Was tun, wenn enge Freund*innen, Familienmitglieder oder Verwandte sich extremen, vielleicht sogar verschwörerischen Ideologien zuwenden?
Leben mit der Familie
Schlecht ging es Romys Familie nie. In einer Kleinstadt aufgewachsen, hat es der Familie an nichts gefehlt. Wenn Romy an ihre Kindheit denkt, kann sie sich nicht an populistische oder problematische Aussagen oder Ansichten ihrer Mutter erinnern. Auf Facebook sollte sich das irgendwann ändern. Hier teilt ihre Mutter rechtspopulistische Äußerungen. In den Posts geht es oft um Ausländer, Flüchtlinge und Politiker, die Lügen verbreiten würden.
Kontaktabbruch mit Mutter
Als Romy versucht, ihre Mutter mit Fakten und Argumenten zu erreichen, bricht der Kontakt ab. Romys Mutter löscht sie auf Facebook. Seitdem haben die beiden nicht mehr miteinander gesprochen. Sich nicht mehr mit den extremen Positionen ihrer Mutter auseinandersetzen zu müssen, erleichtert Romy. Dennoch fühlt es sich für sie komisch an, nicht zu wissen, wie es ihrer Mutter geht. Sie hat den Wunsch, wieder mit ihrer Mutter in Kontakt zu treten – und sucht Hilfe. Beim “Violence Prevention Network” will sie lernen, mit Menschen zu sprechen, die eine andere Weltanschauung haben als sie. Fühlt sich Romy nach dem Workshop bereit, auf ihre Mutter zuzugehen?
*Aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen mussten wir Romy anonymisieren.
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HILFREICHE INFOS UND ADRESSEN
Sie wollen sich informieren oder Bekannten und Verwandten helfen? Hier finden Sie Hilfe:
- Amadeu Antonio Stiftung, die unter +49 (0)30 240 886 10 und info@amadeu-antonio-stiftung.de erreichbar ist
- Bundesverband Mobile Beratung e.V. mit Beratungsstellen vor Ort
- Sekten- und Weltanschauungsberatungsstellen in Ihrer Nähe
Beim Violence Prevention Network haben wir den Tipp bekommen, dass man bei fremden Menschen zwar mit Fakten kontern kann, bei Gesprächen im engen Familien- oder Bekanntenkreis aber versuchen sollte, Ängste und Bedürfnisse herauszufinden, die zum Beispiel hinter populistischen Aussagen stehen könnten. Und: Immer offene Fragen stellen, um das Gespräch am Laufen zu halten.
Die Beratungsstelle der Sekten-Info NRW hat einige Hilfestellungen zum Umgang mit Menschen, die eine andere Weltanschauung haben, zusammengetragen. An den Merksätzen “So geht's” und “Richtig” unten können Sie sich in Ihrem nächsten Gespräch orientieren:
So geht's
- Sorgen ernstnehmen (nicht nur mit Sachargumenten kleinreden)
- Gemeinsam recherchieren (Faktencheck, Quellenkritik)
- Hilfe für aktuelle und konkrete eigene Probleme anbieten oder suchen (weg von der globalen Problem-Sicht, aus Ohnmacht raus)
- Toll was Du/wir bisher gemeistert haben, die Krise schaffen wir auch noch (Selbstwirksamkeitsgefühl stärken)
Richtig
- Respekt entgegenbringen/ einfordern
- Intervenieren (Rassismus/Antisemitismus, menschenfeindliche Aussagen benennen)
- Chancen geben (nicht auf sofortigen Meinungsumschwung bestehen)
- Tür aufhalten/[T]ime out (Pause, Rückzug um Eskalation und Bruch zu vermeiden)
- Ignorieren weiterer missionarischer Versuche (nicht durch Reiz/Reaktion dem Thema mehr Macht über die Beziehung zu geben).