Lucien Favre wird im Sommer ein ehemaliger BVB-Trainer sein. Da lege ich mich fest. Spätestens am Saisonende kommt es zur Trennung - wenn nicht noch ein Wunder geschieht und Dortmund Deutscher Meister oder Champion-League-Sieger wird.
Immer das gleiche Phänomen
Der blutleere Auftritt beim Aus im DFB-Pokal gegen Werder Bremen und die 3:4-Pleite bei Bayer Leverkusen haben Vorgeschichten. So ist seit der Rückrunde der Vorsaison ein wiederkehrendes Phänomen: In entscheidenden Spielen und Spielphasen fehlt die körperliche Präsenz, fehlt der Wille gegen alle Widerstände anzukämpfen.
Die vielzitierte Mentalitätsdebatte lassen die Verantwortlichen weiterhin nicht zu, führt aber zum Kern des Problems. Wenn es in engen Spielen um alles geht, verfällt der BVB allzu schnell in passives Verhalten.
Fragwürdige Entscheidungen
Hinzu kommen fragwürdige Taktikumstellungen und Personalentscheidungen. Und das alles fällt in den Aufgabenbereich des Trainers, der während des Spiels oft lange braucht, um Veränderungen vorzunehmen, der in der Spielvorbereitung verkopft wirkt und der bei seinen Spielern das Feuer nicht entfachen kann.
In Spitzenspielen in dieser Saison (0:4 bei Bayern) wirken Trainer und Team ängstlich, in Duellen mit sogenannten kleinen Gegnern (3:3 gegen Paderborn) selbstzufrieden und Begegnungen, die auf der Kippe stehen (wie in Leverkusen) werden vergeigt. (weitere Beispiele: 2:0-Führung gegen Leipzig, Endstand: 3:3 / 1:0-Führung gegen Hoffenheim, Endstand 1:2).
Hinzu kommt: Es fehlt ein passendes und schlüssiges Konzept beim Verteidigen und im Spiel gegen den Ball. Dieses Problem ist ebenfalls nicht neu. Schon in der vergangenen Spielzeit wurde aufgrund von eklatanten Abwehrfehlern ein komfortabler Neun-Punkte-Vorsprung verspielt.
Anerkannter Fachmann
Damals wie heute (zu Recht) in der Kritik: Lucien Favre und sein Trainerteam. Der BVB-Coach ist ein anerkannter Fachmann, kann junge Spieler entwickeln und vermutlich noch vieles mehr.
Doch er hat es nicht geschafft, dem teuersten BVB-Kader aller Zeiten die nötige Wettkampfhärte, einen Plan B bei Rückständen und Konstanz zu vermitteln. Dortmund spielt an guten Tagen begeisternden Fußball; in engen Partien aber, in denen Grundtugenden gefordert sind, entwickelt sich das hochtalentierte Team zu einem hochgradig anfälligen Gebilde. Und der Perfektionist Favre verzweifelt immer mehr an dieser Fehlentwicklung.
Eine Chance schon verspielt
Nun ist eine Titelchance schon leichtfertig verspielt (Pokal) - und jetzt droht den Dortmundern sogar, dass sie den Anschluss an die Tabellenspitze komplett verlieren und im Achtelfinale der Champions League (gegen Paris St.Germain) ausscheiden.
Eine Saison ohne Titel aber wäre mit diesem Luxuskader (Witsel, Reus, Hakimi) und den großen Investitionen in neue Spieler (Hummels, Brandt, Can, Haaland) eine verlorene Saison.
Der seit Monaten umstrittene Favre hat zwar noch bis 2021 Vertrag, aber ich bin mir sicher, dass er am Saisonende gehen muss. Nicht auszuschließen, dass er sogar selbst hinschmeißt.
Eine zeitnahe Entlassung wird es aber wohl nicht geben: Nach meinen Informationen wird er am Freitag gegen Frankfurt definitiv auf der Bank sitzen.
Watzke, Zorc, Kehl, Sammer - ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses ambitionierte und ehrgeizige Quartett am Ende der Saison sagen wird: "Wieder kein Titel? Ach, das wird schon noch …" Auf der anderen Seite hat der BVB dieses Problem: Es gibt zu wenige Alternativen auf dem Trainermarkt.