Katja Seizinger, Regina Häusl, Hilde Gerg, Maria Höfl-Riesch, Viktoria Rebensburg - diese fünf Damen beherrschen in den vergangenen Jahren aus deutscher Sicht die Speed-Disziplinen. In diesem Winter schickt sich eine 23-Jährige an, in diese Phalanx einzubrechen: Kira Weidle.
Am Wochenende gastiert der alpine Weltcup in Sotschi. Der Super G am Samstag ist abgesagt worden. Für Sonntag (Start 8.30 Uhr) ist ein weiterer Super G geplant (ZDF-Livestream ab 8.20 Uhr).
Weidle ist Dauergast in den Top-Ten
Es ist Mitte Januar 2018. Die deutschen Olympiateilnehmer versammeln sich im Münchner Postpalast zur Einkleidung für die Winterspiele in Pyeongchang. Während die Athleten um die Ausgabestationen wuseln, versuchen Journalisten von den Stars der Szene letzte Statements und Eindrücke vor dem Abflug nach Südkorea zu erhaschen. Um Kira Weidle ist dagegen alles ruhig. Denn das Küken der DSV-Mannschaft hat sich etwas überraschend durch einen achten Platz erstmals für Olympia qualifiziert. Ihre Nominierung bestätigt sie später mit Rang elf in der olympischen Abfahrt.
Ein Jahr später hat sich einiges verändert. Weidle, mittlerweile zweimal auf dem Podest und Dauergast in den Top-Ten, reist als Geheimfavoritin zur Ski-WM in Are. Als 13. in der Abfahrt und 18. im Super-G kann sie die Erwartungen zwar nicht erfüllen, dennoch ist sie das deutsche Speedgesicht der Zukunft. Ihr WM-Fazit: "Manchmal gewinnt man und manchmal lernt man dazu."
Schwäbisch und bayrisch im Repertoire
In Stuttgart feiern sie Weidle als eine der ihren, schließlich ist sie dort geboren. Heimisch fühlt sich das Talent aber in Starnberg bei München, dort lebt sie seit 17 Jahren.
Sprachlich kann sie alle Fanlager bedienen, denn Weidle beherrscht beide Dialekte. Das Skifahren erlernt sie aber weder auf der Schwäbischen Alb noch im nahen Garmisch, sondern im österreichischen Seefeld.
Ihr Potenzial kündigt sie mit Abfahrtsbronze bei der Junioren-WM 2017 an, in dieser Saison steht sie im Abfahrtsweltcup aktuell auf Rang vier. Unter den besten 20 ist mit der Italienerin Nicol Delago nur noch eine Athletin, die ebenfalls dem 96er-Jahrgang entspringt. "Im Abfahrtssport braucht man Zeit", sagt Damentrainer Jürgen Graller. "Aber Kira hat schon gezeigt, was sie kann."
Weltcup in Sotschi ohne Rebensburg
In Sotschi gehören neben ihr noch Patrizia Dorsch, Ann-Katrin Magg und Michaela Wenig zum Aufgebot des Deutschen Skiverbands. Viktoria Rebensburg hingegen verzichtet auf die Russland-Reise und bereitet sich am Sudelfeld auf den nächsten Riesenslalom in Spindlermühle (8. März) vor. Auch Doppelweltmeisterin Mikaela Shiffrin verzichtet auf die Rennen in Rosa Khutor und konzentriert sich auf die Aufgaben in Tschechien. "Ausruhen, erholen und dann für die nächsten technischen Rennen trainieren", stünden auf ihrem Programm.
Auch wegen Rebensburgs Abwesenheit setzt Cheftrainer Graller voll auf Weidle. "Kira kennt die Strecke bereits von den Juniorenweltmeisterschaften. Für alle anderen ist sie neu und unbekannt", sagt der Österreicher. Die 23-Jährige selbst dürfte gemischte Erinnerungen an ihren ersten Sotschi-Auftritt vor drei Jahren haben. Im Super-G schied sie aus, in der Abfahrt wurde sie dann aber Neunte.
Gute Chancen aufs Treppchen
Vor sieben Jahren gastiert der Weltcup bereits einmal für eine vorolympische Premiere im Kaukasus, rund 100 km von der Olympiastadt Sotschi entfernt. Die Besetzung des Siegerpodests von damals: Maria Höfl-Riesch, Elisabeth Görgl, Lindsey Vonn. Alle drei sind heute nicht mehr aktiv. Die Chancen für Kira Weidle, in Sotschi ebenfalls einmal auf dem Treppchen stehen zu können, sind nicht schlecht, da der Ort in den kommenden Jahren zum festen Bestandteil des Rennkalenders werden soll.