Kommentar zum Champions-League-Aus: Bayern fehlt Seele

    Kommentar

    Königsklassen-Aus:FC Bayern fehlt Seele

    von Nils Kaben
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    Zwei von drei Saisonzielen verpasst: Der FC Bayern scheidet nach dem DFB-Pokal auch in der Champions League aus. Da wird eine mögliche elfte Deutsche Meisterschaft kein Trost sein.

    Kommentar von Nils Kaben zum FC Bayern München
    ZDF-Sportredakteur Nils Kaben zum Aus des FC Bayern in der Champions League.
    Quelle: ZDF/Imago

    Fangen wir mal wohlwollend an. Fehlenden Charakter kann man der Mannschaft im Viertelfinal-Rückspiel gegen Manchester City nicht vorhalten. Der Geist war willig, doch das Fleisch zu schwach, weil nicht in Form.

    Ausscheiden absehbar

    Dieses Ausscheiden war absehbar - nach dem Hinspiel und dem Bundesliga-Auftritt gegen Hoffenheim (1:1) erst recht. Solange nur Kingsley Coman in erstklassiger Verfassung auf dem Platz unterwegs ist, konnte das nichts werden.
    Warum der Rest des teuren Ensembles momentan so seine liebe Not hat, bleibt rätselhaft. Fehlender Biss, kein unbedingter Wille, zu wenig Mumm - das waren so Gedanken von Thomas Müller vor diesem Rückspiel. Doch wie es dazu kommen konnte, vermochte auch der eloquenteste Bayern-Spieler nicht zu erklären.

    Ohne Torjäger keine Tore

    Für fast jedermann offensichtlich ist, dass den Bayern ein zentraler Stürmer fehlt. Die Frage ist, warum Sportdirektor Hasan Salihamidzic glaubte, nach Robert Lewandowskis unschönem Abschied auf halbwegs adäquaten Ersatz verzichten zu können.
    Dayot Upamecano (München) gegen Erling Haaland (Manchester).
    Der FC Bayern vergibt gegen Manchester City mehrere gute Möglichkeiten und gerät dann selbst ins Hintertreffen. Am Ende erzielt Kimmich per Strafstoß zumindest den Ehrentreffer.19.04.2023 | 2:59 min
    Man soll den Spielern in formschwachen Zeiten ja nicht ihr Gehalt unter die Nase reiben. Menschen sind schließlich keine Leistungsmaschinen. Blöd ist nur, wenn sich alle gleichzeitig eine - sicher unfreiwillige - Auszeit gönnen.

    Modenschauen statt Zusammenhalt bei Bayern

    Und sind von Beratern raufverhandelte Gehälter bis an die 20-Millionen-Grenze nicht Ausdruck einer versprochenen, ausdauernden Spitzenperformance? Also bei Erling Haaland zumindest haut die Sache hin.
    Und dann braucht so ein Verein Seele, um sich aus dem Schlamassel wieder rauszukämpfen. Die sucht man in den letzten Wochen vergeblich an der Säbener Straße. Seele heißt in diesem Fall Zusammenhalt, Teamgeist, Verschworenheit aller, die mit der Mannschaft zu tun haben. Stattdessen Modenschauen, missratene Skiausflüge, Trainerrausschmisse. So wird das nichts.

    Mangelnde Führungsqualität von Kahn und Salihamidzic

    Es mag zu billig klingen und auch ein bisschen vergangenheitsverklärend. Aber erlaubt sein dürfte der Gedanke: Hätte ein Uli Hoeneß früher - vor seinem autoritätsschluckenden Steuerprozess – die Mannschaft nicht anders aufzuwecken vermocht? Müßig.
    Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic lassen im Moment Führungsqualitäten vermissen. Ihnen traut man nicht zu, ein Schiff auch im Sturm auf Kurs halten zu können. Sie wissen schon, wohin sie gerne segeln wollen - bei Sonne und günstigen Winden klappt das auch, aber wehe, wenn die See rauher wird.
    Fußball: Thomas Tuchel, Trainer des FC Bayern.
    Thomas Tuchel als Nachfolger von Julian Nagelsmann als Trainer beim FC Bayern - geht das gut? Sportjournalist Manu Thiele analysiert den Trainerwechsel bei den Münchnern.30.03.2023 | 14:49 min

    Neustart mit Tuchel im Sommer

    Der hastige Trainerwechsel und die dazugehörige desaströse Kommunikation mögen als Beispiel dafür reichen. Charakterstärke ist ein großes Wort - und es gehört viel dazu. Aber sie ist die Voraussetzung, eine exklusive Gruppe zu besonderen Leistungen zu befähigen. Eigene Fehler ohne Umschweife einzugestehen gehört zum Beispiel auch dazu.
    Die Arbeit von Thomas Tuchel wird gerechterweise erst in der kommenden Saison bewertet werden. Alles andere wäre unfair. Er wird den ein oder anderen Wunschspieler bekommen, darunter sicher auch einer für den Sturm. Dann werden wir genau hingucken, was er daraus macht.

    Mögliche elfte Deutsche Meisterschaft als untauglicher Trost

    Festzuhalten bleibt: Sie haben es sich zig Millionen kosten lassen, ihn zu holen, weil sie ihre Saisonziele in Gefahr wähnten. Zwei von dreien sind es inzwischen nicht mehr, die sind inzwischen sauber verpasst.
    Vermutlich wird es mit der nächsten Deutschen Meisterschaft trotz aller Schwierigkeiten klappen. Ein Grund zu feiern ist das bei Bayern München in diesem Jahr weiß Gott nicht.
    Die wichtigsten Spiele gibt es immer mittwochs ab 23 Uhr bei sportstudio.de und bei ZDFheute im Video.

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