Nach seinem Rücktritt als Trainer von Hertha BSC wird Jürgen Klinsmann nicht in den Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten zurückkehren. Das sagte Investor Lars Windhorst auf einer Pressekonferenz in Berlin.
"Traurig"
"Jürgen Klinsmann hat viel an seiner Glaubwürdigkeit verloren. Das ist wirklich traurig, aber wir müssen damit leben." Windhorst ließ allerdings offen, "ob wir in einigen Monaten in anderer Form auf ihn und seinen Rat zurückgreifen können. Ich schlage niemals Türen zu." Persönlich bedauerte der Geldgeber "es sehr, dass Jürgen Klinsmann uns sehr abrupt verlassen hat".
Klinsmann hatte am Dienstagvormittag völlig überraschend nach nur elf Wochen sein Trainer-Amt bei Hertha zur Verfügung gestellt und damit den Klub geschockt. Dabei hatte der 55-Jährige zunächst angekündigt, in das Aufsichtsgremium zurückkehren zu wollen. In einem Videochat am Mittwochabend äußerte er sich dann zurückhaltender und legte die Entscheidung in die Hände des Vereins.
- "Kein Zurück mehr für Klinsmann"
Der Rücktritt Jürgen Klinsmanns führt zu weiteren Konsequenzen für den Ex-Trainer. Thomas Skulski ordnet die weiteren Entscheidungen der Hertha-Führung ein.
Der Unternehmer stellte außerdem klar, dass sein Investment weiterhin "sehr, sehr langfristig angelegt" ist und "nicht für drei oder fünf Jahre". Daran ändere auch der überraschende Rücktritt von Klinsmann nichts. "Der Verein soll sich weiterentwickeln. Mit Augenmaß, mit langfristiger Perspektive", sagte Windhorst: "Wir werden weiter sehr motiviert und engagiert Hertha BSC begleiten. An den Plänen hat sich überhaupt nichts geändert."
Differenzen mit Preetz
Herthas Präsident Werner Gegenbauer zeigte sich ebenfalls enttäuscht. "Meine einzige klare Aussage dazu kann nur sein, dass Jürgen Klinsmann damit nicht nur Hertha BSC, sondern auch das gemeinsame Projekt verlassen hat", sagte er. Manager Michael Preetz bekräftigte, dass ihn der Rücktritt von Klinsmann total überrascht habe: "Ich bin schon einige Jahre im Fußball dabei, seit 1986, und habe viel erlebt. Dass, was am Dienstagmorgen passiert ist, war für mich in dieser Form auch neu, weil es mir und Hertha BSC keine Möglichkeit gelassen hat, in einen Austausch zu kommen."
Allerdings gab es schon seit Wochen hinter den Kulissen Meinungsverschiedenheiten zwischen Klinsmann und Manager Preetz. Dabei ging es vor allem um die zukünftigen Kompetenzen des Trainers. Klinsmann wollte mehr Macht und als Trainer länger bleiben. Als der Verein nicht einwilligte, kündigte er via Facebook nach nur elf Wochen schließlich seinen Rückzug an.
Kurzes Gastspiel
Nach eigener Aussage war Klinsmann im vergangenen Oktober von Windhorst angesprochen worden, ob er den Unternehmer in Fußballfragen unterstützen könne. Anfang November war der Weltmeister von 1990 durch die Tennor Holding des Geldgebers dann für einen Platz im Aufsichtsrat der GmbH & Co. KGaA benannt worden, nachdem diese ihre Anteile für insgesamt 224 Millionen Euro auf 49,9 Prozent aufgestockt hatte.
Dieses Amt ließ Klinsmann ruhen, als er knapp drei Wochen später den Cheftrainerposten übernahm. Der Aufsichtsrat der KGaA hat vergleichsweise geringe Befugnisse und ist beispielsweise nicht dafür zuständig, Transfers abzusegnen oder über die Geschäftsführung um Manager Michael Preetz zu entscheiden.
Nouri macht weiter
Via Internet-Botschaft hatte Klinsmann am Mittwochabend die Umstände seines plötzlichen Rücktritts als "fragwürdig" bezeichnet und sich bei den Fans entschuldigt. Gleichzeitig kritisierte er aber auch deutlich die Rolle von Manager Michael Preetz und begründete seinen Rücktritt mit dem Wunsch nach mehr Kompetenzen, den ihm der Klub verwehrt hatte. "Da haben wir uns aufgerieben in vielen, vielen Nebenkriegsschauplätzen."
Im Duell mit einem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf treten die Berliner am Samstag (15.30 Uhr) beim Schlusslicht SC Paderborn an. Dann werden die bisherigen Co-Trainer Alexander Nouri und Markus Feldhoff vorerst in der Verantwortung stehen. "Wir werden mit Nouri und Feldhoff und dem Trainerteam in die nächsten Wochen gehen. Sie verdienen die volle Unterstützung", sagte Hertha-Manager Michael Preetz in Berlin. "Wir hoffen und sind davon überzeugt, dass wir die nötigen Punkte holen werden."
... mit Material von dpa, sid