Leipzig gilt als kommender Titelrivale für den FC Bayern. Das Topspiel könnte einen Eindruck vermitteln, wie weit sich RB den Münchnern bereits angenähert hat – und ob der neu formierte Meister erneut stabil genug ist für die eigenen Ansprüche.
Viel Respekt ließ sich bei den Trainern Julian Nagelsmann und Niko Kovac vernehmen, aber auch manch ein Zwischenton, der mehr erzählte über ihre Sicht auf das heutige Topspiel der Bundesliga zwischen RB Leipzig und Bayern München (18:30 Uhr/erste Free-TV-Bilder im aktuellen sportudio ab 23:30). Bei Nagelsmann zum Beispiel, als er über seine Hoffnung und Absicht sprach, sich "ein kleines Punktepolster" zu holen. Fünf Zähler Vorsprung hätte der Tabellenführer auf den FC Bayern, sollte seiner Mannschaft im vierten Ligaspiel der Saison der vierte Sieg gelingen. Nagelsmanns Einlassung ließ sich als Kampfansage deuten, als Zukunftsvision, den Abo-Meister dauerhaft herauszufordern und vielleicht gar zu entthronen.
Bei den Münchnern wird mit jedem weiteren Spiel gegen das erst 2009 gegründete Kickerkonstrukt deutlicher, dass sie die Leipziger als echten Herausforderer wahrnehmen. Einen "Abnutzungskampf" prognostizierte Niko Kovac, "es wird eng, es wird knapp", zumal sich Leipzig auch durch Nagelsmannn "auf jeden Fall weiterentwickelt hat".
Duellbilanz pro Bayern
Bayerns Leon Goretzka befand jüngst gar: "Sie haben eine große Qualität im Kader, einen super Trainer. Ich glaube, das ist schon die Mischung, die du brauchst, um Titel zu holen." Es gehe nun darum zu zeigen, "dass sie noch nicht so weit sind". FCB-Präsident Uli Hoeneß prognostizierte, RB werde "ein sehr schwerer Brocken". Übergeordnet erwartet Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, dass die Sachsen sich "in den kommenden Jahren in der Spitze der Liga etablieren".
Schon seit einiger Zeit gibt es die Prognose, dass die Neureichen von RB den Altreichen vom FCB lästig werden dürften. In der Vorsaison war das zwar nur bedingt der Fall, weil Leipzig im direkten Duell kein Tor gelang und nur ein Punktgewinn beim 0:0 daheim, während sich der FC Bayern zu Hause (1:0) und im Pokalfinale (3:0) gegen den Herausforderer durchsetzte.
Auch die Gesamtbilanz der bisherigen acht Vergleiche spricht mit sechs Siegen und nur einer Niederlage klar für die Münchner, trotz einiger wilder Schlagabtausche. Dennoch hat das heutige Aufeinandertreffen etwas von einem Blick in die Zukunft, verbunden mit der Frage, wie nah diese schon ist. Bei einer Niederlage stünde für die Bayern bereits in dieser Saison ein längeres Fernduell in Aussicht. "Jetzt heißt es, sich zu positionieren", gab Kovac deshalb in Auftrag.
Spiel mit Signalwirkung
Es ist für die Bayern ein Spiel, von dem schon ein Signal für die ganze Saison ausgehen könnte. Ein Sieg wäre in der ersten großen Standortbestimmung eine Bestärkung für die neu formierte Münchner Mannschaft vor Beginn der englischen Wochen. Auch mit einem Remis könnten sie in diesem Stabilitätstest leben. Bei einer Niederlage allerdings kämen die Bayern schon früh in eine ähnliche Drucksituation wie in der Vorsaison, als der BVB bis auf neun Punkte davonzog.
"Der Anbruch eines neuen Zeitalters naht", kommentierte die Süddeutsche Zeitung zuletzt bereits. Und auch Kovac hat mit seinen Einblicken aus seiner Zeit bei RB Salzburg schon in der vergangenen Saison geweissagt, dass sich Leipzig zu einem Dauerrivalen aufschwingen könnte. "Da steckt absolut Struktur dahinter. Es gibt viele Klubs, die zwar Geld haben, aber nichts auf die Reihe bekommen", lobte er damals und hob die gute konzeptionelle Arbeit "von oben bis unten" des weltumspannenden RB-Netzwerks hervor.
Nun sagte Kovac, Nagelsmann werde Leipzig mit seinem variablen Coaching "sicherlich besser machen". Aber auch schon gut genug in der Gegenwart? "Wir nehmen sie sehr ernst, zurecht, weil sie sind im Moment Erster", sagte Kovac und fügte lächelnd hinzu: "Nach dem Spieltag wollen wir es sein." Und außerdem: "Es ist nicht so, dass wir stehen bleiben und die anderen sich weiterentwickeln." Das klang wie eine respektvolle Kampfansage.