Wenn jeder Zuschauer zählt: Während für die Branchengrößen der Fußball-Bundesliga Verluste aus Spielen vor leeren Rängen zu verkraften sind, sehen unterklassige Vereine ohne Ticketeinkünfte ihre Existenz gefährdet. Zwei Drittliga-Spieltage wurden verschoben.
Am Ende dürfte die Sache nicht mehr sein als ein aufmunternder Zwischenruf. Weil die wachsende Zahl der "Geisterspiele" auch Fans betrifft, schlug Stefan Roßkopf, Pressesprecher des Drittligisten 1. FC Kaiserslautern, vor, jeder Klub möge seinen prominentesten "Allesfahrer" mit einem Presseausweis ausstatten.
"Allesfahrer" sind Anhänger, die zu jedem Spiel reisen, ob Heimspiel oder Auswärtspartie. Der Presseausweis würde für den treuen Anhänger den Einlass ins Stadion ermöglichen, obwohl Zuschauer wegen der Corona-Virus-Krise in den meisten Bundesliga-Arenen ausgeschlossen wurden.
Amateurklubs schlagen Alarm
Wie der FCK wären wohl die meisten Klubs froh, wenn das Problem, Spiele ohne Zuschauer austragen zu müssen, damit erledigt wäre.
Während sich die Verluste durch Ticketverkäufe bei Bundesliga- und Zweitligavereinen zwischen 500.000 Euro und 3,5 Millionen Euro bewegen und zähneknirschend zu stemmen wären, schlagen Vereine der unterklassigen Ligen Alarm.
Existenzbedrohender Einnahmeverlust
Bei Branchengrößen wie Borussia Dortmund decken Spieltags-Umsätze (Tickets, Catering, Fanartikel) nur rund 12,9 Prozent des Etats ab. In der zweiten Liga sind es im Durchschnitt 16,8 Prozent.
Dortmund kann die Verluste oder Rückzahlungen über eine Versicherung abfangen. Andere, wie Werder Bremen, haben keine Absicherung, die Verluste durch Seuchen und Epidemien abdeckt.
Ab der 3. Liga wächst sich die Sache jedoch zu einem existenzbedrohenden Problem aus.
Lieber Spielverlegung als "Geisterspiel"
Markus Kompp, Geschäftsführer des Drittligaklubs SV Waldhof Mannheim, bringt die Sache auf den Punkt. "Es gibt Drittligavereine, bei denen es Spitz auf Knopf zugeht und jeder einzelne Zuschauer zählt."
Deshalb votieren unterklassige Klubs dafür, Spieltage zu verlegen statt Spiele vor leeren Rängen auszutragen. Der Westdeutsche Fußballverband etwa kündigte an, auf "Geisterspiele" zu verzichten und stattdessen auf Verlegungen zu setzen.
-
40 Prozent über Zuschauer
"Sollten wir wirklich ohne Zuschauer spielen müssen, wäre das brutal,“ sagt Ex-Profi Thomas Sobotzik, Geschäftsführer des Regionalligisten Kickers Offenbach. Denn den rund zehn Prozent Budget-Anteil der Ticketeinnahmen bei Erstligaklubs stehen satte 40 Prozent in Offenbach entgegen. "Das ist eine Existenzfrage", sagt der ehemalige Eintracht-Frankfurt-Profi Sobotzik.
Während sich die DFB-Pokalüberraschung 1. FC Saarbrücken nach dem Halbfinaleinzug über einen Geldregen von rund fünf Millionen Euro freuen kann, rufen andere bereits nach Hilfen durch den Verband.
Die Saison vorzeitig zu beenden, wie etwa in der Deutsche Eishockey-Liga, sei keine Option, mahnen manche und befürchten apokalyptische Auswirkungen.
Nur an Spieltagen brummt das Geschäft
Marcus Uhlig, Geschäftsführer des Viertligisten Rot-Weiss Essen, sieht die Abhängigkeit vom Zuschauer mit jeder Klasse nach unten wachsen.
Der Zuschauerschnitt beim Regionalligisten liegt bei über 10.000. "Unser Fan-Shop ist an jedem Spieltag brechend voll", sagt Uhlig und verweist nichtzuletzt auf den Konsum von Würsten und Bier. "Wir haben den höchsten Bierumsatz aller Klubs", versichert er.