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Die Milch macht’s – wirklich?

Milchprodukte

Ob Frischmilch, H-Milch, ESL-Milch oder Rohmilch: Im Durchschnitt verbraucht jeder Deutsche 85 Kilo Frischmilcherzeugnisse pro Jahr – damit liegen wir an der Weltspitze. Gesund oder ungesund? Ernährungsexpertin Brigitte Bäuerlein klärt auf.

Datum:
18.07.2017
Verfügbarkeit:
Video leider nicht mehr verfügbar

Sie kommt ins Müsli, den Kaffee oder den Tee, wird zum Backen und Kochen sowie zur Herstellung von Joghurt, Quark und Käse verwendet – und soll darüber hinaus noch Knochen und Zähne stärken: die Milch. Doch was unterscheidet eigentlich die vielen Milchsorten, die im Handel erhältlich sind? Welche Alternativen zur Kuhmilch gibt es? Und warum vertragen viele Menschen Milch nicht?

Rohmilch, H-Milch, ESL?

Rohmilch (im Handel als Vorzugsmilch) ist Milch, die direkt nach dem Melken gefiltert und gekühlt wird, ohne zuvor erhitzt worden zu sein. Der Filter darf die Bakterienflora der Milch nicht beeinflussen. Die Kühltemperatur hängt von der weiteren Verwendungsbestimmung der Rohmilch ab. Allerdings hat Rohmilch zwei Nachteile: Zum einen liegt ihr Fettgehalt bei bis zu fünf Prozent, zum anderen sollte sie aufgrund der Bakterienbelastung vor dem Genuss erhitzt werden. Pasteurisierte und somit haltbar gemachte Milch findet sich im Regal unter dem Begriff Frischmilch. Sie ist der Rohmilch von den Inhaltsstoffen (wie Vitaminen, Mineralstoffen, Fetten, Eiweiß) am nächsten. Pasteurisieren bedeutet, dass die Milch für bis zu 30 Sekunden auf 75 Grad erhitzt wird.

ESL-Milch steht für „extended shelf life“, englisch für „längere Haltbarkeit im Regal“. Diese wird bei 125 Grad erhitzt und ist ungeöffnet bis zu drei Wochen haltbar. Sie wird etwas stärker erhitzt als die pasteurisierte Frischmilch, jedoch nicht so hoch wie die H-Milch. Das Angebot von ESL-Milch ist sehr groß und verdrängt die Frischmilch mehr und mehr aus den Kühlregalen. Vorteile von ESL-Milch: Sie ist länger haltbar und schmeckt wie Frischmilch. H-Milch steht für „haltbar“ gemachte, ultrahoch-erhitzte Milch. Dazu wird die Milch für wenige Sekunden auf bis zu 150 Grad erhitzt. Dadurch kann sie auch ungekühlt bis zu acht Wochen aufbewahrt werden. Dabei werden allerdings auch Eiweiße verändert. Dies führt zu geschmacklichen Einbußen (süßlicher Kochgeschmack). Zudem führt das starke Erhitzen zu Vitaminverlust (vor allem B-Vitamine und Vitamin C bis zu einem Drittel).

Keine Erkrankung oder Allergie

In Deutschland vertragen die meisten Menschen Kuhmilch ohne Probleme, nur etwa zehn Prozent haben eine Laktoseintoleranz. In Südeuropa und Asien kommt diese Unverträglichkeit weit öfter vor. Weltweit kann nur ein Drittel der Menschen ohne Probleme Milch verdauen. Ernährungswissenschaftlerin Dr. Brigitte Bäuerlein erklärt: „Menschen mit Laktoseintoleranz mangelt es an einem Enzym, um den Milchzucker im Darm zu spalten. Die Menge an Laktose, auf die reagiert wird, ist von Mensch zu Mensch verschieden und muss bei einer Laktoseintoleranz individuell bestimmt werden. Im Laufe des Lebens nimmt die Enzymaktivität von Laktase ab – das heißt: je älter man wird, desto weniger Milch verträgt man.“

Wer auf Laktose mit Bauchschmerzen reagiert, sollte nicht nur Kuhmilch, sondern auch Milch von anderen Säugetieren meiden – dazu gehören Büffelmilch, Ziegenmilch, Stutenmilch und Kamelmilch. Geeignet dagegen sind „milchähnliche Produkte“ aus Pflanzen wie Soja-, Reis-, Mandel- oder Haferdrinks. Auch laktosefreie Kuhmilch (gibt es mittlerweile in vielen Supermärkten) ist eine Alternative. Diese enthält durch künstlichen Zusatz von Enzymen keinen Milchzucker mehr.

Alternativen zur Kuhmilch

Kalziumlieferant oder Kalorienbombe?

Selbst wer nicht an einer Laktoseintoleranz leidet, tut seinem Körper Gutes, indem er hin und wieder zu Milchersatz greift. Denn im Vergleich zur oft fetten Kuhmilch sind diese nämlich nicht nur cholesterinfrei und reich an Proteinen. Brigitte Bäuerlein erklärt: „Wir Deutschen nehmen mittlerweile bis zur Hälfte des täglichen Kalorienbedarfs über Milch und Milchprodukte auf: Quark, Käse, Milchkaffee oder ein Pudding zum Nachtisch können ordentliche Kalorienbomben werden, sie sind oft sehr fett- und zuckerhaltig. Eine Tasse heiße Schokolade mit Sahnehaube enthält circa 400 Kalorien – fast so viel wie eine Tafel Schokolade.“

Kein Lebensmittel enthält so viel Kalzium wie Kuhmilch. Kalzium ist wichtig für den Aufbau und Erhalt von Knochen sowie Zähnen. Auch ist Kuhmilch um ein Vielfaches reicher an den Vitaminen A, B, D und E als Soja-Getränke und enthält große Mengen der überlebenswichtigen Mineralstoffe Jod, Magnesium und Zink. Die in der Milch enthaltenen Proteine haben eine sehr gute Bioverfügbarkeit, sind gut für den Aufbau von Haut, Haaren, Muskeln, Immunkörpern und Hormonen. Allerdings muss es für die Kalziumaufnahme nicht immer Milch sein, verrät Brigitte Bäuerlein. „Kalzium gibt es auch viel in grünem Gemüse, frischen Kräutern, Nüssen, Mandeln, Hirse, Mineralwasser“, so die Ernährungsexpertin.

Alles andere als kostendeckend

Milch wird immer billiger, da große Discounter immer härter verhandeln und so die Preise für den Gesamtmarkt vorgeben. Dieser Preisdruck bei Milchprodukten hat zudem direkte Auswirkungen auf die Erzeuger. Zahlreiche, vor allem kleine Betriebe mussten in den vergangenen Jahren aufgeben. Die Billigmilch geht auf Kosten der Tiere – und vieler Bauern. Seit vielen Jahren kämpfen diese für einen besseren Milchpreis – ohne große Erfolge. Weil die Verbraucher, trotz aller Liebe zur Bio-Milch, auch 2016 im Schnitt nicht mehr als 63 Cent für einen Liter Frischmilch ausgegeben haben.

Tatsächlich sind Milchprodukte in Deutschland fast schon unheimlich billig geworden: 1960 musste ein Arbeitnehmer elf Minuten arbeiten, um einen Liter Vollmilch zu bezahlen. Heute reichen zwei Minuten. Noch extremer ist diese Entwicklung bei Butter: diese kostet heute weniger als 1950. Der deutsche Durchschnittslohn hat sich in dieser Zeit verachtfacht.

Industrie-Maschinerie läuft und läuft

Milchproduktion heute ist industriell - maximale Leistung durch Hightech und Automatisierung. Zwar stammt die Milch immer noch von echten Kühen. Aber diese sind inzwischen Hochleistungsrinder. Sie geben immer mehr Milch aus geradezu monströsen Eutern. Die Ururur-Großmutter der aktuellen Generation von Milchkühen hätte früher etwa 2500 Liter Milch im Jahr gegeben. Heute schaffen Kühe dank gezielter Züchtung und speziellem Kraftfutter mehr als das Vierfache. Die Kehrseite der Medaille: Sie halten nicht mehr so lange durch. Früher gab eine Kuh 15 bis 20 Jahre lang Milch. Die "Turbokuh" von heute ist oft schon nach vier, fünf Jahren ein Fall für den Schlachthof.

Was kann der Verbraucher tun? Experten fordern, Verbraucher müssten bewusster und aufgeklärter konsumieren. Es gibt Molkereien, die Bauern bessere Preise zahlen, um gute Qualität zu haben. Hier muss es ein Umdenken geben - ähnlich wie bei vielen anderen Lebensmitteln.

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