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Zwischen Einsichten und Ränkespielen

Gipfeltreffen beim DFB nach dem WM-Aus

Beim ersten Gipfeltreffen mit Bundestrainer Joachim Löw ging es nicht allein um Konsequenzen nach dem historischen WM-Aus. Auch die Bundesliga fühlt sich angesprochen. Im Hintergrund kämpfen noch zwei DFB-Funktionäre um den Machterhalt.

Joachim Löw (li.) und Reinhard Grindel
Joachim Löw (li.) und Reinhard Grindel (Archivbild)
Quelle: dpa

An den drückend heißen Sommertagen im Frankfurter Stadtwald erweckte die Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht gerade den Eindruck, als hätten hier den größten Sportverband mächtige Turbulenzen erfasst. Meist herrschte eine fast schon idyllische Ruhe, und die wenigen reservierten Parkplätze vor der Fensterfront wirkten verwaist, schließlich müssen auch hochrangige Funktionäre mal in den Urlaub fahren.

Der Fußball ist das letzte große Lagerfeuer, um das sich alle Teile der Gesellschaft versammeln.
Reinhard Grindel

Doch speziell für den eigentlich in Rotenburg an der Wümme beheimateten Präsidenten Reinhard Grindel dürfte sich der Erholungswert in Grenzen gehalten haben. Seit der Rückkehr aus den österreichischen Bergen kümmert sich der Verbandschef wieder darum, die Scherben aus der missratenen WM zusammenzukehren. Kurz vor dem Abflug nach Russland hatte der 56-Jährige in der "Rotenburger Rundschau" noch gesagt: "Der Fußball ist das letzte große Lagerfeuer, um das sich alle Teile der Gesellschaft versammeln. Insofern kann sich eine WM positiv auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirken."

Spaltung statt Zusammenhalt

Nun ist bekanntlich genau das Gegenteil passiert: Ausgerechnet die Fußball-Nationalmannschaft hat den Keil weiter vertieft, der seit 2015 die über ihre Integrationsfähigkeit streitende Gesellschaft mehr zu trennen als zu einen scheint. Spaltung statt Zusammenhalt: Für einen Präsidenten, der mit der misslungenen Moderation der Özil-Gündogan-Erdogan-Affäre seinen Teil beitrug und dann von der Gegenseite mit hanebüchenen Rassismus-Vorwürfen überschüttet wurde, wird das gefährlich, weil ihm im deutschen Fußball die Machtbasis fehlt. Und sich wegen seines Führungsstils und seiner Arbeitsbelastung ohnehin Kritik angesammelt hatte.

Aktuell steht die Aufarbeitung des WM-Versagens von Bundestrainer Joachim Löw im Fokus. Am Dienstag kamen in der Zentrale der Deutschen Fußball Liga (DFL) im Frankfurter Westend zunächst DFB-Spitze, die DFL-Kommission Fußball und fünf Führungskräfte aus der Bundesliga zusammen. Einig sind sich Verbände wie Vereine: Um beispielsweise das Nachwuchsproblem anzupacken, sind eher die Nachwuchsleistungszentren unter Hoheit der Klubs als die Juniorennationalmannschaften unter DFB-Obhut gefordert.

Alle sitzen bezüglich der Weiterentwicklung der Talente in einem Boot: Gegenseitige Schuldvorwürfe helfen kaum weiter, da sind sich Manager wie Fredi Bobic (Eintracht Frankfurt), Max Eberl (Borussia Mönchengladbach) oder Michael Preetz (Hertha BSC) einig. Dass viele Klubs bei der Suche nach entwicklungsfähigen Kickern in der Transferperiode vorwiegend im Ausland fündig wurden, ist ein weiteres Indiz für mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fußballs.

DFB-Boss unter Druck

In den Gesprächen zu notwendigen Veränderungen spielt jedoch auch der Überlebenskampf von Grindel eine Rolle. Wenn Löw mehr als zwei Monate nach dem WM-Ausscheiden am kommenden Freitag erst dem DFB-Präsidium seine Aufarbeitung vorstellt und diese dann am übernächsten Mittwoch der Öffentlichkeit erläutert, will auch der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete gut aussehen: als einer, der wieder seinen Laden im Griff hat. Sein Kardinalproblem: Der gebürtige Hamburger gilt weder als Vertreter der Amateure und erst recht nicht als Oberhaupt der Profis. Der eine ist DFB-Vize Rainer Koch, der andere DFL-Chef Christian Seifert.

Grindel überlegt sich nun jedes Manöver, um vor allem die Vergabe zur EM 2024 in einem Monat gegen den einzigen Mitbewerber Türkei nicht zu gefährden. An diesem Termin (24. September) hängt sein eigener Job. Jede Antwort, jede Aussage muss jetzt sitzen. Dass der DFB-Chef am vergangenen Wochenende weitere Schuldeingeständnisse getätigt, aber gleichzeitig auch den Manager Oliver Bierhoff angezählt hat, wirkte typisch: Da richtet einer seine eigene Haltung gerne nach der öffentlichen Meinung aus.

Mannschaft abgekoppelt

Muss wirklich der Verbandschef erfahren, dass Nationalspieler vor lauter Langeweile so lange im WM-Quartier in Watutinki an der Playstation daddeln, dass die sportliche Leitung im wahrsten Sinne des Wortes den Stecker zieht? Oder kümmert sich der Delegationsleiter nicht besser ums große Ganze? Dem Profifußball geht es nämlich in seiner Kritik eher darum, dass sich die Verselbstständigung der Vermarktungsmaschinerie Nationalmannschaft nicht weiter fortsetzt.

Im Grunde begann dieser Prozess bereits vor mehr als einem Jahrzehnt mit der Inthronisierung von Jürgen Klinsmann, und im Nachhinein fanden viele gut, dass Klinsmann und Bierhoff sich in einem gewissen Maße abkoppelten, um endlich durchzulüften. Nur irgendwann führte "die Mannschaft" - spätestens mit Erfindung dieses Markennamens - ein Eigenleben, das sich dem präsidialen Zugriff entzog.

Rolle des Generalsekretärs

Ungetrübt dürfte die Beziehung zwischen Grindel und dem bis 2024 gebundenen Bierhoff nicht mehr sein. Interessant ist die Rolle des öffentlich oft wenig beachteten Generalsekretärs Friedrich Curtius. Über den Schreibtisch des geschmeidigen Aufsteigers lief beispielsweise die Anfang des Jahres umgesetzte Strukturreform.

Der DFB mit seinen mehr als 400 Mitarbeitern ist neuerdings in vier Direktionen unterteilt. Ausgerechnet die wichtigste und stärkste Säule wackelt, weil Bierhoff als Verantwortlicher für Nationalmannschaften und Fußballentwicklung angezählt ist. Grindel hat dem 50-Jährigen nun unterstellt, mit der Aufgabenfülle möglicherweise überfordert zu sein - er selbst aber hat die von Curtius umgesetzte Umstrukturierung doch als "transparenten Prozess" gelobt, der eine moderne Arbeitswelt schafft, "in der der Sport noch stärker im Fokus steht." Offenbar ist nicht nur dieser Schuss nach hinten losgegangen.

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