Es hat nicht sollen sein mit dem ersten WM-Ticket - Kanada erwies sich in der Qualifikation beim 10:29 (7:10) als zu stark für die deutsche Rugby-Auswahl. Es wäre ein Meilenstein gewesen für den Sport in Deutschland, dessen Entwicklung Schritt für Schritt auf nachhaltigere Beine gestellt werden soll.
Trotz der Niederlage gegen den Favoriten aus Kanada überzeugte Deutschland zuletzt. Denn schon als Außenseiter im Spiel am vergangenen Sonntag gegen Hongkong siegte Deutschland souverän mit 26:9.
Die momentane Stärke der deutschen Auswahl fußt auf mehreren Säulen. Zum einen spielen mittlerweile viele deutsche Nationalspieler bei Profi-Klubs im Ausland. Erste-Reihe-Stürmer Julius Nostadt, Gedrängehalb Tim Menzel und Spielmacher Christopher Hilsenbeck sind als Profis in Frankreichs zweiter Liga angestellt.
Das Trio stammt vom Heidelberger Verein TSV Handschuhsheim und hat schon im Teenager-Alter den Sprung nach Frankreich gewagt.
Jugend-Akademien in Frankreich
Dort betreiben die 30 Erst- und Zweitligisten Jugend-Akademien nach den Vorgaben des französischen Verbands FFR, in denen der Rugby-Nachwuchs unter professionellen Bedingungen die Grundlagen des körperlich und taktisch anspruchsvollen Spiels vermittelt bekommt. Menzel und Hilsenbeck landeten über Umwege beim bretonischen RC Vannes und bilden dort nun regelmäßig vor 10.000 Zuschauern im heimischen Stade de la Rabine das sogenannte „Scharnier“, was die beiden Kreativ-Positionen neun und zehn umfasst.
Ein deutscher Spielmacher in Frankreich
Dass ein deutscher Spieler die komplizierte Spielmacher-Position bei einem ambitionierten Profi-Klub bekleidet, ist für die Franzosen ein Novum und auch Resultat der guten Rugby-Ausbildung, die die gebürtigen Heidelberger in Frankreich genossen haben. Denn gerade als Zehner muss man im Rugby die Feinheiten des für ungeübte Augen teils chaotisch wirkenden Spiels verinnerlicht haben. Für Hilsenbeck selbst war früh klar, dass ihm nur ein Wechsel nach Frankreich den Traum vom Rugby-Profitum erfüllen könnte.
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Eine weitere Säule des deutschen Erfolgs sind Spieler aus Rugby-Kernländern mit deutschen Wurzeln. Kurt Haupt beispielsweise, der für die deutsche Auswahl im Auftaktspiel den so wichtigen ersten Versuch gelegt hatte, ist Südafrikaner mit deutschen Eltern. Genauso wie Kapitän Michael Poppmeier, Dritte-Reihe-Stürmer Sebastian Ferreira oder Außendreiviertel Marcel Coetzee hat Haupt seine Rugby-Ausbildung im Land des zweimaligen Weltmeisters genossen, wovon die deutsche Mannschaft nun immens profitiert.
Von Legionären abhängig
Momentan ist die DRV-Auswahl noch von Legionären und deutschstämmigen Profis abhängig. Denn das Spielniveau der deutschen Rugby-Bundesliga bereitet bisher nur ungenügend auf die Härte und Schnelligkeit auf dem internationalen Parkett vor, wie auch Nationaltrainer Mike Ford betont, der schon als Co-Trainer von Irland und England an Rugby-Weltmeisterschaften teilgenommen hat. Ford trieb die in der Bundesliga aktiven Akteure, die etwa die Hälfte des aktuellen Kaders ausmachen, in der Vorbereitung bis an ihre Grenzen und darüber hinaus.
Deshalb ist man im deutschen Rugby seit Jahren bemüht, professionellere Trainings- und Ausbildungs-Bedingungen zu schaffen. Mit der Aufnahme des Siebener-Rugbys ins olympische Programm haben sich weitere Türen geöffnet. Mittlerweile sind zehn Rugby-Spieler bei der Bundeswehr als Sportsoldat angestellt und können unter professionellen Bedingungen trainieren.
Fortbildung im Ausland
Im Jugendbereich unternehmen Verband und Vereine Anstrengungen, dem Nachwuchs mehr Spiele gegen hochwertige Gegner zu ermöglichen, so dass auch in Deutschland ausgebildete Spieler international konkurrenzfähig sind. Zu sehr sind die ambitionierten Vereine momentan über die Republik verstreut, so dass beispielsweise Jugend-Vorreiter SC Frankfurt 1880 mit seinen U-Mannschaften mehrfach im Jahr in England, Frankreich oder gar Südafrika bei Turnieren antritt.
Nach der gescheiterten WM-Quali ist es nun noch ein etwas längerer Weg für nachhaltigen Erfolg im deutschen Rugby.
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