Nach 10 Jahren feiert die Deutschland-Tour ein Comeback. So lange fehlte es hierzulande an einem Etappenrennen der höchsten Güteklasse. 2008 hatten viele Dopingfälle dazu geführt, dass das Interesse von Öffentlichkeit und Sponsoren auf ein Minimum geschrumpft war. Nun also der Neustart.
Die Erfolge deutscher Profis in letzter Zeit, überwiegend erzielt in Sprintankünften, aber auch bei einigen Klassikern, haben gefruchtet. Es gibt bereits wieder zwei deutsche Mannschaften in der World Tour, der höchsten Radsport-Liga, warum also nicht auch wieder ein deutsches Mehrtagesrennen von Rang.
Eher eine Südwest-Rundfahrt
Es ist ein vorsichtiger Wiederbeginn. Der internationale Wettkampfkalender ist voll. Das Interesse der Kommunen, die Bereitschaft der Bundesländer zur Verkehrssicherung noch nicht überall gleichermaßen ausgeprägt. So ist die erste Deutschland-Tour neuer Zeitrechnung noch kurz (vier Etappen von Donnerstag bis Sonntag) und eher eine Südwest-Rundfahrt.
Die Etappenorte Koblenz, Bonn, Trier, Merzig, Lorsch und Stuttgart liegen in geographischer Nähe zu den Radsport-Nationen im Westen, Frankreich und den Benelux-Staaten. Auch der Organisator stammt von dort: Die Amaury Sport Organisation, kurz A.S.O., besitzt das nötige Knowhow, richtet sie doch das weltgrößte Rennen aus, die Tour de France, und hat viele weitere Rennen vor dem Aussterben bewahrt. Eine professionelle Abwicklung bis hin zu Fernsehbildern von höchster Qualität ist dadurch gewährleistet.
Kittel, Greipel und Degenkolb dabei
Durch die Zusage von Geraint Thomas und Tom Dumoulin erhält das Rennen internationalen Glanz. Die Erstplatzierten der Tour de France wollen durch viele Rennen in dieser Spätphase der Saison ihre Form aufbauen, mit Blickrichtung WM Innsbruck in der letzten Septemberwoche. Die Deutschland-Tour bildet dazu einen passenden Auftakt.
Ansonsten lässt es sich kein deutscher Sprinter von Rang nehmen, beim Heimspiel zu starten: Die Arrivierten Kittel, Greipel und auch Degenkolb blicken auf eine Saison mit wechselnden Erfolgen zurück. Vor allem Marcel Kittel will zurück in die Erfolgsspur, die er 2018 nur allzu oft verlassen hat. Doch die junge Sprintergeneration, vertreten durch den sehr erfolgreichen Pascal Ackermann (Deutscher Meister und Etappensieger bei einigen World Tour Rennen) steht schon in den Startlöchern.
ZDF übeträgt am Samstag
Darüber hinaus ist es auch nicht immer garantiert, dass es zu Sprintankünften eines größeren Feldes kommen wird. Die Streckenplaner um Ex-Profi Fabian Wegmann haben einen Kurs in die deutsche Mittelgebirgslandschaft gelegt, der besonders auf der zweiten und dritten Etappe eher etwas ist für Klassikerfahrer, die sich in den belgischen Ardennen wohlfühlen. Diese sind ja auch nicht allzu weit entfernt. Von Trier nach Merzig sind es nur 50 Kilometer auf direktem Weg. Durch die verschlungene Wegführung mit einigen steilen Rampen aus dem Saartal hinauf werden daraus 177 Kilometer mit nahezu 3000 Höhenmetern.
Nach dieser dritten Etappe am Samstag, 14:30-17:00 Uhr live in ZDF SPORTextra, könnte der Gesamtsieger der Tour feststehen. Vielleicht heißt der ja dann Maximilian Schachmann. Der junge Berliner in Diensten eines sehr erfolgreichen belgischen Rennstalls scheint von allen deutschen Profis derzeit am ehesten in der Lage, auch bei mehrtägigen Rundfahrten weit vorne zu landen.