Quelle: imago
Wer dabei war, als die Eishockey-Weltmeisterschaft zuletzt in Deutschland gastierte, schwärmt noch heute davon. "2010 war ein gutes Jahr mit großartigen Erinnerungen", sagt etwa der damalige DEB-Angreifer John Tripp. Nicht zuletzt erinnert er sich an den Zuschauer-Weltrekord im Eishockey, "die Erfahrung auf Schalke vor fast 78.000 Zuschauern". Genau 77.803 Fans kamen damals zum Auftaktspiel der Eishockey-WM. Und passend zu der Rekordkulisse schaffte die deutsche Auswahl auch noch einen 2:1-Sieg über Favorit USA.
Der deutschen Mannschaft gelang bei der WM 2010 überhaupt Herausragendes. Als großer Außenseiter erreichte das DEB-Team sensationell das Halbfinale. Doch es folgte ein Sommer der schlechten Nachrichten: Mit den Frankfurt Lions und den Kassel Huskies mussten zwei DEL-Teams wegen Finanzproblemen die Liga verlassen, weitere Klubs wie die traditionsreichen Kölner Haie blickten zeitweise in den Abgrund. Ernüchterung statt WM-Euphorie.
Aus Versäumnissen gelernt
Quelle: dpa
Glaubt man dem heutigen DEB-Präsidenten Franz Reindl, lag das jedoch nicht allein an den finanziellen Turbulenzen der Klubs: "Damals wurde versäumt, Nutzen aus der WM zu ziehen. Es fehlte an langfristigen Konzepten, das geweckte Interesse an der Sportart Eishockey in Deutschland zu festigen." Reindl versichert: "Diesmal sind wir vorbereitet."
Tatsächlich präsentiert sich das deutsche Eishockey 2017 in einem anderen Zustand als bei der letzten WM in Deutschland vor sieben Jahren. Unter anderem legte der seit drei Jahren amtierende DEB-Präsident Reindl die jahrzehntelangen Streitigkeiten mit der Profiliga bei und integrierte die vormals unabhängig organisierten Profivereine wieder in den Verband. Diese zahlen nun Mitgliedsbeiträge an den DEB, der damit nicht nur seine Finanznöte beseitigte, sondern auch massiv in die Ausbildung des Eishockey-Nachwuchses in ganz Deutschland investieren konnte.
Fokus auf Eishockey-Nachwuchs
Ein umfassendes Programm mit dem Titel "Powerplay 2026" soll dafür sorgen, dass die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft mittelfristig als ernsthafter Medaillenkandidat zu Weltmeisterschaften fährt. Angesichts der notorischen Streitigkeiten und der Reformunfähigkeit im deutschen Eishockey wurden die Reindl-Maßnahmen auch schon als "Revolution" bezeichnet.
"Die Änderungen waren notwendig", findet Ex-Nationalspieler Tripp, der aus seinem Geburtsland Kanada ein ungleich professionelleres Ausbildungssystem kennt: "Die Zeit mit den jungen Spielern gut zu nutzen, kann einen positiven Effekt auf die nächsten Generationen junger Eishockeyspieler haben."
Unter Sturm läuft es
Auch bei der Besetzung des Bundestrainerpostens bewies Reindl Geschick und gewann vor knapp zwei Jahren den ehemaligen NHL-Star Marco Sturm als neuen Chefcoach. Seither läuft es beim DEB-Team: Im Vorjahr gelang der Einzug ins WM-Viertelfinale und auch die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2018 meisterte die deutsche Auswahl.„Marco Sturm findet den richtigen Weg“, so Reindl. „Er bindet herausragende Spielerpersönlichkeiten aus der NHL, DEL und andere in die Nationalmannschaft ein und formt aus ihnen eine kompakte Mannschaft.“
Nun ist es an den Spielern, die große Chance zu nutzen, die die Heim-WM (5. bis 21. Mai) für den Eishockeysport in Deutschland bietet. Auf eine Wiederholung des Halbfinal-Einzugs von 2010 wagt Reindl jedoch derzeit noch nicht zu hoffen: „Das Viertelfinale wäre ein Traum, realistisch gesehen wird das hart.“