Sei es durch eine Tumorerkrankung, eine Fehlbildung oder einen Unfall – der Verlust eines Auges ist tragisch und ein folgenschweres Ereignis. Neben der drastischen Beeinträchtigung des Sehfeldes ist es vor allem das Befremden, das den Betroffenen vom sozialen Umfeld entgegengebracht wird.
Eine Augenprothese aus Glas oder Kunststoff hilft den Sehbehinderten zumindest kosmetisch. Zwar bringt sie ihnen nicht das Augenlicht zurück, jedoch wieder ein Stück mehr Lebensqualität. Denn die täuschend echt wirkende Prothese hilft Betroffenen, selbstbewusster aufzutreten. Sie hilft ihnen das ursprüngliche Aussehen wiederherzustellen und gibt ihnen die Sicherheit, ihren Mitmenschen wieder offen ins Gesicht blicken zu können.
Material
Augenprothesen gibt es aus Glas und Kunststoff, wobei die überwiegende Mehrheit der Versorgung aus Glasprothesen besteht. Äußerlich lassen sich die Prothesen kaum unterscheiden. Je nachdem wieviel Muskelgewebe bei der Operation erhalten bleibt, ist bei beiden Produkten eine eingeschränkte oder vergleichbar gute Beweglichkeit des künstlichen Auges möglich. Im Laufe der Jahre hat sich gezeigt, dass sich bei den Trägern einer Glasprothese die Tränenflüssigkeit besser als auf einer Kunststoffprothese verteilt.
Bei Glasprothesen soll es weniger Probleme mit trockenen Augen und allergischen Reaktionen geben. An Wintertagen wird hingegen eine Glasprothese von manchen Patienten als zu kalt empfunden. Da eine Glasprothese innen hohl ist, ist sie im Vergleich zur massiven Kunststoffprothese leichter. Der Vorteil einer Kunststoffprothese besteht darin, dass sie robuster ist. Im Gegensatz zum Glasauge übersteht sie eher einen Fall ins Waschbecken oder auf den Boden.
Regelversorgung
Die Kosten für die Herstellung einer Augenprothese aus Kunststoff liegen im Vergleich zur Glasprothese höher. In der Regel erstattet die gesetzliche Krankenkasse nur die Versorgung mit einer Glasprothese. Zur Anfertigung einer Kunststoffprothese ist ein Genehmigungsverfahren erforderlich.
Wo werden Augenprothesen hergestellt?
Eine Augenprothese wird von einem sogenannten Ocularisten (von lat. oculus, das Auge) erschaffen. Ocularisten können zwar kein funktionierendes Auge wiederherstellen, jedoch aber eines, welches von einem gesunden Auge kaum zu unterscheiden ist. Augenprothesen werden immer noch in filigraner Handarbeit gefertigt.
Alle Versuche, Kunstaugen mit einem 3-D-Drucker zu produzieren, sind bislang gescheitert. Die Technik gibt es noch nicht her, so glatte Oberflächen zu drucken, dass es möglich wäre, daraus eine Prothese herzustellen.
Kompliziertes Herstellungsverfahren
Die Arbeit des Ocularisten beginnt mit der Herstellung eines Rohlings. Neben der Schaffung der Form besteht die hohe Kunst darin, die komplizierte Struktur der Iris möglichst lebensecht und authentisch nachzuahmen. Es gibt Rohlinge für braune, blaue, grüne und graue Augen in allen Größen, Helligkeitsstufen, Farbverläufen und Schattierungen. Bei der individuellen Anpassung wird ein Rohling ausgewählt, der dem sehenden Auge möglichst ähnlich ist. Im Idealfall passt die Prothese exakt zu seinem sehenden Pendant.
Zudem muss das Kunstauge perfekt in der Augenhöhle sitzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jedes Auge beziehungsweise jede nach der Operation verbliebene Augenhöhle anders ist. Nur wenn sich die Augenprothese von der umschließenden Muskulatur mit bewegen lässt, wird der angestrebte natürliche Blick erzielt. Mit dem Flammenstrahl des Bunsenbrenners schneidet der Ocularist adäquat der Form der Augenhöhle schließlich die individuelle Kontur der Prothese aus der Kugel heraus, so dass am Ende eine Halbschale entsteht. Sobald dieses Kunstauge abgekühlt ist, kann es gereinigt und eingesetzt werden
Hygiene ist wichtig
Die Augenprothese dient nicht nur der Kosmetik, sondern schützt die Augenhöhle auch vor Fremdeinwirkungen und Infektionen. Es wird empfohlen, die Prothese mindestens einmal in der Woche mit klarem lauwarmem Wasser zu säubern. Die Augenprothese sollte nur mit sauberen gewaschenen Händen eingesetzt werden. Es wird davon abgeraten, heißes oder zu kaltes Wasser zum Spülen zu verwenden, da extreme Temperaturschwankungen das Material in seiner Haltbarkeit beeinträchtigen können. Kunstaugen sollen grundsätzlich nicht im Wasser für längere Zeit aufbewahrt werden.
Versorgungsintervall
Die Augenprothese sollte jährlich ausgetauscht und neu angepasst werden. Zum einen greift das Salz der Tränenflüssigkeit im Laufe der Zeit das Glas an, zum anderen kann sich die Form der Augenhöhle verändern. Falls Patienten starken Umweltverschmutzungen ausgesetzt sind, sollte das Kunstauge häufiger erneuert werden. Auch bei Kindern ist das Versorgungsintervall wachstumsbedingt kürzer.
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Blinde und Corona
Für Blinde ist Social Distancing eine besondere Herausforderung, denn ihre Lebensweise ist sehr haptisch orientiert.