Insgesamt 19 Jahre arbeitete der Deutsche Wolfgang Pichler für Schwedens Skijäger. Bei der Heim-WM in Östersund erlebt der 64-jährige Ruhpoldinger als Cheftrainer der Gastgeber ab Donnerstag (ARD) nun sein letztes Großereignis im Biathlon.
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Fast ein Drittel seines Lebens hat Wolfgang Pichler mit der Betreuung schwedischer Biathleten zugebracht - als überzeugter Ruhpoldinger muss der 64-Jährige seine tatsächliche und die Wahlheimat aber immer mal in Relation zueinander rücken. Etwa mit Blick auf das mittelschwedische Östersund, wo am Donnerstag mit der Mixed-Staffel das saisonale Highlight der Skijäger startet.
Wie eine Fußballmannschaft
Vor elf Jahren richtete Östersund zuletzt eine - unaufgeregte und überaus stimmungsvolle - Weltmeisterschaft aus. Nun sagt Pichler im Gespräch mit zdfsport.de über den Austragungsort: "Für Schweden gilt das zwar nicht, aber für deutsche Verhältnisse ist das eine Kleinstadt. Da kann man alles zu Fuß erreichen, das ist eine gute Mischung dort. Das wird bestimmt nicht schlecht."
Er selbst hat in der 50.000-Einwohner-Stadt am Storsjön-See in den letzten dreieinhalb Jahren als Chefcoach ein sehr effektives Zentrum des nationalen Biathlonsports aufgebaut. "Es gibt dort jetzt einen Pool an Trainern. Ich habe mein ganzes Team praktisch wie eine Fußballmannschaft organisiert, habe für alles Experten", erklärt Pichler.
Schluss nach 24 Jahren
In seiner ersten Trainer-Schleife in Schweden führte der Oberbayer die legendäre Magdalena Forsberg zwischen 1997 und 2002 zu sechs Siegen im Gesamt-Weltcup. Von 2011 bis 2014 war er im russischen Biathlon engagiert, konnte wegen der dortigen Doping-Problematik 2018 erst mit juristischer Hilfe zu den Spielen nach Pyeongchang reisen - wo seine schwedischen Skijäger mit dem Staffel-Triumph der Männer, dem Sieg von Hanna Öberg im Einzel und insgesamt vier Medaillen dann überraschende Erfolge feierten.
Wie ein Sechser im Lotto sei Olympia in Südkorea für ihn gewesen, im Grunde hätte er direkt danach aufhören sollen, scherzte Pichler bei der Vorbereitung auf diese Saison. Es wird seine letzte sein: Nach mehr als 24 Jahren als Biathloncoach, 19 davon in Schweden, ist Ende des Monats Schluss.
Ein "Schlag" für DSV-Männer
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"Ein Ergebnis wie in Pyeongchang wäre nicht mehr überraschend. Aber es ist schwer, das zu wiederholen", sagt Pichler vor den Wettkämpfen an der windanfälligen WM-Stätte in Östersund.
Gute Chancen räumt er vor allem den schwedischen Staffeln ein, schätzt bei den Frauen das deutsche Team um Vorzeigekraft Laura Dahlmeier am stärksten ein – und sagt über die männliche Equipe des DSV: "Dass Simon Schempp nicht dabei sein kann, ist ein herber Verlust und schon ein Schlag für die deutschen Männer."
Bö oder doch Fourcade?
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In deren Rennen wird besonders spannend zu beobachten sein, ob der Norweger Johannes Thingnes Bö, der diesen Winter bislang extrem dominierte, seine One-Man-Show auch bei der WM fortführt.
Oder ob ihm der Franzose Martin Fourcade, der die beiden Übersee-Weltcups im Februar zu Gunsten eines zusätzlichen Trainingsblocks ausließ, nach dem Ende seiner Alleinherrschaft vor allem läuferisch wieder Paroli bieten kann.
Dahlmeiers gebremste Angriffslust
Auf DSV-Seite warnt Björn Weisheit davor, einen vergleichbaren Goldregen wie bei den letzten Titelkämpfen vor zwei Jahren (sieben Siege, dazu einmal Silber) zu erwarten. "Da Östersund an sich ein gutes Pflaster für uns ist, sollten wir an einem guten Tag sowohl bei den Damen als auch bei den Herren zu den Medaillenkandidaten gehören", glaubt der Sportliche Leiter aber schon.
Die größten Hoffnungen ruhen einmal mehr auf Laura Dahlmeier, 2017 in Hochfilzen fünffache Weltmeisterin. Wenn sie in dieser aufgrund von Verletzungen und Infekten unruhigen Saison mal mit von der Partie war, mischte die Skijägerin vom SC Partenkirchen auch meistens ganz vorne mit.
So, dass die 25-Jährige vor dem ersten Start in Östersund nun mit leicht gebremster Angriffslust sagt: Für was es in diesem Jahr reicht, kann ich nicht genau beurteilen. Die WM wird eine verdammt schwierige Aufgabe. Aber klar - mein Ziel ist es, wieder ganz vorne mit anzukommen."