Die akute myeloische Leukämie (AML) ist zwar mit knapp vier Neudiagnosen auf 100.000 Einwohner relativ selten, gilt aber als die häufigste Form akuter Leukämien in Deutschland.
Dabei handelt es sich um eine bösartige Erkrankung des Blutes (Blutkrebs) beziehungsweise des blutbildenden Systems. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Oftmals erfolgt die Diagnose wie aus heiterem Himmel und trifft Betroffene völlig unvorbereitet mitten im Leben. In den meisten Fällen kann nicht geklärt werden, was die Krankheit ausgelöst hat. AML wird nicht vererbt und ist nicht ansteckend.
Was genau passiert
Bei der AML entarten Vorstufen der sogenannten myeloischen Zellen, zu denen die roten Blutkörperchen, die Blutplättchen und auch die weißen Blutkörperchen zählen. Durch die Entartung (Fachleute sprechen auch von einer ‚Verwilderung’) vermehren sich diese Zellen plötzlich unkontrolliert, ohne sich zu normalen, funktionsfähigen Blutkörperchen zu entwickeln.
Diese krankhaft veränderten Zellen werden als myeloische Blasten bezeichnet; ihre Anzahl liefert Hinweise auf den Schweregrad der Erkrankung. Über die Blutbahn gelangen diese Blasten in den gesamten Körper und schädigen die Organe.
Symptome
Die Symptome einer AML kommen meist plötzlich und können schon innerhalb kurzer Zeit so eskalieren, dass ein lebensbedrohlicher Zustand droht. Manchmal kommt es innerhalb von Tagen zur Ausbreitung der sich rasant vermehrenden Blasten im Körper, die die anderen Organe regelrecht vergiften und vor allem das Immunsystem außer Gefecht setzen. Infolgedessen kann es sehr schnell zu schweren Infektionen und Fieber kommen, was mit der schlagartigen Verminderung der weißen Blutkörperchen zusammenhängt. Oft bricht die ganze Blutbildung zusammen und es kommt durch die Reduzierung der roten Blutkörperchen zur Blutarmut und zu schweren Blutgerinnungsstörungen aufgrund eines Thrombozytenmangels.
Letzterer verursacht verschiedene Arten von Blutungen: Nasenbluten, unstillbare Blutungen infolge von Verletzungen, verlängerte Menstruationsblutungen, Blutungen im Gewebe in Form blauer Flecken sowie kleine, punktförmige Hautblutungen. Sehr häufige Anzeichen sind auch Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit, weil sich Organe wie Milz und Leber durch den Blastenbefall krankhaft verändern. Die weißen Blutkörperchen können sowohl stark vermindert sein (Leukopenie), aber manchmal durch die ungebremste Überproduktion lymphatischer Blasten auch extrem erhöht (Leukozytose). Häufig kommt es auch zu geschwollenen Lymphknoten am Hals, in den Achselhöhlen oder im Leistenbereich. Auch Knochen- und Gelenkschmerzen können auftreten, wenn die Blasten die Knochen befallen. In manchen Fällen verspüren Betroffene keine Beschwerden und die Leukämie wird erst aufgrund eines veränderten Blutbildes entdeckt (bspw. bei Routinekontrollen).
Diagnose
Um die Art der Leukämie festzustellen, sind umfangreiche Untersuchungen des Blutes und auch des Knochenmarks nötig. Bei einer Knochenmarkentnahme (Knochenmarkpunktion) wird unter lokaler Betäubung Knochenmark aus dem Hüftknochen oder Brustbein entnommen und dann im Labor untersucht. Dabei werden die biologischen Eigenschaften, Zellmerkmale und das genetische Muster der krankhaften Zellen bestimmt. Die genaue Bestimmung des Knochenmarks ist wichtig, da davon der Krankheitsverlauf und vor allem auch das Ansprechen auf die verschiedenen Therapieoptionen abhängt.
Ist die AML sicher diagnostiziert, wird untersucht, ob bereits andere Organe mit Blasten befallen sind. Dafür wird u.a. der Brustkorb geröntgt sowie Computertomografien und Ultraschall von Bauch und Herz gemacht.
Therapie
Da eine AML unbehandelt innerhalb weniger Wochen tödlich sein kann, muss die Behandlung sofort beginnen.
Als wichtigste Therapieoption gilt zunächst die Chemotherapie, die das Wachstum der Leukämiezellen gezielt unterbinden soll. Meist werden mehrere Medikamente mit verschiedenenartigen Wirkstoffen kombiniert. Das kann in Form von Infusionen, Spritzen oder Tabletten erfolgen. Damit die gesunden Zellen nicht zu stark geschädigt werden, wird die Chemotherapie in Etappen (Zyklen) mit dazwischen liegenden Pausen vorgenommen. Um den Therapieerfolg zu überprüfen, werden regelmäßig weitere Knochenmarkentnahmen und Blutuntersuchungen gemacht.
Oftmals wird eine weitere Therapie in Erwägung gezogen: die Stammzelltransplantation. Eine Stammzelltransplantation kommt dann infrage, wenn die Chemotherapie nicht ausreicht, um die Leukämie in den Griff zu bekommen. In diesen Fällen sind das biologische Profil und das genetische Muster der bösartigen Zellen so beschaffen, dass die Chemotherapie nicht durchgreifend wirken kann. Dann ist eine Stammzelltransplantation die große Hoffnung, da dieser Eingriff eine Runderneuerung des Immunsystems und der Blutbildung darstellt. Dabei werden alle bösartigen Zellen beseitigt und durch gesunde ersetzt.
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Prognose
Während eine akute Leukämie früher als unheilbar galt, gibt es heute dank der neuartigen Behandlungsoptionen gute Heilungschancen. Allerdings sind regelmäßige Nachuntersuchungen über Jahre wichtig, um Anzeichen für einen Rückfall zu erkennen und ggf. rechtzeitig mit einer neuen Therapie zu starten.