Bei Zuckerschrauben handelt es sich um Schrauben, mit denen Orthopäden und Chirurgen Knochen und Gelenke miteinander verbinden. In der Regel werden zur Fixierung von Knochen Drahtstifte oder Metallschrauben aus Titan verwendet. Stattdessen können aber auch resorbierbare Schrauben eingesetzt werden. Die Schrauben sind etwa so groß wie eine Büroklammer. Zuckerschrauben kommen vergleichsweise selten zum Einsatz, obwohl sie bereits seit mehreren Jahren auf dem Markt sind. Verwendet werden Zuckerschrauben bei Eingriffen an Knien, Händen oder Füßen. Zuckerschrauben lösen sich nach etwa fünf Jahren im Körper komplett auf. Sie ersparen dadurch dem Patienten eine zweite Operation, bei der die Schrauben wieder entfernt werden müssen. Es entfällt damit auch die zweite Narkose, ein erneuter Arbeitsausfall und/oder eine wiederholte Sportpause.
Bezeichnung „Zuckerschrauben“
Wer glaubt, dass Zuckerschrauben tatsächlich aus Zucker bestehen, muss sich eines Besseren belehren lassen. In Wirklichkeit handelt es sich hierbei um einen hochmolekularen Verfestigungsstoff (Polymerisat) aus Milchsäure. Bei dieser Milchsäureschraube werden bei der Herstellung viele Milchsäuremoleküle aneinandergereiht. Die Bezeichnung Zuckerschraube ist entlehnt daraus, dass sich das Material zersetzt, wie ein Stück Würfelzucker, welches sich beispielsweise im Kaffee nach einiger Zeit auflöst.
Stabilität
Diese resorbierbaren Schrauben weisen eine hohe Primärstabilität auf. Sie sind zunächst so hart und bruchsicher wie Metallschrauben und lösen sich erst allmählich im Laufe von fünf Jahren auf. In dieser Zeitspanne sind die Knochen längst wieder zusammengewachsen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die resorbierbaren Schrauben anfangs die gleiche Zug- und Kompressionskraft bieten wie die konventionellen Metallschrauben.
Risiken
Zu Beginn der Entwicklung resorbierbarer Materialien zur Osteosynthese – also zur Verbindung von Knochen miteinander - kam es zu Komplikationen. Das Problem bestand darin, dass sich die Materialien der ersten Generation zu schnell auflösten und dabei Hohlräume hinterlassen haben, die nicht schnell genug vom Körper aufgefüllt werden konnten. Dadurch entstanden Zysten. Heutzutage ist durch eine Modifikation in der Herstellung der Schrauben die Zystenbildungsgefahr sehr gering. Die heute verwendeten Schrauben werden mit fünf Jahren deutlich langsamer resorbiert. In der Zeit gelingt es dem Körper, wann immer ein Stück Schraube abgebaut wird, das entstandene Loch wieder durch Knochen zu ersetzen.
Grenzen der Einsatzbarkeit
Bezogen auf Hallux valgus-Operationen, ist die Einsatzbarkeit von Zuckerschrauben bei der Korrektur vom Schweregrad der Fehlstellung des Fußes abhängig. So lassen sich vor allem leichte und mittlere Fehlstellungen mit resorbierbaren Schrauben korrigieren. Bei schweren Fehlstellungen, bei dem ein starker Abspreizwinkel von über 20 Grad des Mittelfußknochens vorliegt und auch eine Instabilität des Gelenks besteht, muss das Gelenk in der Regel versteift werden. In diesen Fällen werden Metallimplantate benötigt. Bisher ist es noch nicht geglückt, Platten aus resorbierbarem Material herzustellen.
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Eignung
Die zuckerfreien Milchsäureschrauben, die im Körper in Kohlendioxid abgebaut und schließlich vom Patienten abgeatmet werden, sind sowohl für Diabetiker als auch für Betroffene mit einer Laktoseintoleranz geeignet. Das resorbierbare Material stellt zudem bei Metallallergien eine gute Alternative dar. Dass trotzdem so wenige Zuckerschrauben implantiert werden, liegt vor allem an den vergleichsweise hohen Kosten.
Kostenfaktor
Eine Zuckerschraube ist mit einem Stückpreis von 400 Euro im Vergleich zu Metalldrähten, die 5 Euro kosten und Titanschrauben für rund 50 bis 70 Euro deutlich teurer. Allerdings entfällt bei einer Operation mit Zuckerschrauben der zweite Eingriff. Die Korrektur eines Hallux valgus mit resorbierbaren Schrauben wird von der gesetzlichen Kasse bezahlt, sofern sie ambulant erfolgt. Eine stationär durchgeführte Hallux valgus-Operation mit Zuckerschrauben wird hingegen in der Regel nicht übernommen.