Darmstadt 98 ist ein Topkandidat für den Abstieg, das soll sich aber unter Torsten Frings ändern. Für den einstigen Nationalmannschafts-Kämpfer ist es die erste Station als Chefcoach. Nur als Retter sieht er sich nicht.
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Mit Willenskraft und Kampfgeist wie einst auf dem Platz geht Torsten Frings seine Herkulesaufgabe beim SV Darmstadt 98 an. Trotz der ziemlich hoffnungslosen Situation beim Bundesliga-Schlusslicht sieht der 40-Jährige gute Chancen auf den Klassenverbleib. «Ich glaube da hundertprozentig dran und bin hundertprozentig davon überzeugt, dass wir das mit der Mannschaft schaffen werden», sagte der ehemalige Fußball-Nationalspieler bei seiner Vorstellung am Donnerstag.
Keinen Retter gesucht
«Wir haben bewusst keinen Retter gesucht. Der SV Darmstadt 98 ist kein Rettungsfall!», erklärte gar Präsident Rüdiger Fritsch. Bei seiner ersten Station als Chefcoach trifft der frühere Assistent von Werder Bremen auf eine Mannschaft, die zuletzt achtmal in Serie verloren, in 16 Spielen nur elf Tore erzielt und oft nicht ihre Erstliga-Tauglichkeit nachgewiesen hat. «Wir haben den Glauben und den Mut, das anzupacken», versicherte Frings.
Bevor über Verstärkungen gesprochen wird, wolle er sich erst einmal den jetzigen Kader anschauen und jedem Profi eine Chance geben. An die bescheidenen Verhältnisse am Böllenfalltor konnte sich Frings schon mal gewöhnen: Der neue Hoffnungsträger nahm bei seiner ersten Pressekonferenz an einem abgenutzten Holztisch Platz - nicht wie sonst im Oberhaus auf einem ausladenden Podium - bevor er durch den engen Kabinengang verschwand.
Vertrag bis 2018
«Ich finde es aber total geil. Hier kommt man nicht her, weil das Trainingszentrum so schön ist, weil es so gemütlich ist. Man kommt hierher, um zu arbeiten», sagte er. Die «Lilien» waren zuletzt auch unter Interimscoach Ramon Berndroth dreimal punkt- und torlos geblieben. Frings erhielt als Nachfolger des beurlaubten Norbert Meier einen ligaunabhängigen Vertrag bis 2018.
Fritsch und die Klubführung setzen darauf, dass der zweimalige WM-Teilnehmer die Tugenden der Darmstädter wiederbelebt und so vielleicht ein zweites Wunder wie im vergangenen Jahr unter Ex-Trainer Dirk Schuster möglich ist. «Das ist für uns wichtig: Der Wille, die Leidenschaft und die Motivation», erklärte Fritsch. Frings soll auch für eine Weiterentwicklung sorgen: «Jeder hier ist überzeugt, dass ich nicht nur als Feuerwehrmann herkomme, sondern was aufbauen soll.»
Vom "Sommermärchen"-Held zum Cheftrainer
Der 78-malige Nationalspieler ist der erste der deutschen «Sommermärchen»-Helden von 2006, der als Cheftrainer bei einem Bundesliga-Klub arbeitet. «Das ist für mich auch was ganz Besonderes, eine Riesenchance», sagte er vor dem Trainingsauftakt am Dienstag. Frings hatte 2013 seine Profikarriere beendet, 2015 die Fußballlehrer-Lizenz erworben und in Bremen als Co-Trainer von Viktor Skripnik zunächst bei der zweiten Mannschaft und dann beim Bundesliga-Team von Werder gearbeitet. «Er ist bei der Ausbildung den harten und langen Weg gegangen, und am Ende hat er zu mir gesagt: 'Jetzt hab' ich den Führerschein, aber ich kann immer noch nicht richtig fahren», sagte DFB-Trainer-Ausbilder Frank Wormuth der «Süddeutschen Zeitung».
In Bremen hat er jedenfalls schon mal mitgesteuert, jetzt in Darmstadt hält er das Lenkrad alleine in der Hand. Zumal die «Lilien» darauf verzichten, einen Nachfolger von Holger Fach als Sportdirektor einzustellen. Einen Vorteil habe der langjährige Nebenmann von Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack: «Die Erwartungen sind nicht so groß, er kann nicht viel verlieren», sagte Wormuth. Frings drückte die Chancen auf ein drittes Bundesliga-Jahr der Südhessen dann noch einmal etwas dezidierter aus: «Wir 30 Leute plus die Geschäftsstelle plus Fans sind wahrscheinlich die einzigen, die daran glauben.»