Eine Gefährdung ist nicht auszuschließen
Rund sechs Millionen Tonnen Kunststoffabfälle werden jährlich in Deutschland produziert. Ein Großteil davon wird verbrannt, und manches landet statt im Recyclingwerk im Ausland. Welche Folgen hat das für uns und unsere Gesundheit und was muss sich ändern?
Wenn unprofessionell entsorgt wird, können giftige Kunststoffreste über das Wasser, den Boden und die Luft zu uns Menschen zurückgelangen. Die erste Etappe der Spurensuche führt "Terra Xpress" an die deutsch-polnische Grenze. Als in Polen eine Mülldeponie unter anderem mit deutschem Plastikmüll brennt, geraten auch Kinder und Erzieher eines Kindergartens in Deutschland in Atemnot. Der Rauch ist unerträglich, eine Gefährdung ist nicht auszuschließen. Eltern, Erzieher und Einwohner sind verunsichert. Was steckt dahinter?
Es fehlen einheitliche Vorschriften
In Nordrhein-Westfalen bestätigt der Betreiber einer Müllsortieranlage, dass ein nicht geringer Teil des von Verbrauchern im Gelben Sack gesammelten Plastikmülls offiziell zwar als recycelt verbucht wird. Das heißt aber noch lange nicht, dass daraus wieder Kunststoffe werden.
Immer wieder wird Plastikmüll unbemerkt von der Bevölkerung ins Ausland geschafft oder er dient Industriebetrieben als sogenannter Ersatzbrennstoff. Doch fehlen bei der Verbrennung einheitliche Vorschriften für geeignete Filteranlagen, so können gefährliche Stoffe aus dem Altplastik in die Luft gelangen. Anwohner, die neben Industrieanlagen leben, die Plastikmüll verbrennen, sind alarmiert, wie "Terra Xpress" bei Bürgerinitiativen erfährt.
Eine systematische Forschung wird nicht finanziert
Weiter führt die Spurensuche zu einer Klinik für Zahnmedizin in Gießen. Schon seit einiger Zeit werden hier Kinder mit einem beunruhigenden Krankheitsbild behandelt, den sogenannten Kreidezähnen. Hierbei sind die Zähne der Kinder porös und weich. Liegt die Ursache dafür in einem speziellen Zusatzstoff von Kunststoffprodukten? "Wir wissen viel zu wenig. Wir bräuchten viel mehr Forschung auf dem Gebiet, um die wirklichen Ursachen für die Kreidezähne festzustellen", so der leitende Zahnarzt.
Doch eine systematische Forschung zu den Ursachen der Krankheit werde nicht finanziert. In Deutschland wird beispielsweise der Zusatzstoff Bisphenol A weiter in Produkten eingesetzt, zum Beispiel in Plastikspielzeug und Lebensmittelbehältern sowie als Beschichtung bei Kassenbons. In anderen Ländern gibt es strengere Vorschriften für Plastikzusatzstoffe. So hat Frankreich Bisphenol A für Lebensmittelverpackungen bereits verboten.
Plastikfasten ist möglich
Auch der Frankfurter Biologe Professor Dr. Jörg Oehlmann fordert einen ehrlicheren Umgang mit Plastik und seinen Zusatzstoffen. Er erklärt Lena Ganschow, wie und weshalb Zusatzstoffe im Plastik Lebewesen verändern können.
Die letzte Etappe der Suche führt "Terra Xpress" in einen kleinen Ort in Oberbayern, der das Recycling-Märchen nicht länger hinnehmen will. In Riegsee lebt die elfjährige Vanessa. Sie ist entsetzt über die vielen Gelben Säcke, die jede Woche anfallen, und sorgt sich um die Umwelt. Kurzerhand ruft sie mit anderen Bürgern zu einem Plastikfasten auf. Viele machen mit und reduzieren den Verbrauch von Plastikprodukten und Verpackungen. Das Umdenken macht nicht vor den Grenzen der Gemeinde halt, sondern zieht weitere Kreise. Und es zeigt, ein bewusster Umgang mit Plastik ist möglich und fängt im Kleinen an.
- Moderation - Lena Ganschow