB Leipzigs Stürmer so torgefährlich wie nie. Im Wechsel-Poker stärkt das seine Position.
Timo Werner redet eigentlich gern und viel. Doch seit nun vier Monaten ist er stumm - zumindest öffentlich. Kein TV-Interview, kein Gespräch in der Mixed Zone.
Wie eine Bewerbung
Die letzten Aussagen des 23-Jährigen datieren vom 19. Dezember 2018, als er direkt nach der 0:1-Niederlage beim FC Bayern München sagte: "Wenn man in Deutschland bei RB Leipzig spielt und in Deutschland bleiben will, hat man eigentlich nur einen Verein, wo man hinwechseln kann." Das klingt wie eine Bewerbung beim Rekordmeister.
Von da an zogen sich die Spekulationen über die Zukunft des 23-Jährigen ebenso zäh durch die Rückrunde wie seine Leistungen zu Beginn der zweiten Halbserie. Nach zwei grippalen Infekten traf Werner acht Bundesligapartien lang nicht.
Doch nun ist der Knoten geplatzt. In den vergangenen vier Matches war er an sechs Toren beteiligt; drei bereitete er vor, drei erzielte er selbst. In vier Spielen in Serie an mindestens einem Treffer beteiligt, das war dem Sprint-Stürmer in seiner Karriere zuvor noch nie gelungen. Dazu traf er beim Halbfinaleinzug der Leipziger im DFB-Pokal.
Formsteigerung dank Fitness und freiem Kopf
Die Formsteigerung hängt vor allem damit zusammen, dass der gebürtige Stuttgarter für sein laufintensives Spiel mit vielen Antritten zu 100 Prozent fit sein muss, um seine Schnelligkeits-Vorteile ausspielen und sich durchsetzen zu können. Das ist erst seit wenigen Wochen wieder der Fall.
Zuletzt im Spiel gegen den VfL Wolfsburg glänzte Timo Werner mit einem eher seltenen Kopfballtreffer und drei weiteren Großchancen, bei denen er sich stark behauptete, erfolgreich dribbelte und abschloss.
Doch wer Werner kennt, weiß auch, dass er als sensibler Typ im Kopf frei sein muss, um gute Leistungen abzuliefern. Das ist aktuell wieder der Fall - auch, weil er sich entschieden hat, seinen bis 2020 laufenden Vertrag in Leipzig nicht zu erneuern.
Abschied am Saisonende
RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff hatte am vergangenen Spieltag preisgegeben, dass Werner "eher nicht verlängern möchte". Zwar heißt es aus dem Klub, dass das noch nicht definitiv sei. Nach zdfsport.de-Informationen jedoch ist klar, dass Werner die Leipziger verlassen wird.
Offen hingegen ist noch wann und wohin. Neben den Münchner sollen auch der FC Liverpool und Paris St. Germain interessiert sein. Werner soll sich mittlerweile auch einen Wechsel ins Ausland vorstellen können, zumal mit Jürgen Klopp und Thomas Tuchel deutsche Trainer bei den Topklubs arbeiten. Mit allen drei interessierten Vereinen unterhält RB übrigens gute Beziehungen.
Bayerns beliebte Transfer-Masche
Doch Werner würde eigentlich gern bis 2020 bleiben, um noch vom künftigen Leipziger Trainer Julian Nagelsmann zu lernen. Für Rasenballsport allerdings kommt es nicht infrage, mit Werner in ein letztes Vertragsjahr zu gehen und ihn dann ablösefrei ziehen zu lassen - beliebte Transfer-Masche des FC Bayern, der für diese Fälle mit höheren Gehältern und Handgeldern lockt.
"So einen Fall wie mit Dortmund und Bayern bei Robert Lewandowski oder zwischen Schalke und Bayern bei Leon Goretzka wird es definitiv zwischen uns, Timo Werner und Bayern München nicht geben", hatte Ralf Rangnick deshalb gepoltert. Leipzigs Trainer und Sportdirektor drohte Werner gar mit der Tribüne, sollte er seinen Vertrag bis 2020 erfüllen wollen, was bei dem Torjäger und seinem Umfeld gar nicht gut ankam.
Absprache mit Berater Förster?
Aus Vereinskreisen hieß es, dass es angeblich eine klare Absprache zwischen Werners Berater Karlheinz Förster und RB Leipzig gäbe, die ausschließt, dass der Umworbene ohne neuen Kontrakt in ein letztes Arbeitsjahr geht. Nach zdfsport.de-Informationen jedoch wurde das so klar nicht vereinbart. Inzwischen ist davon keine Rede mehr - offenbar ein Missverständnis.
Fakt ist: Um sich eine bessere Ausgangsposition im Poker zu verschaffen, hätte RB 2018 mit Werner verlängern müssen, was Rangnick und Mintzlaff jedoch verpassten.
Wogen geglättet
Seither haben sich die Wogen geglättet - auch wenn es kein klärendes Gespräch zwischen Rangnick und Werner diesbezüglich gab. Doch Leipzigs Übergangs-Chefcoach gibt sich inzwischen deutlich moderater, mahnte gegenüber potenziellen Interessenten und Werner "Fairness und Angemessenheit" an.
Allerdings: Konkrete Gespräche oder offizielle Anfragen der interessierten Klubs, die bereit sind, die Ablöse von etwa 35 bis 40 Millionen Euro zu zahlen, gibt es derzeit noch nicht. Mit einer Entscheidung ist also erst nach Saisonende zu rechnen.
Timo Werner wird derweil in den verbleibenden fünf Ligaspielen sowie dem Halbfinale und möglichen Endspiel im Pokal wohl weiter schweigen - und im besten Falle Tore für sich sprechen lassen, die RB Leipzig in die Champions League führen. Mit dem siebten Auswärtssieg in Serie am Samstag in Gladbach wäre dies den Leipzigern kaum noch zu nehmen.